Verbände warnen vor Verdrängung von herkömmlichen Biokraftstoffen


Das sagte Artur Auernhammer, MdB und Vorsitzender des Bundesverbandes Bioenergie, bei der digitalen Pressekonferenz, zu der die Veranstalter des 18. Internationalen Fachkongresses für erneuerbare Mobilität „Kraftstoffe der Zukunft 2021“ eingeladen hatten.


Hintergrund ist, dass die EU-Mitgliedstaaten die europäischen Vorgaben für Erneuerbare Energien (RED II) bis zum Juni 2021 in nationales Recht umsetzen müssen. Dazu hatte die Bundesregierung im Dezember 2020 den Vorschlag eines „Gesetzes zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote sowie für die Verordnung zur Festlegung weiterer Bestimmungen zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote“ vorgelegt (EUWID 01.02/2021). Das Bundes-Immissionsschutzgesetz und die entsprechenden Bundes-Immissionsschutzverordnungen sollen demzufolge angepasst werden.


THG-Quote sollte kontinuierlich steigen


Der Kabinettsentwurf sieht vor, dass die Treibhausgas-Quote (THG-Quote) für das Jahr 2030 auf 22 Prozent steigt. Allerdings steigt die THG-Quote nach Ansicht der Biokraftstoffverbände den Plänen zufolge viel zu langsam. Während sie heute bei sechs Prozent liegt, sieht der Entwurf ein erstes Zwischenziel von acht Prozent im Jahr 2024 vor. Erst ab 2026 ist eine beschleunigte Steigerung auf 22 Prozent im Jahr 2030 vorgesehen. Die Verbände setzen sich hingegen für eine Anpassung der THG-Quote in jährlichen Schritten auf die 22 Prozent in 2030 ein.


Neben der verzögerten Anhebung der THG-Quote überzeugt auch die geplante Festlegung der Kappungsgrenze für Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse von 4,4 Prozent bis 2030 die Biokraftstoffverbände nicht. Auch hier fordern sie Änderungen, denn die europäischen Vorgaben erlaubten eine sehr viel höhere Obergrenze. Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse sollten als heute wichtigste Klimaschutzkomponente im Verkehrssektor anerkannt und die weitere Bereitstellung heimischer Futtermittel als Koppelprodukt der Biokraftstoffproduktion gesichert werden. Außerdem müsse gewährleistet sein, dass dieser Anteil durchgängig zum Einsatz kommt. Dies macht eine Revisionsklausel zur kurzfristigen Anpassung der THG-Quotenhöhe erforderlich.


Quote für fortschrittliche Biokraftstoffe viel zu niedrig


Für fortschrittliche Biokraftstoffe sieht der Entwurf eine Unterquote von 2,6 Prozent bis zum Jahr 2030 vor. Die Verbände halten diese Quote jedoch für zu gering und fordern 3,5 Prozent ohne Mehrfachanrechnungen. Eine jährliche Revision der Unterquote für fortschrittliche Biokraftstoffe sei sinnvoll, damit sich die tatsächlichen Marktentwicklungen in der Gesetzgebung widerspiegeln.

Derzeit liege die Mindestquote für fortschrittliche Biokraftstoffe in Deutschland bei 0,05 Prozent energetisch, werde jedoch deutlich übererfüllt. Um zu verdeutlichen, wie niedrig die Unterquote von 2,6 Prozent ist, führte Horst Seide, Präsident vom Fachverband Biogas aus, dass die Quote allein durch Biomethan aus Gülle erfüllt werden könnte.


Mehrfachanrechnungen sind nicht sinnvoll


Besonders kritisch sehen die Biokraftstoffverbände die Mehrfachanrechnungen ausgewählter Erfüllungsoptionen auf die THG-Quote. So soll zum Beispiel Elektromobilität dreifach auf die Quote angerechnet werden. „Wir lehnen diese Mehrfachanrechnungen ab, weil sie Klimaschutz durch Rechentricks vortäuschen. In dieser Auslegungsform verliert die THG-Quote ihre Aussagekraft über reale Treibhausgaseinsparungen und den tatsächlichen Anteil erneuerbarer Energien im Verkehr“, betont Artur Auernhammer. Eine wirksame und kostenoptimierte Erfüllung der Quote sollte sich im Markt ergeben und sei durch die Pönale gesichert.


Elmar Baumann, Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB), sieht in den Mehrfachanrechnungen eine Gefahr für die herkömmlichen Biokraftstoffe. Seiner Ausführung zufolge haben die Ressorts in ihrer Abstimmung ein Schichtenmodell entwickelt. Die Schichten sollen aufeinander aufbauen, wie zum Beispiel fortschrittliche auf anbaubasierte Biokraftstoffe. „Wenn dann zum Beispiel die Schicht „Elektromobilität“ stärker wächst als im Szenario der Bundesregierung vorgesehen, wird sie in die darunterliegenden Schichten hineinfressen“, so Baumann. Das heißt dann würden sich erneuerbare Energien kannibalisieren. Bei der Elektromobilität wäre dieser Effekt durch die dreifache Anrechnung besonders stark. Aber auch Wasserstoff und fortschrittliche Biokraftstoffe würden bei einer Übererfüllung der Unterquote doppelt angerechnet.


Palmöl fällt dem deutschen Entwurf zufolge bereits 2026 weg


Kritischen Debatten um konventionelle Biokraftstoffe kann mit der Feststellung begegnet werden, dass die EU Importquellen mit einem hohen Risiko illegaler Landnutzungsänderungen ausgeschlossen hat (Palmöl). Biodiesel aus Palmöl soll nach dem Entwurf der Bundesregierung bereits im Jahr 2026 – statt wie von der EU vorgesehen erst in 2030 – im deutschen Markt keine Rolle mehr spielen. Der Beitrag dieses Rohstoffs kann durch nachhaltig erzeugte Mengen von heimischem Biodiesel aus Raps oder Bioethanol problemlos ersetzt werden.