Bund muss Niederschlagswassergebühren für Stadtautobahn Saarbrücken bezahlen


Die durch ihre Autobahn GmbH vertretene Bundesrepublik Deutschland wandte sich dagegen, dass sie von der Landeshauptstadt Saarbrücken zu Niederschlagswassergebühren herangezogen werden sollte, die im Streitjahr auf einen Betrag in Höhe von rund 85.000 Euro festgesetzt worden waren, heißt es in dem Urteil zum Sachverhalt. Das veranlagte Teilstück der Bundesautobahn A 620 war früher als Ortsdurchfahrt der Landeshauptstadt Saarbrücken Teil der Bundesstraße B 406. In den 1960er Jahren erfolgte der Ausbau der B 406 auf der Teilstrecke, die die vorliegend in Rede stehende Ortsdurchfahrt umfasst. Die Ortsdurchfahrt wurde 1981 zur Bundesautobahn aufgestuft und steht seither als Stadtautobahn in der Straßenbaulast der Bundesrepublik.


Vereinbarung beinhaltet Recht zur Einleitung ohne Kostenausgleich


Die mit dem Übergang der Straßenbaulast von der Landeshauptstadt auf die Bundesrepublik im Zusammenhang stehenden Fragen wurden 1981 im Rahmen einer Vereinbarung zwischen der Bundesstraßenverwaltung der Bundesrepublik Deutschland und der Landeshauptstadt Saarbrücken geregelt. Darin heißt es, dass Kanäle, die nur der Autobahnentwässerung dienen, in die Baulast des Bundes übergehen. Bei Regenwasserkanälen der Stadt, die auch zur Entwässerung der B 406 benutzt werden, erwirbt der Bund kraft Gesetzes das Recht zur Einleitung ohne Kostenausgleich, und bei einer grundlegenden Erneuerung der Kanäle beteiligt sich der Bund an den Kosten mit dem Betrag, den er selbst für einen eigenen Kanal hätte aufwenden müssen.


Seit 1999 nimmt im Stadtgebiet der Zentrale Kommunale Entsorgungsbetrieb (ZKE) alle bis dahin der Landeshauptstadt obliegenden Aufgaben der örtlichen Abwasserbeseitigung wahr. 2001 wurde im Stadtgebiet die gesplittete Abwassergebühr eingeführt; in der Abwassergebührensatzung (AGS) ist für öffentlich gewidmete Flächen vorgesehen, dass die Gebührenschuld die Straßenbaulastträger trifft.


Demgemäß würden seither für die im Stadtgebiet verlaufenden Streckenabschnitte von Bundes- und Landstraßen und von Bundesautobahnen sowie für die innerörtlichen Straßen, Wege und Plätze Niederschlagswassergebühren erhoben. Ein Widerspruchsverfahren, in dem die Beteiligten sich darauf verständigten, die Sach- und Rechtslage anhand des Jahres 2002 zu klären, führte zu einer Reduzierung der gebührenpflichtigen Fläche auf 98.250 m² und damit für das Jahr 2002 zu einer Niederschlagswassergebühr von 85.379,25 Euro.


Gegen den entsprechenden Widerspruchsbescheid erhob die Auobahnverwaltung im Mai 2015 Klage. Entgegen der Annahme der Widerspruchsbehörde betreffe die in der Vereinbarung vom Mai 1981 verwendete Formulierung „ohne Kostenausgleich“ nicht die Kosten einer Anschlussnahme an die öffentliche Kanalisation, sondern regele die Frage einer Gebührenpflicht für die Benutzung der städtischen Kanalisation. Diese sei wirksam ausgeschlossen worden.


Vereinbarung steht Niederschlagswassergebühren nicht entgegen


Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die vertragliche Regelung der Vereinbarung vom Mai 1981 stehe der Veranlagung der Bundesrepublik zur Entrichtung von Niederschlagswassergebühren für die Entwässerung der Fahrbahn der Stadtautobahn nicht entgegen. 


Das OVG betont, dass eine Kanalbaubeitragspflicht von vornherein ausscheide. Eine dem öffentlichen Verkehr gewidmete Fläche werde zwar erst durch ihren Anschluss an die öffentliche Kanalisation verkehrssicher und damit funktionstauglich, erfahre aber dadurch keinen beitragsrelevanten wirtschaftlichen Vorteil. Ein den Gebrauchswert des Grundeigentums steigernder Vorteil wachse einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Fläche durch ihren Anschluss an die öffentliche Entwässerungsanlage nicht zu;  deshalb zählten Straßenbaulastträger nicht zum Kreis der Beitragspflichtigen, heißt es in dem Urteil.


