In diesem Jahr startet in Deutschland der Smart-Meter-Rollout. Millionen von Verbrauchern und Stromproduzenten werden dazu verpflichtet, ihre alten Stromzähler durch intelligente Messsysteme zu ersetzen. Damit betrifft der Einbau von Smart Metern auch die meisten Betreiber von Photovoltaikanlagen. Worauf es aus Sicht der PV-Anlagenbetreiber zu achten gilt, haben ComMetering und von Bredow Valentin Herz Rechtsanwälte in einem Leitfaden in zehn Punkten zusammengefasst. Anlass ist die Betreiberkonferenz 2018, die am 16./17. April in Bremen stattfindet.
1. Was bedeutet „Smart-Meter-Rollout“?
Der Strommarkt soll in den kommenden Jahren nach und nach digitalisiert werden. Grundlage hierfür bildet das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende aus dem Jahr 2016. Kernelement dieses Gesetzespakets ist das neue Messstellenbetriebsgesetz (MsbG). Das MsbG regelt die schrittweise flächendeckende Einführung von „intelligenten“ digitalen Energiezählern, den sogenannten Smart Meter Rollout. Mit dem Rollout sollen die alten, elektromechanischen Ferrariszähler sukzessive durch Smart Meter ersetzt werden. Davon sind sowohl die Anschlüsse von Verbrauchern als auch die von Erzeugern betroffen. Smart Meter sollen zukünftig die Messwerte alle 15 Minuten direkt und digital übermitteln und sie auch für den Verbraucher visualisieren.
2. Was ist ein Smart Meter?
Im energiewirtschaftlichen Kontext wird zwischen intelligenten Messsystemen und modernen Messeinrichtungen unterschieden. Moderne Messeinrichtungen sind im Prinzip digitale Stromzähler. Erst durch die Anbindung an ein Kommunikationsmodul, das sog. Smart Meter Gateway, wird daraus ein intelligentes Messsystem. Die erhobenen Messdaten und ggf. auch andere Informationen oder Steuerungsbefehle können dann über ein Kommunikationsnetz mit Dritten ausgetauscht werden.
3. Wann findet der Smart-Meter-Rollout statt?
Der Beschluss zum Rollout steht. Voraussetzung für den eigentlichen Start ist aber nach dem MsbG die Verfügbarkeit der vorgegebenen Technik. Dazu müssen drei Smart Meter Gateways voneinander unabhängiger Hersteller durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziert worden sein. Danach sind zunächst die Netzbetreiber verpflichtet, die Smart Meter bei Erzeugern und Verbrauchern in ihrem Netzgebiet einzubauen. Dies könnte nach Einschätzung von ComMetering und von Bredow Valentin Herz ab Mitte 2018 der Fall sein. Fest steht jedoch, dass PV-Anlagen bis 2024 mit Smart Metern ausgestattet werden müssen.
4. Welche PV-Anlagen sind betroffen?
Da das Ziel des Gesetzgebers ein flächendeckender Rollout ist, werden sowohl neue PV-Anlagen als auch Anlagen im Bestand betroffen sein, sofern diese eine Leistung von mehr als 7 kWp haben. Kleinere Anlagen (1 bis 7 kWp) unterliegen zwar nicht der direkten Einbaupflicht. Den Netzbetreibern steht es aber frei, auch hier den Einbau eines Smart Meters zu verlangen. Für zwischenzeitlich verbaute Messsysteme, die noch nicht den Standards des BSI genügen, besteht ein achtjähriger Bestandsschutz. Dadurch sollen sog. „stranded investments“ vermieden werden. Bei PV-Anlagen mit einer Leistung von mehr als 100 kWp wird der Rollout frühestens ab 2020 beginnen, vermutlich sogar erst ab 2022.
Für das Einspeisemanagement müssen Smart Meter nach Vorgaben des EEG 2017 bis auf weiteres nicht genutzt werden. Für die Fernsteuerung des Direktvermarkters bei Anlagen, deren Strom im System der Marktprämie veräußert wird, gilt nach dem EEG jedoch anderes: Hier muss die Fernsteuerung ab Einbau eines intelligenten Messsystems grundsätzlich über das Smart Meter Gateway laufen. Voraussetzung ist, dass die entsprechend kompatible und sichere Fernsteuerungstechnik gegen ein „angemessenes Entgelt“ am Markt vorhanden ist. Ob und wie das gelingt, ist derzeit unklar. Außerdem gilt ein fünfjähriger Bestandsschutz für bereits verbaute Fernsteuertechnik der Direktvermarkter.
