Eingesetzt würden besonders kleine Kohlenstoffpartikel, die den von der Europäischen Kommission für Trinkwasser vorgeschlagenen Richtwert von einem Nanogramm Östradiol – dem physiologisch wirksamsten Östrogen – pro Liter erreichen können. Über das verbesserte Verfahren berichteten die Wissenschaftler in der Zeitschrift Water Research.
Die Menschen mit sauberem Wasser zu versorgen, gehört weltweit zu den größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, unterstreicht das KIT. Häufig sei das Trinkwasser mit Mikroschadstoffen belastet. Dazu gehörten auch Steroidhormone, die beispielsweise als Arzneistoffe und Verhütungsmittel eingesetzt werden. Ihr Anteil in einem Liter Wasser, in das behandelte Abwässer eingeleitet werden, betrage zwar nur einige Nanogramm, aber bereits in dieser geringen Menge könnten sie der menschlichen Gesundheit schaden und sich auf die Umwelt auswirken. Wegen der niedrigen Konzentration und der winzigen Größe der Moleküle seien die Steroidhormone nicht nur schwer nachzuweisen, sondern auch schwierig zu beseitigen – konventionelle Klärtechniken reichten dazu nicht aus, skizzierte das KIT die Problematik.
Schnelle Eliminierung
Das Verfahren, das Professorin Andrea Iris Schäfer, Leiterin des Institute for Advanced Membrane Technology (IAMT), mit ihrem Team entwickelt hat, ermögliche eine schnelle und energieeffiziente Eliminierung von Steroidhormonen aus dem Abwasser, hieß es weiter. „Zunächst wird das Wasser durch die semipermeable Membran gepresst. Diese filtert größere Verunreinigungen und Mikroorganismen heraus“, erläuterte Schäfer. „Dann fließt das Wasser durch die dahinter liegende Schicht aus Kohlenstoffpartikeln, welche die Hormonmoleküle binden.“
Am IAMT haben Forschende dieses Verfahren zusammen mit dem Filterhersteller Blücher GmbH in Erkrath weiterentwickelt und verbessert. Kolleginnen und Kollegen am Institut für Funktionelle Grenzfläche (IFG), am Institut für Angewandte Materialien (IAM) und an der Karlsruhe Nano Micro Facility (KNMF) des KIT haben die Weiterentwicklung durch Materialcharakterisierung unterstützt.
Auf Partikelgröße und Sauerstoffgehalt kommt es an
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchten die Vorgänge an der Aktivkohleschicht genauer und verwendeten modifizierte Kohlenstoffpartikel (polymer-based spherical activated carbon – PBSAC), berichtete das KIT weiter. „Auf den Durchmesser der Kohlenstoffpartikel kommt es an“, sagte Matteo Tagliavini vom IAMT, Erstautor der aktuellen Publikation. „Je kleiner der Partikeldurchmesser, desto größer die äußere Oberfläche der Aktivkohleschicht, die für die Adsorption der Hormonmoleküle verfügbar ist.“
Die Forscherinnen und Forscher verkleinerten in einer zwei Millimeter dicken Aktivkohleschicht den Partikeldurchmesser von 640 auf 80 Mikrometer und entfernten damit 96 Prozent des im Wasser enthaltenen Östradiols, so die Hochschule. Durch Erhöhen des Sauerstoffgehalts in der Aktivkohle sei es gelungen, die Adsorptionskinetik noch weiter zu verbessern und mehr als 99 Prozent des Östradiols zu entfernen. „Das Verfahren erlaubt einen hohen Wasserdurchfluss bei niedrigem Druck, arbeitet energieeffizient, filtert viele Moleküle heraus, erzeugt keine schädlichen Beiprodukte und lässt sich flexibel in Vorrichtungen verschiedener Größe einsetzen – vom heimischen Wasserhahn bis hin zu Industrieanlagen“, zählte Schäfer die Vorteile des Verfahrens auf.