0225 - OLG Düsseldorf zur Konzessionsabgabe Gas im Durchleitungsfall
Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass bei Gas-Durchleitungen Dritter, die mit ihren Kunden Sonderverträge abgeschlossen haben, der Netzbetreiber nur die niedrigere Konzessionsabgabe für Sondervertragskunden verlangen kann. Aufgrund dieser Auslegung besteht die Gefahr des Rückgangs des Aufkommens der den Gemeinden zustehenden Konzessionsabgabe im Gasbereich. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig; gegen sie wurde Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof eingelegt.
I. Sachverhalt
Die Stadt Ahrensburg gründete nach der Kommunalisierung des örtlichen Gasverteilnetzes eine kommunale Eigengesellschaft, die die Gasversorgung einschließlich des Netzbetriebes im Gemeindegebiet und im Umland vornimmt. Dabei werden Haushaltskunden bis zu einem Verbrauch von 100.000 kWh im Stadtgebiet ausschließlich im Wege der Grund- und Ersatzversorgung versorgt. In dem mit der Stadt geschlossenen Konzessionsvertrag wurde geregelt, dass die von der Gesellschaft an die Stadt zu zahlende Konzessionsabgabe den Vorgaben des § 2 KAV an die Bemessung von Konzessionsabgaben und dem zulässigen Höchstbetrag entsprechen.
Außerdem ist in dem Konzessionsvertrag eine Regelung für die Bemessung der Konzessionsabgabe für Durchleitungen Dritter vorgesehen, die inhaltlich dem § 2 Abs. 6 KAV entspricht. Das Bundeskartellamt hatte die Gesellschaft auf Grund dieser Praxis abgemahnt und ihr mit Beschluss aufgegeben, bei der Bemessung der Konzessionsabgabe Gas im Durchleitungsfalle die Sondervertragskunden-Konzessionsabgabe gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 KAV zugrunde zu legen. Außerdem sollten die in der Vergangenheit zu viel gezahlten Entgelte erstattet werden. Hiergegen wandte sich die Gesellschaft in dem vorliegenden Rechtsstreit.
II. Aus den Entscheidungsgründen
Das OLG Düsseldorf kommt zu dem Ergebnis, dass für Durchleitungen Dritter, die mit ihren Kunden Sonderverträge abgeschlossen haben, nur die Konzessionsabgabe für Sondervertragskunden erhoben werden kann. Die höhere Konzessionsabgabe für Tarifkunden könne dagegen nur von solchen Kunden erhoben werden, die auf der Grundlage von Verträgen der Grund- und Ersatzversorgung beliefert werden. Dabei argumentiert das Gericht mit dem „klaren und eindeutigen Wortlaut“ des § 1 Abs. 3 KAV. Dieser knüpfe an das konkrete Lieferverhältnis und nicht an das Abnahmeverhalten des Letztverbrauchers an. Deshalb sei für eine erweiterte Auslegung kein Raum. Haushaltskunden mit Lieferverträgen außerhalb der Grundversorgung könnten daher nicht zu den Tarifkunden i.S.d. § 1 Abs. 3 KAV zählen.
Eine andere Betrachtung ergebe sich auch nicht auf der Grundlage des § 2 Abs. 6 KAV, wonach der Netzbetreiber von Dritten Konzessionsabgaben in der Höhe verlangen könne, wie sie der Netzbetreiber in vergleichbaren Fällen für Lieferungen seines Unternehmens oder verbundener Unternehmen zu zahlen hat. Nach Auffassung des Gerichts stellen Lieferungen an Sondervertragskunden keinen vergleichbaren Fall mit der Lieferung des Vertriebs der Betroffenen auf der Basis eines Grundversorgungsverhältnisses dar. In diesem Zusammenhang führt das Gericht aus, dass der Verordnungsgeber durch die Definition der Kundengruppen im Rahmen der EnWG-Novelle 2005 als Folge der Entflechtung die Einstufung der Kundengruppen einer Vereinbarung zwischen Kommune und Netzbetreiber entzogen habe. Diese konzessionsabgabenrechtliche Festlegung des Verordnungsgebers – die Anknüpfung an das konkrete, nach Maßgabe des EnWG definierte Versorgungsverhältnis – kann nach Auffassung des Gerichts nicht zur Disposition der Parteien des Konzessionsvertrages gestellt werden und muss daher auf die Regelung des § 2 Abs. 6 KAV ausstrahlen. Das Gericht erkennt dabei an, dass mit seiner Auslegung zwangsläufig die Gefahr des Rückgangs des Konzessionsabgabenaufkommens verbunden ist.
III. Bewertung
Die Entscheidung macht abermals deutlich, dass der Gesetzgeber durch eine Novellierung der Konzessionsabgabenverordnung dafür sorgen muss, dass das den Gemeinden zustehende Konzessionsabgabenaufkommen im Gasbereich nicht geschmälert wird. Das OLG Düsseldorf weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass sich der Verordnungsgeber im Zusammenhang mit der Neufassung des § 2 Abs. 7 KAV im Jahr 2005 dafür ausgesprochen hat, dass das Konzessionsabgabeaufkommen der Kommunen durch die Neuregelung des EnWG grundsätzlich nicht tangiert werden soll. Deshalb ist der Gesetzgeber unabhängig von dem Ausgang des Rechtstreits beim BGH aufgefordert, auch im Gasbereich eine Regelung einzuführen, die das Abgabenaufkommen sichert.
Daneben ist aber auch die vom OLG Düsseldorf vorgenommene Auslegung der Funktionsweise des § 2 Abs. 6 KAV abzulehnen. Zum einen wird diese Auslegung der amtlichen Begründung der Vorschrift nicht gerecht, wonach diese die Gleichbehandlung der Netznutzer im Konzessionsabgabenrecht und damit die Wettbewerbsneutralität der Konzessionsabgaben im Verhältnis zwischen den Wettbewerbern sichern soll und zudem Wettbewerbsverzerrungen durch unterschiedlich hohe Konzessionsabgabensätze bei der Belieferung gleicher Kunden vermeiden sollte.
Der Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU) sieht bis zu einer endgültigen Klärung durch den BGH in dieser Rechtsfrage keine Veranlassung, von seiner bisherigen Rechtsauffassung abzurücken, wonach ein genereller Anspruch von Drittlieferanten, auf durchgeleitete Gasmengen die niedrigere Sonderkunden-KA zu zahlen, nicht besteht.
Der Beschluss des OLG Düsseldorf vom 19.10.2011 trägt das Az.: VI-3 Kart 1/11 (V) und ist auf der Rechtsprechungsdatenbank Nordrhein-Westfalen (www.justiz.nrw.de) abrufbar.
(DStGB Aktuell 4811 vom 02.12.2011)
(GStB-Nachricht Nr. 0225 vom 02.12.2011; Az.: 810-00 GF/nm)