Selbst in einem konservativen Szenario, das weder Verbesserungen bei der Sammlung und Aufbereitung von Altgeräten und Altfahrzeugen gegenüber dem Status Quo, noch die großen Mengen an ungenutzten Batterien aus Altgeräten einbezieht, könnten bei Kobalt 17 Prozent des im Jahr 2030 zu erwartenden Rohstoffbedarfs der Elektromobilität aus dem Recycling gedeckt werden. Bei Lithium wird der Anteil auf rund neun Prozent geschätzt. In beiden Fällen käme der größte Beitrag 2030 aus Altbatterien von Elektrofahrzeugen, so der Umicore-Manager.
Rohstoffe in Akkus und Altgeräten systematisch nutzbar machen
Sollte es hingegen gelingen, das gesamte Aufkommen an Geräteakkus aus Altgeräten genauso für das Recycling verfügbar zu machen wie die in den Schubladen der Haushalte gehorteten Altbestände und zudem gleichzeitig eine Steigerung der Sammelquoten für Altautos in der EU von derzeit 65 auf 85 Prozent erreicht werden, könnten noch deutlich größere Anteil des Rohstoffbedarfs der Elektromobilität aus dem Recycling von Lithiumbatterien abgedeckt werden. Für das Jahr 2030 beziffert Stuyck dieses theoretische Potenzial bei Kobalt auf über 50 Prozent.
Im Falle von Lithium könnte immerhin ein Viertel des Bedarfs der europäischen Automobilindustrie für die Elektromobilität aus dem Batterierecycling abgedeckt werden. Für beide Metalle sieht der Umicore-Vertreter das größte theoretische Potenzial in einer verbesserten Sammlung und Abtrennung der Akkus aus Altgeräten.
Aktuell seien die Mengen an Lithium-Akkus, die im Batterierecycling ankommen, europaweit noch sehr gering. Bei Smartphones gelangten lediglich sieben Prozent der in den Geräten verbauten Akkus ins Recycling. Die meisten Batterien gingen schon durch eine unzureichende Sammlung der Altgeräte, durch illegale E-Schrottexporte oder über den Restmüll verloren. Aber auch von den im E-Schrottrecycling ankommenden Geräten würden die Batterien nur in rund der Hälfte der Fälle sachgerecht für eine weitere Verarbeitung entfernt, so Stuyck.
Theoretisches Potenzial für Aufbereitung von Lithium-Batterien aus E-Geräten acht Mal so hoch wie aktuelles Recyclingniveau
Bezogen auf alle Lithium-Geräteakkus im Gesamtabfallaufkommen der EU liege der Anteil, der für das Recycling zur Verfügung stehenden Akkus mit rund zwölf Prozent nur geringfügig höher, erklärte der Umicore-Vertreter mit Verweis auf Zahlen Prosum-Datenbank. Das theoretische Potenzial für die Aufbereitung von Lithium-Batterien aus Elektrogeräten liege somit acht Mal so hoch wie das aktuelle Recyclingniveau.
Stuyck betonte zudem die Notwendigkeit hochwertiger Recyclingkreisläufe für Lithium-Batterien. Die zukünftige Nachfrage nach Kobalt und Lithium werde sich auf Hersteller von Lithium-Ionen-Komponenten konzentrieren, die auf eine hohe Reinheit der Materialien angewiesen sind. Downcycling sei daher auf lange Sicht keine Option.
Durch das Recycling der Lithium-Akkus könnten die Auswirkungen volatiler Rohstoffpreise zumindest teilweise abgemildert werden – auch wenn bisher höchstens marginale Effekte auf die Notierungen zu beobachten seien, so Stuyck. Durch einen Ausbau der Recyclingaktivitäten und die damit steigende Diversifizierung des Angebots könnten aber mittelfristig zumindest Preisspitzen gedämpft werden.
Auch zu geringeren Kosten für die Herstellung neuer Batterien könnte das Recycling beigetragen. Das Einsparungspotenzial liege im Falle des Closed-Loop-Recyclings und in Abhängigkeit von der jeweiligen chemischen Zusammensetzung im Schnitt bei 5 bis 30 Prozent, erklärt der Umicore-Manager mit Verweis auf eine Studie. Außerdem könne man davon ausgehen, dass Recyclingbetriebe durch höhere Sammelmengen Skaleneffekte realisieren und somit die Aufbereitungskosten zumindest mittelfristig reduzieren können.
Hohes CO2-Einsparpotenzial durch Recycling gegenüber Nutzung von Primärmaterialien
Auch aus Nachhaltigkeitsaspekten verspricht sich Stuyck von einem hochwertigen Recycling von Lithium-Batterien große Vorteile. Studien würden das CO2-Einsparungspotenzial von recycelten Kathodenmaterialien im Vergleich zu Primärmaterialien auf bis zu 30 Prozent schätzen. Recycling sei daher der beste Weg, um soziale und ökologische Risiken im Zusammenhang mit dem Bergbau zu minimieren.
Für problematisch hält der Umicore-Vertreter auch die oftmals mit großen Gefahren für Umwelt und Gesundheit verbundenen Aufbereitungsverfahren in Entwicklungsländern. Daher plädiert Stuyck für einheitliche Vorgaben im Batterierecycling, die auch für Verwertungsbetriebe außerhalb der EU gelten sollen, wenn sie Abfälle aus der EU aufbereiten.