Das Projekt zur hessenweiten Überwachung der Abwässer auf SARS-CoV-2-Viren, das durch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität Darmstadt erfolge, werde vom Land Hessen mit rund 1,5 Mio. Euro unterstützt. Für mehr Flexibilität und Geschwindigkeit bei Entnahme und Analyse der Wasserproben sorge dabei die Entwicklung und Einrichtung eines mobilen Labors.
„Mit der Erprobung eines landesweiten Monitorings in Abwässern startet Hessen als erstes Bundesland in eine neue Phase der Pandemiebekämpfung“, sagte Wissenschaftsministerin Angela Dorn. „Die TU Darmstadt hat im Zuge ihrer Forschungs- und Validierungsarbeiten bereits eine europaweit herausragende Expertise im abwasserbasierten Monitoring von SARS-CoV-2 entwickelt“ (EUWID 17.2021). Dieses neue, schnelle System schaffe einen Zeitvorteil, der sinnvoll für gezielte Virusbekämpfungs- und Präventionsmaßnahmen vor Ort zum Beispiel bei lokalen Ausbrüchen genutzt werden könne.
Über 200 Proben innerhalb von acht Monaten
„Die an der TU Darmstadt entwickelten Methoden haben sich in der Anwendung bewährt. Was noch fehlt, um die Methode für ein flächendeckendes Monitoring zu nutzen, sind vor allem Standards und Strukturen zur Verarbeitung und Nutzung sowie Parameter für die epidemiologische Bewertung der Daten durch die Gesundheitsbehörden“, sagte Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne). Nun würden über acht Monate rund 200 Proben von hessischen Kläranlagen untersucht. Über die Auswahl solle eine möglichst große Abdeckung der Einwohner Hessens sowie des Flughafens Frankfurt als internationalem Reisedrehkreuz erfolgen.
Zunächst werde so das Abwasser von mehr als 40 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner über die gesamte Landesfläche verteilt beprobt und beobachtet. Die Ergebnisse der Beprobung würden durch das Hessische Landesprüfungs- und Untersuchungsamt im Gesundheitswesen (HLPUG) epidemiologisch bewertet und mit den Gesundheitsämtern geteilt, um ein standardisiertes Bewertungsverfahren zu entwickeln.
Die Landesregierung finanziert das Modellvorhaben den Angaben zufolge mit rund 700.000 Euro aus Mitteln des Gute-Zukunft-Sicherungsgesetzes und weiteren rund 160.000 Euro aus Haushaltsmitteln des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst. Für Entwicklung und Bau eines mobilen Labors, das die Beprobung der Kläranlagen zusätzlich unterstützen soll, stellt das Hessische Wirtschaftsministerium aus Mitteln der Technologieförderung insgesamt 600.000 Euro zur Verfügung. Der Vorteil am mobilen Labor liegt vor allem daran, dass die technisch anspruchsvolle und zeitlich aufwändige Analyse der Abwasserprobe schon im Laborbus, also an Ort und Stelle der Beprobung, begonnen werden kann und damit die Ergebnisse schneller vorliegen können.
Erkenntnisse für abwasserbasiertes Frühwarnsystem auch für andere Krankheitserreger
Die Genomanalyse von Abwasserproben sei aufwändiger als der rein quantitative Nachweis von Viren-RNA, liefere aber wichtige Informationen über die Verteilung von Mutationen, sagte die Projektverantwortliche Prof. Susanne Lackner vom Fachgebiet Wasser und Umweltbiotechnologie an der TU Darmstadt. Der wichtigste Schritt für eine erfolgreiche Genomanalyse sei die Extraktion der Virus-RNA.
„Wir haben mittlerweile ein sehr robustes Protokoll entwickelt, das sehr zuverlässige Ergebnisse liefert“, sagte Lackner. Auch die Bioinformatik sei ein zentraler Baustein bei der Auswertung, die für die Datenaufbereitung eine entscheidende Rolle spielen werde. Das Vorhaben habe auch das Potenzial, wichtige Erkenntnisse für ein abwasserbasiertes Frühwarnsystem für andere Krankheitserreger zu liefern, beispielsweise andere Viren oder antibiotikaresistente Keime, um damit zukünftigen Pandemien vorzubeugen oder sie schneller in den Griff zu bekommen.