Geklagt hatte laut Urteil eine Hauseigentümerin eines Flachdachbungalows aus den 1960er Jahren, dessen Entwässerung über ein Mischsystem erfolgt. Das Regen- und häusliche Abwasser wird dabei über eine unter der Kellersohle liegende Grundleitung in die Kanalisation abgeführt. Der Boden des Kellergeschosses befindet sich zwei Meter unterhalb der Rückstauebene. Das Haus verfügt nicht über eine Rückstausicherung, obwohl sowohl die bei Bau des Bungalows gültige als auch derzeit geltende Satzung der Gemeinde dies vorsehen.
Im Jahr 2014 beauftragte der zuständige Wasserwirtschaftsverband ein Tiefbauunternehmen mit der Errichtung eines Schmutzwasserkanals, schreibt das Gericht weiter zum Sachverhalt. Im Zuge der sich bis ins Jahr 2016 hinziehenden Bauarbeiten habe das Unternehmen den Mischwasserkanal vor dem Haus der Klägerin provisorisch von 50 cm auf 20 cm verengt. In der Nacht vom 30. auf den 31. Mai 2016 habe es stark geregnet.
Klägerin: Rückstausystem hätte Wasserschaden nicht verhindert
Die Klägerin behauptet nun, das Kellergeschoss ihres Hauses sei als Folge der Regenfälle überflutet worden, ist dem Urteilstext zu entnehmen. Der Wassereintritt sei auf einen Rückstau in der Abwasserleitung zurückzuführen, der durch eine pflichtwidrige Verjüngung des Mischwasserkanals entstanden sei. Zuvor sei das Kanalsystem ausreichend dimensioniert gewesen. Der beklagte Verband und das Tiefbauunternehmen könnten keinen Haftungsausschluss wegen der fehlenden Rückstausicherung geltend machen. Ein Rückstausystem hätte den Wasserschaden nach Ansicht der Klägerin nicht verhindert.
Weiter führte die Klägerin an, dass die Installation der Rückstausicherung bei der Errichtung des Hauses nicht möglich gewesen sei. Der nachträgliche Einbau eines weitergehenden Sicherungssystems sei zum einen nicht möglich und zum anderen wegen der damit verbundenen erheblichen Kosten nicht zumutbar gewesen. Jedenfalls hätten die Beklagten sie auf die Gefahr möglicher Überflutungen wegen der Arbeiten an dem Kanalsystem hinweisen müssen, bemängelte die Klägerin. Die Beklagten sind dem entgegengetreten.
Wie aus dem Urteilstext weiter hervorgeht, hatte das Landgericht Dortmund die Klage abgewiesen. Auch mit der dagegen gerichteten Berufung vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm hatte die Klägerin keinen Erfolg. Die Feststellungsklage sei zwar zulässig, aber unbegründet, befand das OLG. Deliktische Ansprüche nach § 823 Abs.1 und § 831 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) schieden schon deswegen aus, weil der Schaden vom Schutzzweck der Pflicht zur Vorhaltung einer funktionierenden und ausreichend dimensionierten Kanalisation nicht erfasst sei.
Bei Rückstauschäden infolge einer planerischen Unterdimensionierung des Kanalsystems sei nach der Rechtsprechung der Zurechnungszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden grundsätzlich zu verneinen, so das OLG. Jeder Grundstückseigentümer sei selbst verpflichtet, geeignete Vorkehrungen zu treffen, um sein Anwesen gegen Rückstauungen bis zur Rückstauebene zu sichern.
Vorinstanz: Schaden beruht auf fehlender Rückstausicherung
Im vorliegenden Fall beruht der Schaden laut Entscheidung des OLG auf einer fehlenden Rückstausicherung. Deren Einbau am Haus der Klägerin sei laut Gutachten eines Sachverständigen technisch möglich. Der Haftungsausschluss scheitere auch nicht aus Zumutbarkeitsgesichtspunkten, insbesondere bezüglich der für die nachträgliche Installation zu erwartenden Kosten. Anderenfalls hinge die Haftung des Kanalbetreibers für Rückstauschäden von Umständen ab, die seinem Einfluss entzogen seien. Darüber hinaus habe der Sachverständige ermittelt, dass der Kostenaufwand zur nachträglichen Herrichtung einer Rückstausicherung bei rund 11.000 Euro brutto liege, was keine Zumutbarkeitsgrenze überschreite.
