Im Zuge des Umbaus des Energiesystems verschieben sich fließend frühere Rollenbilder. Anschaulich zeigt das eine aktuelle Meldung des Wechselrichterherstellers SMA Solar Technology. Wobei „Wechselrichterhersteller“ da inzwischen zu kurz greift – und das ist dann bereits das erste Rollenbild, das nicht mehr zutrifft. SMA Solar Technology ist vor allem ein Unternehmen, das dezentrale Strukturen in der Energiewende aufgreift. Und dieses Know-how auch vermarktet. Hierzu hat SMA nun eine Tochtergesellschaft für digitale Energielösungen gegründet.
Die coneva GmbH als neue Tochter mit Sitz in München bietet Unternehmen wie Stadtwerken, Wohnungsbaugesellschaften oder Telekommunikationsunternehmen White Label-Lösungen zum Energiemanagement und der Einbindung von Endkunden in den Energiemarkt an. Ein weiteres Geschäftsfeld sind Lösungen zu Energiemonitoring, -steuerung und -management für Gewerbebetriebe und öffentliche Einrichtungen. „Diese können dadurch erheblich Energiekosten sparen“, heißt es bei SMA Solar Technology. Auf der E-World energy & water Anfang Februar in Essen soll coneva erstmals ihr Angebot präsentieren.
„Klassische Versorger müssen eigene Lösungen für neue
Energiewelt anbieten“
„Die Energieversorgung befindet sich in einem fundamentalen Umbruch und wird zunehmend dezentral und digital“, schreibt das Unternehmen, das mit Systemtechnik zur Einbindung und Nutzbarmachung von Solarstrom weltweit eine Spitzenposition einnimmt. Immer mehr Unternehmen und Endverbraucher nutzten die Kostenvorteile der erneuerbaren Energien und produzieren kostengünstig ihren eigenen Strom.
Für die Versorger bedeutet die Entwicklung, dass sie sich ebenfalls neu erfinden müssen. Traditionelle Geschäftsmodelle brechen weg. Und es kommen neue Akteure auf den Markt, die teilweise viel von Digitalisierung verstehen und dieses Wissen einsetzen, um sich einen Teil vom Kuchen im Rahmen der Energiewende zu sichern, etwa in dem sie Prosumern innovative Angebote zur effizienten Nutzung und Vermarktung ihres selbst erzeugten Stroms machen. „Die klassischen Versorger werden an diesem Markt nur teilhaben, wenn sie ihren Kunden eigene Lösungen für die neue Energiewelt anbieten können“, heißt es bei SMA Solar.
SMA-White-Label-Ansatz könnte Nerv der Branche treffen
Und genau für diesen Zweck schickt man coneva an den Start – und könnte damit durchaus einen Nerv auf Seiten der Stadtwerke treffen. Denn genau diese Empfehlung gibt eine soeben erschienene Studie „Stadtwerke 2030“, die das Beratungsunternehmen PwC im Auftrag des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) erstellt hat. Auf dem Weg vom Versorger zum Energiedienstleister mit neuen, digitalen Geschäftsmodellen sollten die deutschen Stadtwerke auf Kooperationen setzen, empfehlen die PwC-Berater.
„Die Digitalisierung der Energieversorgung bietet viele attraktive Geschäftschancen. Vor diesem Hintergrund gehört die Weiterentwicklung der SMA zu einem Energiedienstleister in den kommenden Jahren zu unseren wichtigsten strategischen Zielen“, sagt SMA Vorstandssprecher Pierre-Pascal Urbon. Die coneva-Gründung sieht man als „wichtigen Meilenstein“ auf dem Weg dorthin. Eine Mischung aus Energiemanagement, Energiedienstleistungen und Internet of Things (IoT) soll es ermöglichen, in Zusammenarbeit mit Partnern aus der Energiebranche neue Märkte und Zielgruppen zu erschließen.
Sektorkopplung als Geschäftsmodell: SMA Solar verbindet Produktion und Verbrauch von Strom
Im Zentrum des Geschäftsmodells der coneva GmbH steht den Angaben zufolge das „ganzheitliche Energiemanagement über alle Sektoren hinweg“. Damit meint SMA Solar die Verbindung von Erzeugern wie Photovoltaik- oder Windkraftanlagen mit Verbrauchern wie Beleuchtung, Heizung, Lüftung, Kälte, Kühlung, Speichern und Elektromobilität sowie die Zusammenführung von Angebot und Nachfrage über die von SMA entwickelte Plattform ennexOS. Damit schreitet SMA Solar weiter voran mit seinem Ansatz, die Sektorkopplung als Geschäftsmodell zu etablieren. Vor einem Jahr hatte das Unternehmen angekündigt, innerhalb von 12 bis 18 Monaten eine Energiemarktlösung zu präsentieren, die verschiedene Sektoren optimiert.
„Die Digitalisierung der Energieversorgung bietet völlig neue Chancen und Möglichkeiten für Branchen wie kommunale Energieversorger, Wohnungswirtschaft, Supermärkte, Hotelketten und OEMs“, sagt coneva-Geschäftsführer Jochen Schneider. Der White-Label-Lösungsansatz verbinde entsprechend die Hard- und Software mit den passenden Dienstleistungen zu umfassenden Lösungspaketen. Gerade im Bereich der Energiedienstleistungen träten zurzeit viele Start-ups in den Markt ein, die allerdings „kaum Erfahrung im Markt und mit der Technologie“ hätten. Hier sieht man bei SMA ein Plus in der eigenen Wettbewerbsposition. Es sei „ein großer Vorteil, dass man auf langjährige Expertise sowie ausgereiften Technologien und Daten von SMA aufbauen könne. Gleichzeitig könne coneva unabhängig vom Mutterkonzern „sehr eigenständig“ agieren, profitiere aber von den finanziellen Möglichkeiten der Mutter.