Die Klägerin wandte sich dagegen, dass sie zu wiederkehrenden Beiträgen für die Schmutzwasserbeseitigung für das Jahr 2015 herangezogen werden sollte, so das OVG zum Sachverhalt. Sie ist Eigentümerin des 5.966 m² großen Grundstücks, das im Bebauungsplan als Gewerbegebiet mit der Möglichkeit einer zweigeschossigen Bebauung ausgewiesen ist.
Im Juni 2011 setzte die Verbandsgemeindeverwaltung Kröv-Bausendorf gegenüber der damaligen Eigentümerin des Grundstücks per Bescheid die beitragsfähige Fläche für den wiederkehrenden Beitrag Schmutzwasser - unter Berücksichtigung der Grundstücksfläche zuzüglich eines Zuschlags für die ersten zwei Vollgeschosse in Höhe von 20 Prozent - auf 7159 m² fest. Grundlage dafür war die Entgeltsatzung Abwasserbeseitigung der Verbandsgemeinde aus dem Jahr 2011.
Entgeltsatzung Abwasserbeseitigung der Verbandsgemeinde Traben-Trarbach tritt 2015 in Kraft
Im Juli 2014 bildeten die bis dahin selbständigen Verbandsgemeinden Kröv-Bausendorf und Traben-Trarbach die neue Verbandsgemeinde Traben-Trarbach. Zudem trat zum 1. Januar 2015 die Entgeltsatzung Abwasserbeseitigung (ESA) der Verbandsgemeinde Traben-Trarbach in Kraft, die als Maßstab für die Schmutzwasserbeseitigung die Grundstücksfläche mit Zuschlägen für Vollgeschosse und einen einheitlichen Zuschlag für die ersten zwei Vollgeschosse in Höhe von 30 Prozent festlegte.
Mit Bescheid vom 29. Januar 2016 zogen die Verbandsgemeindewerke Traben-Trarbach die Klägerin u. a. zu einem wiederkehrenden Beitrag Schmutzwasser in Höhe von 542,91 Euro heran. Dabei legten sie der Beitragserhebung die Grundstücksfläche von 5.966 m² multipliziert mit dem Faktor 1,30 (= 7.755 m²) und einen Beitragssatz von 0,07 Euro zugrunde.
Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies der Kreisrechtsausschuss der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich mit einem zugestellten Widerspruchsbescheid zurück. Zur Begründung ihrer dagegen erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, die maßgeblichen Bestimmungen der einschlägigen Satzungen der Beklagten seien unwirksam, da Beiträge nach dem vermittelten Vorteil und nicht nach Maßgabe der Größe eines Grundstücks bemessen werden müssten.
Verwaltungsgericht Trier hebt Schmutzwasserbeitrags-Bescheid auf
Das Verwaltungsgericht Trier hob mit seinem Urteil (Aktenzeichen: 6 K 6284/18.TR vom 18. November 2018) den Bescheid der Verbandsgemeinde auf, soweit in ihm ein wiederkehrender Beitrag Schmutzwasser in Höhe von 542,91 Euro festgesetzt worden war. Die Veranlagung der Klägerin zu einem wiederkehrenden Beitrag Schmutzwasser sei rechtswidrig, da es an dem in der ESA vorgesehenen Grundlagenbescheid fehle.
Der Feststellungsbescheid der vormaligen Verbandsgemeindeverwaltung Kröv-Bausendorf aus dem Jahr 2011 entfalte für das Beitragsjahr 2015 keine Wirkung mehr, argumentierte das Verwaltungsgericht. Denn die für den Bescheid maßgebliche Entgeltsatzung Abwasserbeseitigung der Verbandsgemeinde Kröv-Bausendorf sei mit Wirkung vom 1. Januar 2015 außer Kraft getreten. Im Übrigen entspräche der frühere Grundlagenbescheid auch nicht mehr den nunmehr geltenden Satzungsregelungen, da der Vollgeschosszuschlag für die ersten beiden Vollgeschosse jetzt 30 Prozent betrage.
Verbandsgemeinde legt Berufung ein
Gegen das Urteil legte die Verbandsgemeinde Berufung ein mit der Begründung, nach den einschlägigen Landesgesetzen sei die neugebildete Verbandsgemeinde Traben-Trarbach in die Gesamtrechtsnachfolge der bisherigen Verbandsgemeinden eingetreten. Es läge deshalb mit dem Grundlagenbescheid aus dem Jahr 2011 ein bestandskräftiger Bescheid vor, der auch über die Inkraftsetzung der neuen Entgeltsatzung hinaus Gültigkeit besitze. Die Festsetzung des wiederkehrenden Beitrags Schmutzwasser könne daher hierauf gestützt werden. Auch bei anderen Ämterfusionen, wie z.B. der Zusammenlegung von Finanzämtern, behielten Grundlagenbescheide ihre Wirkung und würden nicht durch neue Bescheide ersetzt.
