Das erklärte der Präsident der Bundesnetzagentur (BNetzA), Jochen Homann, bei der Bestätigung der erforderlichen Netzreserve für das kommende Winterhalbjahr 2018/2019 und das Jahr 2020/2021. Wie er sagte, gebe es nach wie vor einen Bedarf an Netzreserve, um das Stromnetz in kritischen Situationen stabil zu halten. Dies mache die Bedeutung eines zügigen Netzausbaus deutlich, der Bedarf bestehe allerdings nur noch in einer Größenordnung, die allein aus inländischen Netzreservekraftwerken gedeckt werden könne.
Der Bedarf an Erzeugungskapazitäten aus Netzreservekraftwerken liegt sowohl im Winter 2018/2019 als auch im Winter 2020/2021 bei jeweils 6,6 GWh. Verglichen mit dem im vergangenen Winterhalbjahr festgestellten Bedarf in Höhe von 10,4 GW reduziert sich der Netzreservebedarf um 3,8 MW. Grund hierfür sei insbesondere das am 1. Oktober 2018 startende Engpassmanagementverfahren zwischen dem deutschen und dem österreichischen Marktgebiet.
Das Engpassmanagement bewirkt, dass die Exporte von Deutschland nach Österreich auf den technisch möglichen Umfang reduziert werden. Exportspitzen nach Österreich seien derzeit noch ein Treiber für Netzengpässe, so die BNetzA. Darüber hinaus habe sich die Durchführung von Freileitungsmonitoring durch die Netzbetreiber bedarfsreduzierend ausgewirkt.
Noch keine Trendwende bei der vorzuhaltenden Leistung
Von einer Trendwende bei der vorzuhaltenden Leistung aus Netzreservekraftwerken könne jedoch nicht gesprochen werden. So könnte sich der Netzreservebedarf je nach Entwicklung der Kraftwerksstilllegungen sowie durch die Forderungen des „Clean Energy Package“ der Europäischen Kommission nach deutlich mehr Kapazitäten für den grenzüberschreitenden Handel wieder erhöhen. Zur dauerhaften Senkung des Netzreservebedarfs sei es notwendig, dass der geplante Netzausbau erfolgreich umgesetzt wird und Redispatch auch grenzüberschreitend mit der notwendigen Sicherheit genutzt werden kann.
Die Vorhaltung der Netzreserve dient dazu, Überlastungen im Übertragungsnetz zu verhindern, die aufgrund des noch unzureichenden Netzausbaus bestehen. In Zeiten hoher Stromnachfrage und gleichzeitig hoher Erzeugung aus Windenergieanlagen muss das überlastete Netz stabilisiert werden. Dann wird Erzeugungsleistung vor dem Engpass vermindert, und gleichzeitig die Erzeugungsleistung hinter dem Engpass erhöht. Dieser „Redispatch“ genannte Ausgleichsmechanismus wird zunächst mittels am Markt agierender Kraftwerke durchgeführt. In kritischen Netzsituationen reichen diese Kraftwerke jedoch nicht zur Netzentlastung aus. Dann müssen zusätzlich Netzreservekraftwerke eingesetzt werden. Die Netzreserve besteht aus zur Stilllegung angezeigten Kraftwerken, die systemrelevant sind und deshalb nicht stillgelegt werden dürfen.
Kraftwerke aus der Netzreserve dürfen nicht parallel am Stromerzeugungsmarkt eingesetzt werden, sondern ausschließlich auf Anforderung der Netzbetreiber zum Redispatch. Die Netzreservekraftwerke sind daher nur noch in relativ wenigen Stunden eines Jahres in Betrieb. Die Übertragungsnetzbetreiber hatten der Bundesnetzagentur bereits Ende Februar ihre Systemanalyse und den daraus resultierenden Bedarf an Netzreservekraftwerken zur Bestätigung vorgelegt.
Die Untersuchung des festgestellten Bedarfs an Netzreservekraftwerken für das Jahr 2020/2021 wird spätestens im Jahr 2020 aktualisiert. So können in der Zwischenzeit neu hinzugetretene Erkenntnisse bei der Ermittlung des Netzreservebedarfs berücksichtigt werden. Der Bericht ist hier veröffentlicht.