Die Klägerin ist Grundstückseigentümerin im Gebiet der beklagten Stadt, die Mitglied eines Abwasserzweckverbands ist, heißt es in dem Beschluss zum Sachverhalt. Auf der Grundlage ihrer Abwassersatzung (AbwS) zog die Stadt die Eigentümerin mit drei Bescheiden für die Jahre 2010 bis 2013 zu Niederschlagswassergebühren in Höhe von insgesamt 238,98 Euro und Schmutzwassergebühren in Höhe von insgesamt 1.216,50 Euro heran.
Nachdem die von der Eigentümerin dagegen erhobenen Widersprüche von der Stadt zurückgewiesen worden waren, erhob die Eigentümerin hinsichtlich der Schmutzwassergebühren Klage, die vom Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichts Stuttgart mit einem Urteil (Aktenzeichen 1 K 1164/18 vom 10.12.2020) abgewiesen wurde. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Festsetzung der Schmutzwassergebühren beruhe auf einer wirksamen Rechtsgrundlage. Auch die Höhe der festgesetzten Schmutzwassergebühren sei nicht zu beanstanden.
VGH weist Antrag auf
Zulassung der Berufung zurück
Der VGH hat den Antrag der Eigentümerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts abgelehnt. Das Verwaltungsgericht entschied, dass gegen die Wirksamkeit des in der AbwS geregelten Gebührensatzes für die Schmutzwassergebühr von 1,55 Euro je m³ Abwasser für den Kalkulationszeitraum 2010/2011 und von 1,48 Euro je m³ Abwasser für den Kalkulationszeitraum 2012 bis 2014 keine Bedenken bestehen, führt der VGH aus. Die Gebührenkalkulationen für die Jahre 2010/2011 und die Jahre 2012 bis 2014, die dem Gemeinderat bei der Beschlussfassung über den Gebührensatz vorgelegen hätten, seien nicht zu beanstanden.
Die von der Eigentümerin im Zulassungsverfahren dagegen erhobenen Einwendungen greifen dem OVG zufolge nicht durch. Ohne Erfolg beanstande sie die Gebührenkalkulationen, weil darin zu Unrecht Kosten des Abwasserzweckverbands eingestellt worden seien. Sie ist der Auffassung, die Kosten des von dem Abwasserzweckverband betriebenen Klärwerks hätten nicht - auch nicht mittelbar über die von der Stadt zu zahlende Verbandsumlage - in die Kalkulation eingestellt werden dürfen, da die Stadt nach dem KAG Gebühren nur für die Benutzung „ihrer“ öffentlichen Einrichtung erheben dürfe. Das Klärwerk sei aber nicht Teil der öffentlichen Einrichtung der Stadt, sondern eine öffentliche Einrichtung des Abwasserzweckverbands, brachte die Eigentümerin vor.
Die Gemeinde könne eine öffentliche Einrichtung nur betreiben, soweit sie für die betreffende Aufgabe sachlich zuständig sei. Im vorliegenden Fall habe die Gemeinde die Aufgabe der Abwasserentsorgung auf den Abwasserzweckverband übertragen. Sie sei für diese Teilaufgabe damit nicht mehr sachlich zuständig und könne insoweit auch keine öffentliche Einrichtung betreiben; für diese Teilaufgabe dürfe sie deshalb auch keine Abgaben erheben, argumentierte die klagende Eigentümerin.
Übertragung der Aufgaben auf den Abwasserzweckverband berührt
Abgabenhoheit der Stadt nicht
Diese Einwände der Eigentümerin sind dem OVG zufolge unberechtigt. Das Verwaltungsgericht sei vielmehr zu Recht davon ausgegangen, dass die Übertragung der Aufgaben des Behandelns und Einleitens des Schmutzwassers auf den Abwasserzweckverband die Abgabenhoheit der Stadt nicht berührt. Die von dem Zweckverband betriebenen Abwasseranlagen seien Teil der öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung der Stadt. Diese habe deshalb auch zu Recht den von ihr über die Verbandsumlage zu tragenden Anteil der Kosten des Klärwerks in die Kalkulation der von ihr zu erhebenden Abwassergebühren eingestellt.
