Es sei zu begrüßen, dass die Europäische Kommission einen Evaluierungsbericht zur Kommunalabwasserrichtlinie (EUWID 5.2020) veröffentlicht habe, teilte der Verband mit. Der Schlussfolgerung der Kommission, dass die Einfachheit und der geradlinige Ansatz der Richtlinie zu ihrem Erfolg beigetragen hätten, sei zuzustimmen.
Die Kommunalabwasserrichtlinie ist eine zentrale Säule der Abwasserdienstleistungen in Europa, stellt EurEau fest. Sie habe erfolgreich gleiche Wettbewerbsbedingungen für Umweltstandards und wirtschaftliche Investitionen geschaffen, indem sie grundlegende Anforderungen für die Behandlung von kommunalem Abwasser festlegt. Der Evaluierungsbericht der Kommission hebe die erheblichen gesellschaftlichen und ökologischen Vorteile hervor, die sich aus der Umsetzung der Richtlinie ergeben. Zudem weise er auf die enormen Investitionen hin, die die Europäische Union, die Mitgliedstaaten und der europäische Wassersektor getätigt haben, um die aquatische Umwelt und die menschliche Gesundheit besser zu schützen.
Teile der Evaluierung beruhen auf schlechten Modellierungsergebnissen mit schwachen und/oder fehlenden Daten, wendet der Verband ein. Als Beispiel nennt er den Kanalüberlauf in der Mischwasserkanalisation (CSO) sowie individuelle und andere geeignete Abwassersysteme (IAS). Es sei jedoch klar, dass Abflüsse in städtischen Gebieten und CSO mancherorts ein Problem darstellen. Die Lösung dieses Problems sei komplex. Hierfür sei ein ganzheitlicher Ansatz einschließlich städtebaulicher Überlegungen und der Überwachung von Mischwasserüberläufen erforderlich, bevor Maßnahmen ergriffen werden können.
Weiterhin betont EurEau, dass die Anwendung von IAS zur Einhaltung der Kommunalabwasserrichtlinie von Fall zu Fall beurteilt werden müsse. IAS deckten eine große Bandbreite spezifischer Situationen ab und kämen beispielweise auf Inseln, in Streusiedlungen, einzelnen Häusern, ausgedehnten Siedlungen entlang von See- oder Flussufern und in kleinen Dörfern vor. Es sei notwendig, die Ergebnisse der IAS vertieft zu analysieren - insbesondere hinsichtlich ihrer Umweltleistung und ganz allgemein hinsichtlich ihrer Effizienz und Wirksamkeit im Vergleich zu zentralisierten Systemen.
Evaluierung klammert Industrieabwasser aus
Als bedauerlich bezeichnet der Verband, dass bei der Evaluierung die Wirksamkeit der Kommunalabwasserrichtlinie bei der Einleitung von Industrieabwässern in Sammelsysteme und kommunale Kläranlagen nicht analysiert wird. Auch gebe es eine Diskrepanz der Ansätze zu Phosphor und Eutrophierung zwischen den Mitgliedstaaten. Sollte es zu einer Überarbeitung der Richtlinie kommen, sei mehr Kohärenz erforderlich, insbesondere wenn der Anwendungsbereich auf andere Schadstoffe ausgeweitet werden soll. Dies werfe gesondert die Frage nach dem Gleichgewicht zwischen den in der Kommunalabwasserrichtlinie festgelegten output-orientierten Anforderungen und denen anderer Richtlinien, insbesondere der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), auf, die auf Ergebnissen basieren und enger an die Bedürfnisse der aufnehmenden Umwelt gebunden sind.
Zur Relevanz der Richtlinie erklärt EurEau, dass der Umfang der Richtlinie im Jahr 1991 angemessen war. Mit Blick auf die Zukunft gehe sie aber weder auf die Realität des Klimawandels noch auf gesellschaftliche und umweltbezogene Belange, wie z.B. besorgniserregende Schadstoffe, ein. Auch schlage die Kommunalabwasserrichtlinie nicht eindeutig den Weg zu einer vollständigen Kreislaufwirtschaft ein, obwohl sie die Wiederverwendung von Schlamm und behandeltem Abwasser unterstütze.
Schadstoffe, die Anlass zu Besorgnis geben, finden Beachtung und wurden im Evaluierungsbericht berücksichtigt, hält EurEau weiter fest. „Wir sind der Meinung, dass diese Schadstoffe in einem kombinierten Ansatz mit der WRRL sowie einer strengen Zulassung von Chemikalien angegangen werden müssen“, unterstreicht der Verband. Ein genereller Ansatz zur Beseitigung dieser Schadstoffe nur im Rahmen der Kommunalabwasserrichtlinie könnte zu ineffizienten Maßnahmen führen.
EurEau fordert Umsetzung des Verursacherprinzips durch EPR
Darüber hinaus weist der Verband darauf hin, dass die derzeit in Kläranlagen eingesetzten Technologien nicht vollständig in der Lage sind, Mikroverunreinigungen aus dem Abwasser zu entfernen. Zwar gebe es fortschrittliche Behandlungsverfahren, die aber teuer, energieintensiv und oft stoffspezifisch seien. Es sei notwendig, die Wechselwirkungen zwischen „fortgeschrittener Behandlung“, „Energieverbrauch“ und/oder „Treibhausgasemissionen“ genauer zu bewerten, um kontraproduktive Maßnahmen im Rahmen des Green Deals der EU zu vermeiden. Die nachhaltigste und bevorzugte Lösung liege weiterhin darin, Mikroverunreinigungen einschließlich Mikrokunststoffe gar nicht erst in den Wasserkreislauf gelangen zu lassen. EurEau fordert die Europäische Kommission auf, nach Möglichkeiten zu suchen, das Verursacherprinzip durch eine erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) umzusetzen, wenn Maßnahmen zur Kontrolle an der Quelle allein nicht ausreichen, um Mikroverunreinigungen und Mikrokunststoffe, die von Produkten während ihres Lebenszyklus emittiert werden, wirksam zu reduzieren.
Auch erinnert EurEau daran, dass bei der Abwasserbehandlung große Mengen an Schlamm entstehen und dass zusätzliche Anforderungen an die Abwasserbehandlung nachhaltige Lösungen für die Schlammentsorgung nicht gefährden sollten. Im Evaluierungsbericht seien bei der Kostenbewertung weder die Erneuerung der bestehenden Anlagen noch die Schlammbehandlung berücksichtigt worden. Die seien aber notwendig, um alle Folgen der Umsetzung der aktuellen Richtlinie zu berücksichtigen. Die Aufrechterhaltung der seit Einführung der Kommunalabwasserrichtlinie erreichten Verbesserungen erfordere laufende und bisweilen höhere Aufwendungen, um den aktuellen Stand der Abwasserbehandlung beizubehalten, unterstreicht der Verband.