Nanobeschichtung macht Salz zum idealen Speicher für „Überschussstrom“


Ein Vorteil von Salz als Speichermedium liegt in der Kapazität: Bis zu zehnmal mehr Energie lasse sich in Salz speichern als in Wasser, das als Speichermedium bei vielen Power-to-Heat-Lösungen genutzt wird, berichtet Vattenfall. Der neue Salzspeicher basiert auf der Technologie „EnerStore“ des schwedischen Unternehmens SaltX Technology – und die hat auf der Basis von Nanotechnologie eine Lösung für das drohende Verklumpen des Salzes gefunden.


Dem Grundprinzip der Anlage zufolge wird die Energie chemisch gespeichert, indem feuchtes Salz zum Kochen gebracht und so vom Wasser getrennt wird (Dehydrierung). Für diesen Trocknungsprozess kann Überschussstrom genutzt werden, der das Netz belastet – zum Beispiel viel Windstrom an stürmischen Tagen. Ist eine solche Infrastruktur verfügbar, müssten Windkraftanlagen – anders als heute – dann nicht mehr abgeregelt werden.


In Salz gespeicherte Energie lässt sich verlustfrei über Monate vorhalten


Um die gespeicherte Energie aus dem getrockneten Salz wieder freizusetzen, müssen sich beide Stoffe, Salz und Wasser, wieder miteinander verbinden. In dieser Hydrierungsphase wird das trockene Salz (Calciumoxid) durch die Zugabe von Wasser in Calciumhydroxid umgewandelt und setzt dabei Energie in Form von Wärme frei.


Das Problem bei gewöhnlichem Salz besteht darin, dass der Prozess der Trennung und Verbindung (Dehydrierung/Hydrierung) des Salzes sich nur einige Male wiederholen lässt. Nach mehrmaligen Versuchen werden die Kristalle größer, kleben aneinander und verhindern dadurch eine wirksame chemische Reaktion. Die SaltX-Technologie nutzt zur Lösung dieses Problems eine besondere Nanobeschichtung. Sie ermöglicht es, dass das Salz tausende Male ge- und entladen werden kann, ohne seine Eigenschaften zu verlieren. Die auf diesem Weg gespeicherte Energie lässt sich laut Vattenfall verlustfrei über Wochen oder Monate vorhalten, bis sie benötigt wird.


Bei Hydrierung des Salzes entstehen Temperaturen von 550 Grad Celsius


Anstelle von reinem Wasser verwenden die Projektpartner zur Hydrierung Wasserdampf, denn anders als herkömmliches Speisesalz nimmt das nanobeschichtete und dadurch wasserabweisende (hydrophobe) Salz Wasser nicht auf, berichtet Vattenfall. Bei der Umwandlung von Calciumoxid zu Calciumhydroxid entsteht eine Temperatur von 550 Grad Celsius im Salz. Diese durch den chemischen Prozess freigesetzte Energie wird mithilfe eines Wärmetauschers in Form von heißem Wasser in das Berliner Fernwärmnetz eingespeist. Alternativ ließe sich die Energie auch zur Stromerzeugung nutzen, indem sie ihrerseits eine Turbine antreibt.


Im Maschinenhaus des Heizkraftwerks Reuter haben Vattenfall und SaltX Technology eine Pilotanlage mit einer Gesamtleistung von fünf MW errichtet, mit der überprüft werden soll, ob sich die vielversprechenden Laborergebnisse auch unter industriellen Realbedingungen bestätigen. Die Anlage enthält zwei Stränge mit je 15 Kubikmeter Salz. Sie wurde den Angaben zufolge ab Anfang November 2018 über mehrere Monate hinweg in der Maschinenhalle des Heizkraftwerks errichtet und speist seit März die zwischengespeicherte Energie in das Fernwärmenetz der Hauptstadt ein.


Wie lassen sich sehr große Mengen Salz effizient trocknen?


„Über die nächsten Monate werden wir entscheidende Daten sammeln, um zuverlässig beantworten zu können, ob und wie das Projekt im Realmaßstab Wirklichkeit werden kann“, sagt Markus Witt, Projektverantwortlicher für den Salzspeicher bei der Vattenfall Wärme Berlin AG. Unabhängig vom Aspekt der Wirtschaftlichkeit seien noch weitere Fragen zu beantworten, bevor das Projekt die Pilotphase verlassen könne, heißt es bei Vattenfall weiter. Eine davon ist, wie sich sehr große Mengen Salz in entsprechend großen Behältern effizient trocknen lassen. Andere Überlegungen betreffen die Reaktionsgeschwindigkeit sowie die Kontrolle über den Prozess. Nach Abschluss des Projekts Ende des Jahres sollen die Antworten darauf vorliegen.


Der Testbetrieb läuft von jetzt an sechs Monate bis zum Herbst. Danach werden die erhobenen Daten ausgewertet. Ende des Jahres sollen die Ergebnisse final vorliegen.