5. Wer setzt den Smart-Meter-Rollout um?
Der Smart-Meter-Rollout wird von den Messstellenbetreibern umgesetzt. Diese sind für die Bereitstellung des Stromzählers, die Erhebung der Messentgelte sowie die Erfassung und Übertragung der Messwerte zuständig. Dabei wird unterschieden zwischen dem grundzuständigen Messstellenbetreiber (gMSB), der in der Regel gleichzeitig der lokale Verteilnetzbetreiber ist, und den wettbewerblichen Messstellenbetreibern (wMSB). PV-Anlagenbetreiber können selbst entscheiden, wen sie mit dem Zählereinbau beauftragen. Gesetzlich geregelt ist allerdings, dass der grundzuständige Messstellenbetreiber die sukzessive Umrüstung nahezu aller Messstellen auf neue intelligente Messsysteme innerhalb des eigenen Netzgebietes und innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu gewährleisten hat.
6. Welche Kosten entstehen?
Die genauen Kosten hängen von einer Reihe von Faktoren ab. Gesetzlich festgelegt ist lediglich eine Preisobergrenze für die jährlichen Kosten des Messstellenbetriebs. Für PV-Anlagen zwischen 7 kWp und 15 kWp liegt die Preisobergrenze bei 100 €/Jahr, zwischen 15 kWp und 30 kWp bei 130 €/Jahr und für PV-Anlagen zwischen 30 kWp und 100 kWp bei 200 €/Jahr. Bei einer Orientierung an der Preisobergrenze kommen auf den Anlagenbetreiber Mehrkosten von mindestens 60 €/Jahr zu.
Für Anlagen größer 100 kWp ist keine Preisobergrenze vorgesehen, sondern nur ein „angemessenes Entgelt“. Die Preise werden sich voraussichtlich an den aktuellen Preisen der registrierenden Lastgangmessung (RLM) orientieren. Deshalb kommen nicht unbedingt Mehrkosten auf den PV-Anlagenbetreiber hinzu.
7. Welche Vorteile bringt die neue Technik?
Smart Meter bieten dem einzelnen Betreiber vorerst keine Vorteile. Eine Ausnahme ist die Anlagenvisualisierung. Langfristig können durch die Digitalisierung aber durchaus weitere Vorteile entstehen – etwa bei der Vermarktung des überschüssigen Stroms nach Ende der EEG-Vergütung, der Gestaltung passgenauer Messkonzepte oder bei der Nutzung flexibler Stromtarife.
8. Sind im Zuge des Smart-Meter-Rollouts auch Messkonzepte für Mieterstrom, Speicher oder Wärmepumpen umsetzbar?
Smart Meter können die Realisierung alternativer und komplexerer Messkonzepte erleichtern. Für Betreiber von PV-Anlagen mit Wärmepumpe kann es beispielsweise leichter werden, eine Kaskadenmessung beim Verteilnetzbetreiber durchzusetzen und damit einen günstigen Wärmepumpenstromtarif zu beziehen, um über die Wärmepumpe den Eigenverbrauch zu optimieren. Dasselbe gilt bei der Einbindung von Stromspeichern oder bei dezentralen Konzepten mit mehreren Verbrauchern wie z.B. Mieterstrommodellen.
9. Welche Anforderungen gelten bezüglich der Datensicherheit?
Die intelligente Messtechnologie führt zu einem erhöhten Verkehr an sensiblen Daten, da sie etwa Aufschluss über das Verbrauchsverhalten von Privathaushalten geben können. Auch ist jede digitale Kommunikationsinfrastruktur zwangsläufig den Gefahren von Hackerangriffen ausgesetzt. Um ein einheitliches und sehr hohes Sicherheitsniveau zu gewährleisten, sind daher Schutzprofile und technische Richtlinien zur Gewährleistung von Datenschutz, Datensicherheit und Interoperabilität gesetzlich vorgeschrieben.
10. Gibt es Alternativen zum Rollout?
Wer heute bereits über einen digitalen Zähler verfügt, der an ein Kommunikationsnetz angeschlossen ist oder sich diesen rechtzeitig zulegt, wird vom Rollout für acht Jahre verschont und gewinnt Zeit. Wer aber analoge Zähler oder digitale Zähler ohne Anbindung an ein Kommunikationsnetz eingebaut hat, für den greift die Pflicht, einen Smart Meter einzubauen. Insgesamt ist bei Kleinkunden davon auszugehen, dass man bei einem frühzeitigen Wechsel auf moderne, aber noch nicht zertifizierte Technik unter günstigen Voraussetzungen zwischen fünf bis zehn €/Jahr spart oder unter ungünstigen Voraussetzungen mehr bezahlt.