Der Sensitivitätenbericht im Rahmen des Netzentwicklungsplans (NEP) der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) sei ein erster Ansatz, sagte Peter Ahmels, Leiter Erneuerbare Energien bei der Umwelthilfe sowie Leiter des Forums Netzintegration, in einem Gespräch mit Dow Jones. Aber wichtige grundsätzliche Systemfragen mit Einfluss auf den Ausbaubedarf seien noch zu klären.
Das Forum Netzintegration Erneuerbare besteht seit 2008 und hat es sich zum Ziel gemacht, eine Dialogkultur zu etablieren. Als Umweltverband müsse die Deutsche Umwelthilfe dafür sorgen, dass die Menschen ins Gespräch kommen, so Ahmels zu den Beweggründen damals. 2010 erschien der erste sogenannte Plan N mit Handlungsempfehlungen für die Politik zur Netzentwicklung in Deutschland. Mit dabei sind unter anderem der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), der Deutsche Städte- und Gemeindebund, der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), einige Verteilnetzbetreiber, einige Bürgerinitiativen, Verbände der erneuerbaren Energien, der Bauernverband sowie Einzelpersonen und Unternehmen. Im November soll Plan N 2.0 mit konkreten Vorschlägen erscheinen, bei welchen Einflussfaktoren aus Sicht der Initiative nachgeprüft werden müsse.
Die ÜNB haben zwar erstmals neben den Szenarien zusätzliche Einflussgrößen auf den Netzausbau untersucht. Beim Sensitivitätenbericht, der Anfang Juli an die Bundesnetzagentur überreicht wurde, kam aber heraus, dass sich am hohen Netzausbaubedarf nichts geändert habe – auch wenn der Stromverbrauch in Deutschland sinken sollte, die Erzeugungsspitzen gekappt werden oder die Erneuerbaren-Erzeugung regional anders aufgeteilt wird. Die Initiative Netzintegration begrüße es, dass diese Fragen überhaupt aufgenommen werden, hier bestehe ja keine gesetzliche Verpflichtung, sagte Ahmels.
Dennoch seien die Ergebnisse weniger erfreulich als erwartet und erhofft. Es seien eben aber auch nicht nur die Erneuerbaren, die den Netzausbau verursachen, sondern etwa auch die Frage der Versorgungssicherheit oder des Stromhandels. Bei der Betrachtung des Netzes gehe es nicht mehr nur um räumliche Alternativen: „Wir regen an, früher anzusetzen, indem wir das System insgesamt in Frage stellen und auch Lösungen oder Antworten erwarten“, erklärte Ahmels. Die betroffenen Bürger vor Ort würden immer als erstes konkret fragen, warum eine Leitung dort entlanglaufe und warum sie überhaupt nötig sei. Das sei gesetzlich so beschlossen und nicht mehr in Frage zu stellen, sei heute keine gute Antwort mehr, warnte er. Politik wie auch die Bürger könnten sich nicht mehr aus der Verantwortung ziehen. Das sei „eine neue Ära in der Netzplanung“.
Während die Dialogkultur sich immer mehr etabliert habe, sei eine große offene Baustelle noch das Thema „Wohnumfeldschutz“. Sollte eine Leitung schließlich tatsächlich für nötig befunden werden und gebaut werden müssen, gehe es um die Frage, „wie man die ganze konkreten Betroffenheiten vor Ort so gering wie möglich halten kann“. Nicht zuzumuten sei es, ein Kabel direkt vor dem Haus verlaufen zu lassen, wenn es genau so auch möglich wäre, etwas weiter weg zu bauen. „Dafür fehlt der Rechtsrahmen im Moment noch“, so Ahmels. Im Plan N 2.0 seien Lösungen für „diesen Missstand“ skizziert.