OVG: Beitrag findet Rechtgrundlage in KAG und ESA
Dem hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beigepflichtet. Der in dem Bescheid festgesetzte wiederkehrende Beitrag Schmutzwasser in Höhe von 542,91 Euro finde seine Rechtsgrundlage im Kommunalabgabengesetz (KAG) in Verbindung mit der ESA. Die Anwendung eines Vollgeschossmaßstabs, der einen Zuschlag zur Grundstücksfläche (hier: 15 Prozent) für jedes Vollgeschoss vorsieht, könne als grundsätzlich vorteilsgerecht erachtet werden.
Auch eine eventuell nicht hinreichend differenzierende Maßstabsregelung sei von den Beitragspflichtigen hinzunehmen, da aus Gründen der Praktikabilität bei der Bemessung der Abgabe typisiert bzw. pauschaliert werden dürfe, sofern nicht mehr als zehn Prozent der von der Regelung betroffenen Fälle dem Regelfall widersprechen. Dies sei in dem vom einschlägigen Bebauungsplan als Gewerbegebiet ausgewiesenen räumlichen Bereich, in dem das Grundstück der Kläger gelegen ist, nicht der Fall. Auch sonst gebe es keine Bedenken, die die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Festsetzung eines wiederkehrenden Beitrags Schmutzwasser in Frage stellen würden, heißt es in dem Urteil.
Maßgeblich ist die Satzung
Der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Beitragsfestsetzung stehe auch nicht entgegen, dass ihr kein wirksamer Grundlagenbescheid zugrunde liege. Denn dabei treffe die Annahme des Verwaltungsgerichts zu, dass der Grundlagenbescheid der vormaligen Verbandsgemeinde Kröv-Bausendorf aus dem Jahr 2011 zum Zeitpunkt der angefochtenen Beitragsfestsetzung keine tragfähige Grundlage mehr bilden konnte. Maßgeblich sei in diesem Zusammenhang die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG, die festlegt, dass kommunale Abgaben, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist, nur aufgrund einer Satzung erhoben werden dürfen. Hierbei kann es sich nur um die im Zeitpunkt der Abgabenerhebung wirksame Abgabensatzung handeln, d.h. im Falle der streitgegenständlichen Beitragserhebung die Entgeltsatzung Abwasserbeseitigung der Verbandsgemeinde aus dem Jahr 2014. Auf ihrer Grundlage sei aber kein Grundlagenbescheid ergangen.
Festsetzungsbescheid nicht wegen ungültigem Grundlagenbescheid rechtswidrig
Die Unwirksamkeit des früheren Grundlagenbescheids aus dem Jahr 2011 führt dem OVG zufolge aber nicht dazu, dass der Festsetzungsbescheid rechtswidrig ist. Zwar habe sich die Verbandsgemeinde selbst dazu verpflichtet, die Erhebungsgrundlagen für die wiederkehrenden Beiträge durch Grundlagenbescheide gesondert festzusetzen. Diese ausschließlich satzungsrechtlich begründete Pflicht lasse aber die zugleich bestehende gesetzliche Anordnung unberührt, wonach - gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) in Verbindung mit § 182 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) - ein Abgabenbescheid erteilt werden könne, auch wenn ein Grundlagenbescheid noch nicht erlassen wurde.
Grundlagenbescheid erleichtert lediglich das eigentliche Beitragserhebungsverfahren
Die - grundsätzlich gebotenen - Grundlagenbescheide seien ausschließlich darauf beschränkt, die beitragspflichtige Fläche für die Erhebung eines wiederkehrenden Schmutzwasserbeitrags nach der ESA festzulegen. Ein solcher Grundlagenbescheid entfalte daher keinerlei Bindungswirkung für die Erhebung einer anderen Abgabe, führt das OVG aus. Sein Erlass erleichtere lediglich das eigentliche Beitragserhebungsverfahren, da bei zukünftigen, im allgemeinen jährlich vorzunehmenden Beitragsberechnungen auf die bereits mit dem Grundlagenbescheid festgelegte Berechnungsgrundlage - hier die beitragspflichtige Fläche - zurückgegriffen werden könne und für die jeweilige konkrete Berechnung nur noch die variablen Daten - der einschlägige Beitragssatz - festgestellt werden müsse.
Insbesondere sind für den Beitragsschuldner mit dem Unterbleiben eines satzungsrechtlich vorgesehenen Grundlagenbescheids keinerlei rechtliche Nachteile verbunden, stellt das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz fest. Vielmehr eröffne ihm das Fehlen eines Grundlagenbescheids die Möglichkeit, nachfolgende Festsetzungsbescheide in vollem Umfang anfechten zu können, ohne sich die Bindungswirkung eines vorangegangenen Grundlagenbescheids nach dem KAG und der AO entgegenhalten lassen zu müssen.