0177 - Monopolkommission bewertet Rekommunalisierung kritisch

0177 - Monopolkommission bewertet Rekommunalisierung kritisch

Die Monopolkommission sieht die Beteiligung von Kommunen und anderen Gebietskörperschaften an Energieversorgungsunternehmen kritisch. Rekommunalisierungen hätten keine „wohlfahrtsökonomischen“ Vorzüge und ließen sich nicht mit Effizienzargumenten rechtfertigen. Diese sehr pauschale und einseitig an den Endpreisen für Energie orientierte Sichtweise greift aus kommunaler Sicht zu kurz. Sie bildet die für die Bürgerinnen und Bürger als Kunden der Energieversorgung wichtigen Aspekte einer ortsnahen, sicheren und an ihren Bedürfnissen ausgerichteten Versorgung nicht ab. Im Übrigen wird bei einer genaueren Betrachtung der Entgeltgenehmigungen kommunaler Netzbetreiber vielfach offenbar, dass gerade verhältnismäßig kleine Netzbetreiber durchschnittlich gute Effizienzen vorweisen können.

Die vorgenannten Äußerungen der Monopolkommission stammen aus der Pressemitteilung, die die Monopolkommission anlässlich der Vorstellung ihres dritten Sondergutachtens „Strom und Gas 2011“ veröffentlicht hat.


I. Allgemeine Aussagen
Insgesamt sieht die Monopolkommission Fortschritte auf einzelnen Märkten im Strom- und Gassektor. Gleichwohl stellt sie fest, dass im Energiesektor erhebliche Wettbewerbshindernisse fortbestehen. Wettbewerbsdefizite werden vor allem auf der Erzeugungsebene im Stromsektor und aufgrund der Konzentration des Gasangebots auf vorgelagerten Import- und Großhandelsmärkten ausgemacht. Zuletzt sei aber auf den Stromerzeugungsmärkten ein Rückgang des immer noch hohen Konzentrationsniveaus zu beobachten gewesen. Eine Kurzanalyse der der Auswirkungen eines schnellen Atomausstiegs habe ergeben, dass sich dieser Rückgang ausweiten werde. Den Bereich erneuerbaren Energien macht die Kommission als Grund für eine Vielzahl von Verwerfungen auf dem Energiemarkt aus und fordert vor diesem Hintergrund ein marktnäheres System.


II. Vorschläge zu Netzkonzessionen
Im Bereich der Netzkonzessionen trifft die Kommission folgende Aussagen:
Der Umgang mit Netzkonzessionen sollte angepasst werden, indem

  • die zuständigen Kartellbehörden bei entsprechenden Anhaltspunkten prüfen, ob die pauschale Geltendmachung der nach der Konzessionsabgabenverordnung zulässigen Höchstsätze den Tatbestand des Preismissbrauchs erfüllt. Ein solcher Missbrauch kann sowohl durch die konzessionsvergebende Kommune als auch durch den Netzbetreiber, der über das Wegenutzungsrecht verfügt, erfolgen;
  • die Aufnahme von Konzessionen zum Betrieb von Energieversorgungsnetzen in den Kreis der nach §§ 97 ff. GWB ausschreibungspflichtigen Sachverhalte vom Gesetzgeber geprüft wird.

    Da die Gegenleistungen für die Konzessionsvergabe streng reglementiert und nach oben gedeckelt sind, sollte das Vergabeverfahren mit der Zielsetzung ausgestaltet werden, einen möglichst niedrigen Preis bei der Energieversorgung von Endkunden sicherzustellen. Demnach müsste der Bewerber den Zuschlag erhalten, der den höchsten Abschlag auf die regulierten Netzentgelte anbietet;
  • gesetzlich geregelt wird, dass im Falle vertikal integrierter Energieversorgungsunternehmen Konzessionsverträge ausschließlich mit dem jeweiligen Netzbetreiber und nicht mit anderen Teilen eines solchen Unternehmens abgeschlossen werden kann.


Anmerkung: Die Ausschöpfung der Höchstsätze findet im Rahmen der Ausübung des Rechts auf kommunale Selbstverwaltung statt. Insofern ist der undifferenzierte Vorwurf einer pauschalen Geltendmachung von Höchstsätzen zurückzuweisen. Im Übrigen ist auch darauf hinzuweisen, dass die angespannte Haushaltssituation in vielen Städten und Gemeinden auch unter dem Gesichtspunkt haushaltsrechtlicher Anforderungen die Ausschöpfung von Höchstsätzen nahelegen kann.


Die Forderung nach einer Integration der Konzessionsvergaben im Bereich der Energieverteilnetze in den Regelungsbereich von §§ 97 ff. GWB allein unter dem Gesichtspunktpunkt niedriger Verbraucherpreise verkennt die Besonderheit der energie- und vor allem auch kommunalpolitischen Zielsetzungen der Konzessionsvergaben im Energiebereich. Hierzu zählt neben einer Förderung des Wettbewerbs auch die Ausgestaltung der örtlichen Energieversorgung nach eigenen, von der örtlichen Gemeinschaft bestimmten Zielen.


Letztere ist durch das Recht auf kommunale Selbstverwaltung abgesichert. Aber auch aus systematischen Gesichtspunkten passt die Konzessionsvergabe im Bereich der Netze schlecht in den Regelungszusammenhang der §§ 97 GWB, da die Gemeinde nicht als Nachfrager, sondern als Anbieter eines Wegenutzungsrechts auftritt.


III. Vorschläge zur marktkonformeren Ausgestaltung der Energiepolitik
Bei der Förderung der erneuerbaren Energien schlägt die Monopolkommission einen grundlegenden Systemwechsel vor. In der geplanten Einführung einer Marktprämie für erneuerbare Energien sieht sie nur geringe Verbesserungspotenziale. Stattdessen fordert die Kommission ein einfaches marktnahes Förderungssystem durch die Einführung einer Quote für Strom aus erneuerbaren Energieträgern. 


In der Folge sollten Strom und Gas aus erneuerbaren Energieträgern separat zu konventionell erzeugtem Strom bzw. zu Erdgas gehandelt werden. Dem vorgeschlagenen Quotensystem sollen nur die neu gebauten Anlagen zur Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien unterfallen. Gleichwohl sei alternativ auch die Einführung eines speziellen Kapazitätsmarktes für erneuerbare Energien möglich.

Strom aus erneuerbaren Energien sollte im Übrigen an der Börse vermarktet und soweit die Mengen planbar sind, auf Terminmärkte ausgeweitet werden. Zu diesem Zweck wird die Implementierung eines Anreizsystems vorgeschlagen, dass eine effiziente Vermarktung sicherstellt.


IV. Fundstelle
Die Pressemitteilung der Monopolkommission mit den politischen Handlungsempfehlungen sowie das vollständige Gutachten sind im Internet unter http://www.monopolkommission.de/
abrufbar. (DStGB Aktuell 3711 vom 16.09.2011)


(GStB-Nachricht Nr. 0177 vom 20.09.2011; Az.: 810-00 GF/nm)