Mehrerlöse durch bedarfsgerechte Biogasstromerzeugung noch zu gering


Weit mehr als die Hälfte der installierten elektrischen Leistung von Biogasanlagen wäre bereits heute dazu in der Lage, Angebot und Nachfrage der fluktuierenden erneuerbaren Energien auszugleichen und entspricht damit der Anforderung, landwirtschaftliche Biogasanlagen zunehmend bedarfsorientiert zu betreiben. Dem trägt auch das aktuelle Ausschreibungsverfahren im Erneuerbare-Energien-Gesetz Rechnung, das die Flexibilisierung der Stromerzeugung aus Biogas explizit erfordert.


Mehrerlöse durch bedarfsgerechte Stromerzeugung noch zu gering


Ungeachtet dessen ist die tatsächlich bedarfsgerechte Stromerzeugung in Biogasanlagen bislang überschaubar. Ursächlich dafür sind dem Leitfaden zufolge vor allem die zurzeit nicht auskömmlichen Erlöse für Anlagenbetreiber. Vermarktungsmehrerlöse durch Flexibilität würden zwar generiert, jedoch spielten sie für das Ergebnis der gesamtökonomischen Bewertung zur Zeit eine vergleichsweise untergeordnete Rolle und betragen unter den momentanen Bedingungen des Strommarktes zwischen 0,4 und 1,0 ct je kWhel. Werden die Differenzen zwischen Hoch- und Niedrigpreisen am Strommarkt in Zukunft ausgeprägter, kann die Bedeutung von Vermarktungsmehrerlösen zunehmen. Interessant werde es ab einem bis zwei Cent je kWh, hieß es am 20. September auf dem Workshop „Flexibilisierung von Biogasanlagen“ in Leipzig.


Aus ökonomischer Sicht zeigt sich, dass insbesondere die Dauer der EEG-Restlaufzeit, der Grad der Überbauung, die Fahrplangestaltung und die Höhe der externen Wärmenutzung das Betriebsergebnis beeinflussen. Die Ergebnisse der betriebswirtschaftlichen Bewertung verdeutlichen, dass eine möglichst frühe Flexibilisierung mit höchstmöglichem Überbauungsgrad unter den Rahmenbedingungen des aktuellen EEG mit Zahlung der Flexprämie oder des Flexzuschlages generell als betriebswirtschaftlich vorzüglich anzusehen ist. Optimal ist es, die Flexibilisierung so durchzuführen, dass die volle Laufzeit der Flexprämie genutzt werden kann, damit die Kosten der Flexibilisierung bis zum Ende der EEG-Laufzeit und für den Übergang in die Ausschreibung möglichst gegenfinanziert sind. Der Flexibilisierungsgrad ist auf Grund der überproportional zu den Kosten steigenden Flexibilitätsprämie bei hohen Überbauungsgraden von Bedeutung. Je höher der Zubau gewählt wird, desto höher ist das Gesamtergebnis einer Anlage auf Grund der Flexibilitätsprämie.


Simulationsmodell in microSCOPE gibt flexiblen Fahrplänen den Vorzug


Auch der Fahrplan kann die Anlagenauslegung mit beeinflussen. Durch die Wahl von regelmäßigen Fahrplänen wird bei den aufgezeigten Beispielen zwar auf EPEX-Mehrerlöse verzichtet, jedoch stellt sich das Gesamtergebnis der betrachteten Anlagenkonzepte durch geringere Investitionskosten für Gas- und Wärmespeicher betriebswirtschaftlich vorzüglicher dar. Allerdings relativieren die Studienautoren diese Aussage insofern, als dass keine betriebsoptimierten Konzepte unter identischen Restriktionen (insb. Gas- und Wärmespeicherkapazitäten) betrachtet wurden, wie es innerhalb des Simulationsmodells in microSCOPE umgesetzt wurde.


Durchgeführte Simulationen verschiedener Betriebskonzepte mittels microSCOPE ergeben, dass sich mit zunehmender Stromerzeugungs- bzw. Gasspeicherkapazität und einem gleichzeitig optimierten Anlagenbetrieb zum Teil deutliche Mehrerlöse, im Vergleich zu fixen Fahrplänen, erzielen lassen. Gleichzeitig gibt es die Einschätzung, dass ein Fahrplanbetrieb in der Praxis von einem verhältnismäßig geringen Anteil der Biogasanlagenbetreiber aufgrund unterschiedlicher Hemmnisse umgesetzt wird. Da sich die Marktbedingungen kontinuierlich ändern, gilt es aus Sicht der Anlagenbetreiber die aktuellen Entwicklungen stetig zu beobachten bzw. mit dem Direktvermarkter das Betriebskonzept bis hin zur Echtzeitregelung der BHKW weiterzuentwickeln.


In Zukunft ist mit einer Leistungsreduktion zur Flexibilisierung zu rechnen


Die Ansätze zur Flexibilisierung können in der Praxis sehr individuell unter Beachtung der Anforderungen des jeweiligen Anlagenstandorts und des Betriebskonzepts ausfallen. Entweder errichtet der Betreiber zusätzliche oder leistungsstärkere BHKW, ohne die produzierte Biogasmenge zu steigern. Alternativ lässt sich die Biogasproduktion reduzieren, ohne die installierte Leistung zu verringern. Der Leitfaden stellt acht Praxisanlagen, ihre Kriterien zur Flexibilisierung und die Rahmenbedingungen des jeweiligen Anlagenkonzeptes steckbriefartig dar.


Dank der sogenannten Flex-Prämie wurde in der Praxis bislang häufig die Option der Leistungserweiterung gewählt. Unter Berücksichtigung des inzwischen ausgeschöpften Flex-Deckels und der Frist für den Zubau zusätzlicher Stromerzeugungskapazität bis November 2020 ist künftig kaum noch von einer Leistungserhöhung bei Bestandsanlagen auszugehen. In Zukunft sind Flexibilisierungsmaßnahmen eher durch die Reduktion der Bemessungsleistung, z. B. durch Substratreduktion bzw. Substratanpassungen, zu erwarten. Damit es dadurch nicht zu einem Rückgang der erneuerbaren Energieproduktion aus Biogasanlagen kommt, bedarf es künftig einer Weiterentwicklung der Flexibilisierungskonzepte. Denkbar ist die anteilige Nutzung des produzierten Biogases zur bedarfsgerechten Stromerzeugung in Kombination mit einer anderweitigen Gasnutzung.


Das Vorhaben wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) gefördert. Der Abschlussbericht kann auf fnr.de unter dem Förderkennzeichen 22402615 und 22407017 eingesehen werden. Der Leitfaden steht unter „https://www.dbfz.de/fileadmin//user_upload/Referenzen/Studien/20191108_LeitfadenFlex_Abschlussbericht.pdf“ zur Verfügung.