Auch am 29. April wurde die Nationale Wasserstoffstrategie nicht wie geplant im Kabinett beraten. Das passierte nicht zum ersten Mal, ursprünglich sollte der Entwurf bereits im Dezember 2019 beschlossen werden. Als Grund für die erneute Verzögerung nennt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) einen Streit zwischen den Ministerien. Wirtschafts-, Umwelt- und Forschungsministerium stritten darüber, welche Wasserstoff-Arten gefördert werden und wo sie eingesetzt werden sollen. Die DUH fordert Wirtschaftsminister Peter Altmaier folglich auf, endlich die Hängepartei um die Nationale Wasserstoffstrategie zu beenden.
Die DUH fordert, die Wasserstoffstrategie konsequent an Klima-, Nachhaltigkeits- und Effizienzkriterien auszurichten. Der bisherige Entwurf blendet diese Aspekte nach Ansicht der DUH aus. Stattdessen möchte Wirtschaftsminister Peter Altmaier auf sogenannten blauen Wasserstoff setzen, der aus fossilem Erdgas in Kombination mit der Abscheidung und Speicherung von CO2 (CCS) gewonnen wird.
Blauer Wasserstoff nach Ansicht der DUH nicht klimafreundlich
Blauer Wasserstoff schadet jedoch dem Klima, prozessbedingt entsteht weiterhin CO2 und fossile Geschäftsmodelle werden verlängert. Aus Sicht der DUH können Wasserstoff und andere synthetische Energieträger das Erreichen der Klimaziele nur dann unterstützen, wenn sie vollständig aus zusätzlich generierten erneuerbaren Energien und unter strikten Nachhaltigkeitsstandards produziert werden. Wasserstoff sei aber kein Allheilmittel: Priorität bleibe, den Energieverbrauch zu reduzieren und erneuerbare Energien auszubauen.
Eine pauschale Befreiung der Herstellung von Wasserstoff von Steuern und Abgaben, wie zum Beispiel die EEG-Umlage, lehnt die DUH ab. Für die Herstellung von grünem Wasserstoff wird zusätzlicher erneuerbarer Strom benötigt – deshalb müssten auch die Nutzer des Wasserstoffs mit der EEG-Umlage einen Beitrag zum Ausbau der Erneuerbaren leisten, fordert die DUH.
DUH hält Wasserstoff im Straßenverkehr für abwegig
Zum Einsatz kommen dürften grüner Wasserstoff und andere strombasierte Kraftstoffe aus Sicht der DUH nur in ausgewählten Sektoren. Die Herstellung sei energieaufwendig und damit ineffizienter und teurer als die direkte Stromnutzung. „Die Ankündigung von Wirtschafts- und Verkehrsministerium, Wasserstoff als Kraftstoff im Straßenverkehr einzusetzen oder gar auf die CO2-Flottengrenzwerte für Pkw anzurechnen, ist vollkommen abwegig“, sagte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. „Anstatt den Verbrennungsmotor künstlich am Leben zu erhalten, muss sich die Politik darauf konzentrieren, eine echte Verkehrswende und den Umstieg auf die Elektromobilität zu bewerkstelligen“.
In einem neuen Positionspapier legt die DUH dar, welche Klima- und Umweltkriterien ihrer Ansicht nach bei der Wasserstoffnutzung erfüllt werden müssten. Für grünen Wasserstoff und andere strombasierte Kraftstoffe sollten der DUH zufolge nachhaltige Produktionsstandards gelten, um eine Treibhausgasminderung zu gewährleisten. Entscheidend ist, dass die Wasserstoffproduktion mit einem zusätzlichen Ausbau der erneuerbaren Energien einhergeht. Denn wenn der enorme Strombedarf andernorts durch verstärkte fossile Stromnutzung ausgeglichen werde, führe dies insgesamt zu hohen Mehremissionen. Das Positionspapier steht unter http://l.duh.de/p200428 zur Verfügung.
Linke: Regierung will sich „vor echten Weichenstellungen drücken“
Auch die Linken im Bundestag sehen einen Einsatz von Wasserstoff im Verkehr und im Wärmebereich kritisch. In diesen Bereichen auf importierten Wasserstoff zu setzen, sei „teurer, unsicherer und umweltschädlicher“ als die direkte Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien – die Regierung wolle sich „vor echten Weichenstellungen“ zur Minderung der Treibhausgasemissionen drücken.