Aus Industrie und Krankenhäusern gelangen vermehrt Seltene Erden ins Abwasser


Im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU) hätten Forschende der Eawag-Abteilungen Verfahrenstechnik sowie Wasserressourcen und Trinkwasser die Klärschlämme der 63 ARAs untersucht, teilte das Institut mit.


Zuerst habe das Forscherteam abgeschätzt, welche Mengen der Seltenen Erden aus natürlichen Quellen stammen, um zu beurteilen, welchen Anteil der Mensch hinzufügt. Dazu analysierten die Forschenden Bodenproben aus der Schweiz und berücksichtigen dabei sogenannte PAAS-Werte (post-Archaean Australian shales), welche die durchschnittliche Zusammensetzung der Seltenen Erden in der Erdkruste reflektieren.


Auf diese Weise erhielten die Forschenden die in der Schweiz natürlich vorkommende Zusammensetzung der Seltenen Erden – das Hintergrundmuster, führte die Eawag weiter aus. Zudem hätten sie zwei neue Methoden entwickelt, um aus den im Abwasser gemessenen Konzentrationen und dem natürlichen Muster auf den Anteil aus industriellen Quellen schließen zu können.


Im Ergebnis entsprechen die im Klärschlamm der meisten ARAs gefundenen Konzentrationen dem natürlichen Hintergrundmuster, berichtete das Institut weiter. In einigen wenigen ARAs jedoch, insbesondere in denen in Yverdon, Bioggio, Hofen und Thal, seien die Konzentrationen einzelner Seltener Erden deutlich erhöht. Das Forscherteam schließt daraus, dass Seltene Erden nicht großflächig eingesetzt werden, sondern aus hoch spezialisierten Anwendungen in der Industrie stammen.


Die höchsten Konzentrationen wurden für Cer nachgewiesen


Die höchsten Konzentrationen wurden für Cer (auch Cerium genannt) nachgewiesen, hieß es weiter. Cer-dioxid werde in der Industrie oft als Schleifmittel eingesetzt. Hochgerechnet auf die Schweiz erreichen über 4.000 Kilogramm Cer jährlich die ARAs, davon rund die Hälfte aus industriellen Anwendungen, so die Eawag. Im Klärschlamm bleibe ein sehr großer Teil davon hängen, etwa 95 Prozent. Der Rest gelange in die Umwelt. Die Forschenden gehen deswegen davon aus, dass in der nächsten Zeit auch in Seen, Flüssen oder Grundwasser erhöhte Cer-Konzentrationen gefunden werden.


Ein besonderer Fall sei Gadolinium, betonte das Institut. Bereits vor 20 Jahren seien in Europa erhöhte Konzentrationen in Gewässern nachgewiesen worden. Als Quelle habe man Krankenhausabwässer vermutet. In der aktuellen Studie der Eawag fanden die Forschenden rund 80 Prozent des insgesamt aus industriellen Quellen stammenden Gadoliniums in der ARA von Ramsen in der Nähe des Bodensees an der deutsch-schweizerischen Grenze. Die ARA behandelt Abwasser aus der Stadt Singen in Deutschland, wo sich ein Krebszentrum mit MRI-Einrichtungen befindet, erklärte die Eawag.


In der Region würden zudem Gadolinium-basierte Kontrastmittel hergestellt. Die Ergebnisse hätten daher die bisherige Vermutung bestätigt, dass das im Klärschlamm gefundene Gadolinium auf die Produktion oder den Einsatz von Kontrastmitteln zurückzuführen ist. Entsprechende Maßnahmen zur Reduktion des Eintrags von industriellem Gadolinium ins Abwasser seitens der Industrie seien bereits getroffen worden und würden zu einer markanten Reduktion der Gadolinium-Fracht führen.


Anders als bei den anderen Seltenen Erden ist die Konzentration von Lanthan in den Klärschlämmen praktisch aller untersuchten ARAs erhöht, berichtete die Eawag weiter. Eine mögliche Ursache könnten biologische Prozesse sein, die den Rückhalt von Lanthan im Klärschlamm verändern. Eine andere Erklärung wäre der Einsatz von mit Lanthan angereicherten Düngern in der Landwirtschaft. Inwieweit biologische Prozesse oder Dünger für die erhöhten Werte verantwortlich sind, müsse noch genauer untersucht werden, so das Institut.