Entwässerungskanäle des Bundes an städtische Kanäle angeschlossen


Soweit Regenwasserkanäle der Stadt aus dem Stadtgebiet kommen, die Autobahn kreuzen und zur Saar führen, sind die im Straßengrund der Autobahn befindlichen Entwässerungskanäle des Bundes nach den vorhandenen Plänen unmittelbar im Fahrbahngrund an die städtischen Kanäle angeschlossen, stellt das Gericht fest. Zusätzliche Anschlusskanäle existierten nach den Plänen nicht.


Die Vereinbarung vom Mai 1981 sei anlässlich eines Wechsels der Baulast infolge der Aufstufung eines Straßenabschnitts von einer Bundesstraße zu einer Bundesautobahn geschlossen worden, stellt das OVG fest. Während sich die Ortsdurchfahrt bis zur mit Wirkung ab dem 1.7.1981 verfügten Aufstufung insgesamt in der Baulast der Landeshauptstadt befunden habe, stehe der Streckenabschnitt seither in der alleinigen Baulast des Bundes.


Recht zur Einleitung ohne Kostenausgleich bezieht sich auf Herstellungskosten

 

Nach der Vereinbarung erwirbt der Bund im Hinblick auf die Regenwasserkanäle der Stadt, die auch zur Entwässerung der B 406 genutzt werden, das Recht zur Einleitung ohne Kostenausgleich. Dies bezieht sich dem OVG zufolge aber auf die Frage, ob sich der Bund nachträglich an den Kosten, die der Stadt in der Vergangenheit für die Herstellung der nunmehr mitbenutzten Entwässerungseinrichtung, etwa anlässlich der in den 1960er Jahren durchgeführten Straßenbaumaßnahmen, entstanden waren, zu beteiligen hatte. Diese Frage wird der Vereinbarung klar verneint.


Diese Regelungen stehen der Veranlagung der Bundesrepublik zur Entrichtung von Niederschlagswassergebühren für die Entwässerung der Fahrbahn der Stadtautobahn aber nicht entgegen, heißt es in dem Urteil. Allerdings könne die Bundesrepublik eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen, oder, sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, den Vertrag kündigen.


Über Kanalbenutzungsgebühr nach geändertem Satzungsrecht Kosten für Erneuerung der Kanäle finanziert


Das OVG führt dazu aus, dass die Bundesrepublik verlangen könne, dass die Stadt anerkennt, dass die Selbstverpflichtung hinfällig geworden ist. Denn über die Kanalbenutzungsgebühr, zu deren Entrichtung die Klägerin nach dem geänderten Satzungsrecht des Zentralen Kommunalen Entsorgungsbetriebs verpflichtet ist, werden unter anderem die Kosten, die bei einer Erneuerung der Kanäle entstehen, finanziert, wie das OVG feststellt. Auch Herstellungskosten, die durch die Einnahmen aus der Erhebung von Kanalbaubeiträgen nicht abgedeckt werden können, fließen in die Kanalbenutzungsgebühr ein.


Unter der Geltung der gesplitteten Abwassergebühr bedeute dies, dass die Bundesrepublik sich durch die laufende Entrichtung von Niederschlagswassergebühren nicht nur an den anteiligen Kosten einer grundlegenden Erneuerung der von ihr mitbenutzten Kanäle, sondern auch an den Kosten der Herstellung bzw. Erneuerung anderer städtischer Kanäle beteiligen müsste. Zudem habe sie nach der Vereinbarung hinsichtlich der von ihr mitbenutzten Kanäle die Kosten einer grundlegenden Erneuerung in dem zugesagten Umfang der Kosten für einen eigenen Kanal im Wege einer einmaligen Zahlung zu tragen.


Damit müsste sich die Bundesrepublik sich dem Urteil zufolge also letztendlich gleichheitswidrig an den Erneuerungskosten städtischer Kanäle beteiligen. Dem könne sie entgegenwirken, indem sie eine Vertragsanpassung verlangt.