Soll die Abgabenhoheit auf einen Zweckverband übertragen werden, so bedarf es hierfür nach baden-württembergischem Landesrecht einer ausdrücklichen Regelung in der Verbandssatzung, stellt der VGH fest. An einer solchen Regelung fehle es im vorliegenden Fall. Die von dem Zweckverband betriebenen Abwasseranlagen seien deshalb Teil der öffentlichen Einrichtung der Stadt im Sinne des KAG.
Mittel der Einrichtung müssen nicht im Eigentum der Gemeinde stehen
Eine öffentliche Einrichtung der Gemeinde im diesem Sinne sei dann gegeben, wenn die Gemeinde personelle und/oder sachliche Mittel im öffentlichen Interesse zur Förderung des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Wohls durch Widmung zur unmittelbaren Benutzung durch die Einwohner zur Verfügung stellt. Das Vorliegen einer öffentlichen Einrichtung setzt nicht voraus, dass die zu der Einrichtung gehörenden personellen und/oder sachlichen Mittel in die Verwaltung der Gemeinde organisatorisch eingegliedert sind.
Insbesondere müssten die sachlichen Mittel der Einrichtung nicht im Eigentum der Gemeinde stehen. Gemeinden dürften sich zur Herstellung und zum Betrieb einer öffentlichen Einrichtung vielmehr auch eines Dritten, etwa eines Zweckverbands oder eines privaten Unternehmens, bedienen. In diesem Fall müsse die Gemeinde allerdings einen maßgebenden Einfluss haben, um den Anschlussnehmern ein allgemeines Benutzungsrecht zu angemessenen Bedingungen zu sichern.
Anlage als Bestandteil der öffentlichen Einrichtungen der Verbandsgemeinde im Sinne des KAG anzusehen
Habe ein Zweckverband Aufgaben der Abwasserbeseitigung ganz oder teilweise übernommen, ohne dass ihm die Abgabenhoheit übertragen wurde, sei - nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg - in der Regel davon auszugehen, dass die von ihm betriebenen Abwasseranlagen von den Verbandsgemeinden mit seinem Einverständnis als Bestandteil ihrer öffentlichen Einrichtungen gewidmet sind. Die Abwasseranlagen des Zweckverbands seien deshalb im Außenverhältnis zu den Benutzern der Einrichtung als Bestandteil der öffentlichen Einrichtungen der Verbandsgemeinden im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 KAG anzusehen.
Etwas anderes gelte nur, wenn eine Verbandsgemeinde die Verbandsanlagen in ihrer Abwassersatzung ausdrücklich von der Widmung ihrer öffentlichen Einrichtung ausgenommen hat.
Eine solche gebe es hier aber nicht.
Kosten des Klärwerks zu Recht in
Kalkulation der Abwassergebühren eingestellt
Da die Kläranlage damit Teil der öffentlichen Einrichtung der Stadt sei, habe die Stadt zu Recht den Anteil der Kosten des Klärwerks, der von ihr über die Verbandsumlage zu tragen ist, in die Kalkulation der von ihr zu erhebenden Abwassergebühren eingestellt. Hierbei handle es sich um Kosten, die durch die Leistungserstellung der Gemeinde verursacht sind, stellt der VGH fest.
Wie es in dem Beschluss weiter heißt, durfte die Stadt entgegen der Auffassung der Eigentümerin in ihren Gebührenkalkulationen auch Abschreibungen von Anlagevermögen des Abwasserzweckverbands als Kosten ansetzen. Steht die Abgabenhoheit den Gemeinden zu, dürften sie die Verbandsumlage als Kosten ihrer öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung in der Kalkulation ihrer Abwassergebühren ansetzen. Eine abgabenerhebungsberechtigte Verbandsgemeinde darf dem VGH zufolge Abschreibungen für ihren nach dem Verteilungsschlüssel der Verbandssatzung zu bestimmenden Anteil an den Verbandsanlagen auch dann in ihrer Gebührenkalkulation ansetzen, wenn die Verbandssatzung keine Regelung dazu enthält, dass Abschreibungen auf die Verbandsgemeinden umgelegt werden.
Den Streitwert für das Zulassungsverfahren hat das OVG auf 1.216,50 Euro festgesetzt.