Kohle- und Atomausstieg: Bedeutung von Energiespeichern wächst immer stärker


Einher mit der Entwicklung geht ein wachsender Bedarf an Speicherlösungen für Tag/Nacht-Schwankungen und den saisonalen Ausgleich. Dies sind erste Ergebnisse eines aktuellen Studienprojekts von EuPD Research. Initiatoren des Projekts sind neben EuPD der Solarverband BSW und der Messeverbund The Smarter E. Unterstützt wird das Vorhaben von Unternehmen der Solar- und Speicherbranche.


Die Analyse unterstreicht Erkenntnisse früherer Studien, nach denen im Zuge der Sektorkopplung der Strombedarf in den kommenden Jahren bei allen Fortschritten in der Energieeffizienz steigen wird. Perspektivisch entwickelt sich ein Stromsystem, bei dem Schwankungsbreite der Residuallast stark steigen wird. In vielen Phasen werden Wind- und PV-Anlagen erheblich mehr Strom erzeugen als verbraucht wird. In anderen Phasen entsteht eine erhebliche Lücke.


Vor diesem Hintergrund stellt der Einsatz von Stromspeichern bzw. Speichertechnologien zukünftig ein „zentrales und unabdingbares Element der Energiewende“ dar, heißt es in der Studie. Vor allem der Tag-Nacht-Ausgleich zwischen Verbrauch und Erzeugung von PV- bzw. Windstrom stelle die Netzinfrastruktur vor große Herausforderungen, die durch flexibel einsetzbare Speicher auszugleichen seien. „Dafür werden Speicher insbesondere in den Verteilnetzen eine wichtige Funktion wahrnehmen, um kurzfristige Erzeugungs- oder Lastspitzen auszugleichen und damit die Netz- und Systemstabilität zu gewährleisten“, heißt es bei EuPD.


Tag/Nacht-Ausgleich: Speicher in Verteilnetzen erhalten wichtige Funktion


In diesem Zusammenhang spiele der Einsatz von Stromspeicher-Technologien in Gewerbe- und Industrieunternehmen eine zunehmend wichtigere Rolle zur Energiekostenoptimierung, die als zusätzliche Flexibilitätsoption einen positiven Beitrag zur Entlastung der Netzinfrastruktur beiträgt.


Im Segment der privaten Haushalte werden Stromspeicher in Verbindung mit einer hauseigenen Photovoltaikanlage bereits heute vermehrt im Rahmen eines Prosumer-Modells eingesetzt, was mittel- und langfristig einen „bedeutenden Faktor für eine dezentrale und möglichst verbrauchsnahe Stromerzeugung darstellt“. Unterstützt werde die Entwicklung von einer seit Jahren anhaltenden Verringerung der Investitions- und Betriebskosten marktverfügbarer Speichertechnologien, sodass der wirtschaftliche Speicherbetrieb für Unternehmen und private Haushalte gewährleistet sei.


„Hinsichtlich der saisonalen Speicherung von Solar- und Windstrom werden zukünftig Power-to-Gas-Lösungen eine wichtige Funktion ausüben“, schreiben die Marktforscher von EuPD Research. Zum einen könne damit überschüssiger Strom zur Wasserstoff-Elektrolyse verwendet und somit langfristig gespeichert werden. Zum anderen entstehe die Möglichkeit, das hergestellte „grüne Gas“ zu einem späteren Zeitpunkt zur Rückverstromung oder zur Betankung wasserstoff-basierter Fahrzeuge zu nutzen.

Insgesamt werde die Transformation des Energiesystems nur mithilfe eines großflächigen und vielfältigen Einsatz von Stromspeichern möglich sein. „Aufgrund sinkender Kosten, eines steigenden Bedarfs und sehr flexibler sowie kundengruppenspezifischer Einsatzoptionen wird für den Speichermarkt eine Verdreißigfachung der installierten Kapazität von 1,9 GWh auf ca. 59 GWh im Jahr 2040 in Deutschland erwartet.“


EuPD Research: Nettostrombedarf steigt bis 2040 um zwei Drittel


Grundlage all dessen ist der erheblich beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien, zumal Elektromobilität und Power-to-X den Nettostromverbrauch in der Studie bis 2030 um 20 Prozent und bis 2040 um 66 Prozent gegenüber dem heutigen Niveau von 530 TWh steigen lassen. Für die Windenergie sieht die EuPD-Analyse aufgrund der aktuellen Gemengelage aus Hürden bei Genehmigungen, Abstandsregelungen und Klagen und Gerichtsverfahren nur begrenztes Zubaupotenzial, das in der Studie auf durchschnittlich drei Gigawatt pro Jahr taxiert wird.


Da auch das Ausbaupotenziale bei der Offshore-Windenergie (29,4 GW Anlagenbestand im Jahr 2040) als begrenzt angesehen und für Bioenergie, Waste-to-Energy und Wasserkraft überhaupt kein Wachstum unterstellt wird, bleibt das Gros des Zubaus an der Photovoltaik hängen. Um die prognostizierte „Stromlücke“ durch den Ausstieg aus Atom- und Kohlekraft zu kompensieren, wäre der Studie zufolge ein Photovoltaik-Bruttozubau von heute 48 GW auf 162 GW im Jahr 2030 und 252 GW bis 2040 notwendig.


In Summe würde die installierte Nettokraftwerksleistung in Deutschland von 202 GW im Jahr 2018 auf 446 GW im Jahr 2040 steigen. Damit einher ginge der Studie zufolge ein Anstieg der Ökostromerzeugung am Bruttostrombedarf von aktuell 40 Prozent auf 74 Prozent im Jahr 2030 und 82 Prozent im Jahr 2040.