Der dritte Zivilsenat des BGH entschied nun, dass die zulässige Revision unbegründet sei, und folgte der Argumentation des OLG. Einen Anspruch aus der verschuldensunabhängigen Wirkungshaftung aus § 2 Abs. 1 Satz 1 des Haftpflichtgesetzes (HaftpflG) habe das OLG zutreffend und von der Revision unbeanstandet verneint. Dieser erstrecke sich nicht auf Schäden, die an einem an die Kanalisation angeschlossenen Haus infolge eines Rückstaus entstehen. Die deliktischen Ansprüche gegen die Tiefbaufirma gemäß § 823 Abs. 1, § 31 BGB oder § 831 BGB und gegen den Wasserverband gemäß § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 GG scheiterten an der mangelnden Zurechenbarkeit des geltend gemachten Wasserschadens. Dies gelte unabhängig von der Frage, ob den Beklagten durch die Verjüngung der Abwasserleitung überhaupt eine objektive Pflichtverletzung vorzuwerfen ist oder die Haftung der Firma von vornherein deshalb ausscheidet, weil sie als Beamtin im haftungsrechtlichen Sinne handelte.
Jedenfalls durfte die Eigentümerin des Bungalows nicht in schutzwürdiger Weise darauf vertrauen, vor Rückstauschäden bewahrt zu bleiben, die durch die üblichen Sicherungsvorrichtungen hätten verhindert werden können, heißt es in dem BGH-Urteil. Demgegenüber durften sich die Beklagten ungeachtet einer eigenen Pflichtverletzung darauf verlassen, dass die notwendigen Rückstausicherungen eingebaut waren und funktionierten.
Pflicht zur Rückstausicherung ist nicht durch die damit verbundenen Kosten begrenzt
Zu der durch Satzung geregelten Pflicht des Eigentümers, sein Haus durch eine funktionsfähige Rückstausicherung zu schützen, führt das Gericht aus, dass diese nicht durch die damit verbundenen Kosten begrenzt sei. Es falle in die Risikosphäre des Grundstückseigentümers, welche konkrete Entwässerungssituation er vorfindet und wie sie sich auf die Auswahl der Rückstausicherung auswirkt. Demgegenüber sei der Kanalbetreiber oder der von ihm beauftragte Unternehmer mit den Grundstücksverhältnissen und den ergriffenen Maßnahmen der einzelnen Anlieger in der Regel nicht vertraut. Er wird daher in den seltensten Fällen wissen, wo - etwa im Fall von Bauarbeiten - weitere Schutzmaßnahmen erforderlich werden und wo nicht, heißt es im Urteilstext.
Den Schutzzweck der Amtspflicht nach dem jeweiligen Kostenrisiko zu begrenzen, wäre nicht nur der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit abträglich, sondern auch faktisch kaum umsetzbar, betont das Gericht. Abgesehen davon, dass es keinen eindeutigen Maßstab dafür geben kann, welche Kosten objektiv zumutbar sind, hinge die Haftung des Kanalbetreibers von Umständen ab, die seinem Einflussbereich entzogen wären. Um eine etwaige Haftung zu vermeiden, wäre er gegebenenfalls sogar gezwungen, zu ermitteln, welcher Anlieger über eine Rückstausicherung verfügt und - wenn nicht - mit welchem Aufwand sie zu installieren (gewesen) wäre. Dies liege außerhalb dessen, was ein Verwaltungsträger oder ein von ihm eingesetztes Unternehmen mit zumutbarem Aufwand zu leisten imstande sei, stellte der BGH klar.