Heute starten die Partner eine lokale Handelsplattform für Strom – ein wichtiger Schritt, um erstmals einen realen, lokalen Marktplatz für den optimierten Handel von Strom auf Basis der Blockchain-Technologie zu schaffen, wie die Projektpartner festhalten.
Erstmals kommt die Plattform in der Gemeinde Wildpoldsried im Allgäu zum Einsatz: Während der Demonstrationsphase können nun private Stromproduzenten mittels einer App ihren Strom direkt an lokale Verbraucher vermarkten – ohne den Umweg über einen Direktvermarkter oder den klassischen Stromversorger. Zusätzlich können auf der Marktplattform Flexibilitäten aus Batteriespeichern oder steuerbaren Lasten wie Wärmepumpen oder Ladestationen für Elektrofahrzeuge gehandelt werden. Die Blockchain-Technologie als Basis für das Management der Transaktionen am Markt soll Ende-zu-Ende-Transparenz und Vertrauen zwischen den Teilnehmern schaffen.
Stromkunden können Präferenzen für Strombezug festlegen
Die Stromverbraucher (Stromkunde) können Präferenzen für ihren Strombezug festlegen, etwa den Anteil und Preis für Strom aus lokalen Photovoltaik- und Windkraftanlagen. Ziel des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projektes pebbles ist es, zu zeigen, dass mit Hilfe eines lokalen Energie- und Flexibilitäts-Handels Engpässe im Stromnetz vermieden und somit die Kosten für die Energiewende gesenkt werden können.
„Mit der für pebbles eingesetzten digitalen Plattform verbinden wir Erzeuger, Verbraucher und Speicher so miteinander, dass sie ihre Energie und ihre Flexibilitäten untereinander in optimierter Weise lokal handeln können“, sagt Sabine Erlinghagen, CEO Digital Grid bei Siemens Smart Infrastructure. „Damit ermöglichen wir, dass Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen auch nach dem Auslaufen der staatlichen Förderung ökonomisch attraktiv bleiben und weiterhin CO2-freien Strom erzeugen und gesamtsystemdienlich ins Netz einspeisen können.“
„Auf die Frage hin, warum wir als Stromversorger eine Plattform entwickeln, die uns beim Stromhandel ‚überflüssig’ macht, antworte ich gerne: Wenn wir es nicht tun, wird es jemand anderes machen, da es der Markt verlangen wird“, sagt Michael Lucke, Geschäftsführer des Allgäuer Überlandwerks ergänzt. „Da nehmen wir lieber die Rolle des innovativen Plattformbetreibers ein, als später zuzusehen, wie unsere Kunden ihren Strom und die Flexibilitäten auf anderen Plattformen handeln – dann komplett ohne uns.“
Eindimensionale Energiesysteme, in denen Stromversorger Strom an passive Objekte übertragen, würden im modernen Stromhandel durch intelligente mehrdimensionale Modelle ersetzt, in denen bisher passive Verbraucher zu aktiven Verbrauchern oder situativ zu Erzeugern werden, heißt es seitens der Projektpartner. Mit Hilfe von steuerbaren Verbrauchern oder Energiespeichern könnten diese zudem Flexibilitäten zum Ausgleich von Schwankungen in der Stromerzeugung bereitstellen.
Projekte wie pebbles zeigen Alternativen zum Ausbau der Stromnetze
Der von der Bundesregierung beschlossene Weg der Dekarbonisierung setze voraus, dass der Anteil dezentraler Erzeuger weiter steigt, betonen Siemens und AÜW. Gleichzeitig nehmen mit der Umstellung auf Elektro-Mobilität und Wärmepumpen die Zahl der elektrischen Verbraucher und der Bedarf an Elektrizität weiter zu. All dies könne temporär zu Engpässen im Stromnetz und zu Stromschwankungen führen. „Daraus folgt, dass das Verteilnetz stellenweise intensiv ausgebaut werden muss, was mit hohen Kosten verbunden ist.“ Innovative Projekte wie pebbles zeigten Netzbetreibern konkrete Alternativen zum kosten- und zeitintensiven Ausbau des Netzes auf. „Gleichzeitig kann der Wunsch von Endteilnehmern nach einer aktiveren Rolle im Energiesystem bedient werden.“
Projektpartner von pebbles sind neben Siemens und AÜW auch AllgäuNetz, die Hochschule Kempten und Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT. Sie haben gemeinsam eine Plattform, Managementsysteme und eine App für den lokalen Energie- und Flexibilitätshandel entwickelt, die Netzbeschränkungen, Erzeugung- und Lastprognosen berücksichtigt und einen optimierten Einsatz von steuerbaren Verbrauchern, Erzeugern und Speichern ermöglicht.
Regulatorische Herausforderungen für Stronmhandel auf Blockchain-Basis bleiben herausfordernd
Kürzlich hatte die Stiftung Umweltenergierecht für das Fraunhofer FIT die regulatorischen Rahmenbedingungen für Blockchain-basierten Stromhandel unter die Lupe genommen. Die Analyse zeigt, dass es noch einen erheblichen Korrekturbedarf am regulatorischen Rahmen gibt, um Plattformen wie der, die im Zuge von pebbles entwickelt wurde, zum Durchbruch zu verhelfen. Gerade für Post-EEG-Anlagen bieten solche Lösungen aber ein großes Potenzial.