Ein Ansatz dabei war es, den Luftwiderstand zu verringern. Dabei kam die am Fraunhofer IFAM entwickelte funktionelle Beschichtung mit mikroskopisch kleinen Rillen – Riblet-Lack genannt – zum Einsatz. Im Flugzeugbau habe bereits erfolgreich gezeigt werden können, dass der Riblet-Lack den Luftwiderstand reduziert und Treibstoff einspart, so das Fraunhofer IFAM. Nun haben die Wissenschaftler die Technologie an Rotorblätter einer Windkraftanlage angepasst.
Bei dem Riblet-Lack handelt es sich um eine lacktechnische Lösung, bei der in einem einzigen Arbeitsschritt ein Lack flüssig aufgetragen, entsprechend fein gerillt strukturiert (inspiriert durch die Haifischhaut-Längsrillenstruktur, die die hydrodynamischen Eigenschaften des Fischkörpers optimiert) und anschließend gehärtet wird. In einem ersten Schritt wurden umfangreiche Windkanal-Testreihen an einem 2D-Profil mit Riblet-Strukturen durchgeführt. Laut dem Fraunhofer IFAM konnte eine signifikante aerodynamische Effizienzsteigerung von 10 Prozent gemessen werden.
Während der anschließenden Entwicklungsphasen wurde das Riblet-System auf die Großstrukturen der Rotorblätter angepasst. Von der bionic surface technologies GmbH wurde mittels Strömungssimulation und Windkanaltests die optimale Geometrie für die ausgewählte Windkraftanlage ermittelt, Ingenieure der Firma Mankiewicz haben das Lacksystem entwickelt, das Fraunhofer IFAM stellte den Lack-Applikator, der mit einer für die Rotorblattbeschichtung adaptierten Robotik der Firma Eltronic zu einem automatisierten Applikationssystem kombiniert wurde.
Demonstration an einer AN Bonus-WEA mit 450 kW
Zur Demonstration der Technologie wurde eine bestehende AN Bonus-Windenergieanlage mit einer Nennleistung von 450 kW und einem Rotordurchmesser von 37 Metern verwendet. Diese Anlage und eine weitere Turbine des gleichen Typs stehen in Bremerhaven und werden von der Muehlhan Deutschland GmbH betrieben. E.ON Climate & Renewables war federführend bei der Erfassung der Leistungsdaten.
Um die Veränderungen der Leistungscharakteristik beurteilen zu können, wurden die Windkraftanlagen für einen Zeitraum von zwölf Wochen im Originalzustand betrieben und die entsprechenden Leistungsdaten ermittelt. Anschließend wurden die Rotorblätter einer Anlage demontiert und mit der Riblet-Beschichtung versehen. Hier konnte laut dem Fraunhofer IFAM erstmals der automatisierte Auftrag des Riblet-Lacks auf ein Großbauteil demonstriert werden. Nach erfolgter Montage der behandelten Rotorblätter wurde die Leistungscharakteristik der Anlagen über fünf Monate nach einem standardisierten Verfahren gemessen. Weiterhin wurden Parameter wie Verschleiß und Verschmutzung ermittelt.
Obwohl es sich bei den Anlagen um ältere Turbinen (ca. 20 Jahre) mit entsprechenden Abnutzungserscheinungen handelte, die zudem keine Rotorblätter mit verstellbarem Anstellwinkel haben, konnte den Wissenschaftlern zufolge eine Verbesserung der Leistungscharakteristik durch die Beschichtung gezeigt werden. Diese Verbesserung lasse sich jedoch aufgrund außergewöhnlicher Wetterbedingungen in diesem Zeitraum nicht mit Sicherheit quantifizieren, heißt es. Größere Zeiträume mit wenig Wind resultierten demnach in einer großen Streuung der Messdaten. Die Abnutzung der Strukturen war im betrachteten Zeitraum vernachlässigbar.
Industrielle Reife im Blick
Nach Ansicht der Forschenden hat das Projekt „Riblet4Wind“ den Nachweis erbracht, dass eine Riblet-strukturierte Beschichtung automatisiert auf Windenergie-Rotorblätter aufgebracht werden kann und zu einer Verbesserung der Leistungscharakteristik führt. Es sei sehr wahrscheinlich, so das Fraunhofer IFAM, dass diese Technologie in den nächsten Jahren zur industriellen Reife gebracht werde und eine flächendeckende Anwendung finde. Ein sinnvoller nächster Schritt wäre die Demonstration auf einer dem heutigen Standard entsprechenden Anlage (> 2MW Leistung mit verstellbaren Rotorblättern), um das wirtschaftliche Potenzial dieser Technologie weiter quantifizieren zu können.
Das Projekt „Riblet4Wind“ – Riblet-Surfaces for Improvement of Efficiency of Wind Turbines –, wurde am 1. Juni 2015 gestartet und am 28. Februar 2019 beendet. Beteiligte Projektpartner waren: bionic surface technologies GmbH (Österreich), CPT Centre de projecció térmica – Universität Barcelona (Spanien), Eltronic (Dänemark), E.ON Climate & Renewables (Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland), Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM (Deutschland), Mankiewicz (Deutschland) sowie Muehlhan A/S (Dänemark).