Der Einsatz synthetischer Polymere sei bei der Abwasserentsorgung zwingend erforderlich, weil es hierfür nach derzeitigem Stand keine technisch-wirtschaftlichen Alternativen gebe. Aufgrund der Vorgaben der neuen Klärschlammverordnung werden zahlreiche kommunale Unternehmen nach Ablauf der Übergangsfrist ihren Klärschlamm jedoch sowieso thermisch entsorgen (müssen), prognostiziert der VKU.
Wie berichtet (EUWID 18.2020), hat die Bundesregierung derzeit keine Hinweise darauf, dass die Verwendung von Polyacrylaten im Anwendungsbereich des Düngemittelrechts, z. B. zur Eindickung und Entwässerung von Klärschlamm, nicht vertretbare Auswirkungen auf terrestrische Ökosysteme hat. Aus Vorsorgegründen sollte der Eintrag von synthetischen Polymeren in die Böden jedoch auf ein notwendiges Maß reduziert werden, erklärte das Bundesumweltministerium (BMU) in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der grünen Bundestagsfraktion (Drucksache 19/18446).
Das BMEL betrachte die derzeitigen Vorsorgeregelungen der Düngemittelverordnung (DüMV), die etwa Frachtenregelungen, eine Begrenzung der Anwendungsmenge sowie bestimmte Ausnahmen bei Erreichen von Mindestabbauraten vorsehen, als angemessen. Auch halte es das BMEL auf der Grundlage des durchgeführten Fachgesprächs für vertretbar, die Ergebnisse aus dem REACH-Beschränkungsverfahren für Mikroplastik und die Ergebnisse hinsichtlich der Entwicklung von Abbauparametern im Anwendungsbereich der neuen EU-Düngeprodukteverordnung abzuwarten und dann erforderlichenfalls Regelungen in der DüMV anzupassen. In diesem Zusammenhang könnten aktuelle Entwicklungen bei den synthetischen Polymeren bzw. mögliche Alternativen einbezogen werden, so das BMU in seiner Antwort.
DWA: Beibehaltung der düngemittelrechtlichen Regelungen ist sachgerecht
Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) bewertet die vorläufige Beibehaltung der düngemittelrechtlichen Regelungen als sachgerecht. Die Vereinigung verweist auf die Studie des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung (IAP), derzufolge Polyacrylamid-Copolymere (PAMs) in der Umwelt so abgebaut werden, dass sie den Vorgaben der DüMV entsprechen (EUWID 42.2018). In der Studie sei ein Abbauverhalten von über 20 Prozent bis 50 Prozent in zwei Jahren und keine Ökotoxizität der synthetischen Polymere nachgewiesen worden. Zudem fallen synthetische Polymere, wie sie zur Klärschlammkonditionierung eingesetzt werden, nicht unter Mikroplastik, betont die Vereinigung.
Die Klärschlammentwässerung mittels synthetischer Polymere sei noch ein Thema für die Abwasserwirtschaft. Die Relevanz der Thematik nehme zwar naturgemäß mit rückläufigen Mengen polymerkonditionierter Schlämme deutlich ab. Dennoch gebe es immer noch viele kleine und mittlere Kläranlagen, die landwirtschaftlich verwerten und Polymere einsetzen, so die DWA.
BDEW: Synthetische Polymere für Klärschlammentwässerung bisher unersetzbar
Aus Sicht des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sind synthetische Polymere für die Entwässerung des Klärschlamms bisher unersetzbar. Bis heute lägen keine großtechnisch einsetzbaren und vergleichbar effizienten Ersatzstoffe in ausreichender Menge vor, erklärte der Verband gegenüber EUWID.
Vor dem Hintergrund der Fraunhofer-Studie fordert der BDEW eine kurzfristige Neubewertung der synthetischen Polymere durch den Wissenschaftlichen Beirat des BMEL für Düngungsfragen und eine Änderung der Düngemittelverordnung. Bislang könne der Beirat die vorgelegte Studie noch nicht abschließend bewerten.
Durch die eingetretene Verzögerung der Beratung im BMEL-Beirat und die noch nicht erfolgte Wiederzulassung der Polymere in der Düngemittelverordnung verschärfe sich in Deutschland der Entsorgungsnotstand von Klärschlämmen zu Lasten der Abwasserkunden, bemängelte der Verband. Das in der DüMV bestehende Aufbringungsverbot für polymerhaltige Klärschlämme habe faktisch zu einem Verbrennungsgebot geführt. Die Klärschlämme stünden ansonsten als Düngemittel zur Verfügung, betonte der BDEW.