LZE erprobt Langzeitspeicher zur Versorgung von Industriebetrieben


Im Rahmen des Leistungszentrums Elektroniksysteme (LZE) wird damit nach Angaben der Fraunhofer-Gesellschaft erforscht, wie ein solcher Energiespeicher zur sicheren und sauberen Energieversorgung von Industriebetrieben und größeren Gebäudekomplexen beitragen kann.


Das Grundkonzept besteht darin, aus überschüssiger elektrischer Energie, etwa von einer lokalen Photovoltaik-Anlage, Wasserstoff zu erzeugen und diesen in einem organischen Trägerstoff sicher und kompakt – auch über längere Zeiträume – zu speichern. Für die spätere Nutzung kann der Wasserstoff wieder aus dem Trägerstoff freigesetzt und mit einer Brennstoffzelle in elektrische Energie umgewandelt werden. Die Brennstoffzelle wurde bereits im April als erster Hauptbestandteil des Energiespeichersystems in Betrieb genommen. Mit den eingebauten Komponenten können 25 Kilowatt an elektrischer Leistung ausgespeichert werden.


Alle Anlagenkomponenten passen in einen Container


Das im Rahmen LZE-Pilotprojekts „DC-Backbone mit Strom-Gas-Kopplung“ errichtete neuartige System soll Maßstäbe für die langfristige Speicherung großer Mengen an Energie setzen – und das alles auf extrem wenig Raum. „Ziel war es, alle Anlagenkomponenten in einem 20-Fuß-Container unterzubringen“, so IISB-Wissenschaftler Johannes Geiling, der für den verfahrenstechnischen Aufbau der Forschungsanlage zum Wandeln und Speichern elektrischer Energie verantwortlich ist.


Das eingesetzte Brennstoffzellensystem beruht auf der sogenannten Niedertemperatur-PEM-Technologie (PEM: Proton Exchange Membrane). Die PEM-Bauweise ermöglicht es grundsätzlich, die Brennstoffzelle innerhalb weniger Minuten aus dem ausgeschalteten Zustand heraus in den Betriebszustand zu versetzen. Schnelle Betriebsbereitschaft ist beispielsweise für die spätere Abdeckung von Lastspitzen in Industriebetrieben wichtig.


Zur Wasserstoffspeicherung setzen die Forscher auf LOHC


Der zur Wasserstoffspeicherung verwendete flüssige Trägerstoff ist in der Fachsprache als Liquid Organic Hydrogen Carrier (LOHC) bekannt. Die Erlanger Forscher sehen in der eingesetzten LOHC-Technologie großes Potenzial. Der flüssige Trägerstoff nimmt über eine chemische Reaktion große Mengen an elektrolytisch erzeugtem Wasserstoff auf und kann dann unter üblichen Umgebungs­bedingungen für Druck und Temperatur sicher gelagert werden. Was die Anforderungen an Lagerung und Transport anbetrifft, lässt sich der Trägerstoff mit herkömmlichem Diesel vergleichen – ein großer Vorteil gegenüber anderen Wasserstoffspeichertechnologien, die meist hohe Drücke oder sehr tiefe Temperaturen benötigen.


Der Trägerstoff ist in der Industrie schon weitläufig im Einsatz – dort allerdings als Thermoöl für die Beheizung und Kühlung von Prozessen. In der Anwendung als LOHC hingegen ermöglicht er die wiederholte Einspeicherung und Freisetzung von Energie in einem geschlossenen Kreislaufprozess. Im Gegensatz zu fossilen Kraftstoffen wird das LOHC im Prozess nicht verbraucht, sondern kann immer wieder mit Wasserstoff be- und entladen werden. Im Container in Erlangen können derzeit etwa 300 Liter LOHC gelagert werden, was einer im Wasserstoff gespeicherten Energie von fast 600 Kilowattstunden entspricht. Das reicht aus, um den Strombedarf eines kleineren Industriebetriebs über mehrere Stunden zu decken. Über zusätzliche Tankbehälter lässt sich die gespeicherte Energiemenge jedoch leicht um ein Vielfaches erhöhen. Somit können beispielsweise auch größere Betriebe, Rechenzentren oder Krankenhäuser über längere Zeiträume versorgt werden.


Viele Fragen sind noch zu klären


Mit der neuen Forschungsanlage wollen die Wissenschaftler in Erlangen verschiedenen Fragen auf den Grund gehen: Wie können mit einem LOHC-basierten Energiespeichersystem schwankende Energieerzeugungsverläufe aufgenommen werden, wie sie z. B. bei den vor Ort installierten Photovoltaikanlagen vorkommen? Wie lassen sich derartige Systeme kompakt in einen einzelnen Container integrieren? Und wie lässt sich eine solche Anlage effizient in industrielle Energienetze einbinden?


Am Fraunhofer IISB ist die Anlage an das lokale Gleichstromnetz angebunden. Das Institut verfügt über langjährige Expertise auf dem Gebiet der Gleichstromtechnik. Lokale Gleichstromnetze ermöglichen durch die Vermeidung unnötiger Wandlungsverluste von Gleichstrom in Wechselstrom im Zusammenspiel lokaler Erzeuger, Speicher und Verbraucher einen effizienteren Betrieb des Gesamtsystems.