Geologische Energiespeicher können wichtigen Beitrag beim Umstieg auf 100 Prozent Erneuerbare leisten


Unter Leitung von Prof. Sebastian Bauer und Prof. Andreas Dahmke vom Institut für Geowissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) hat das Projekt die Potenziale untertägiger Energiespeichertechnologien im Modellgebiet Schleswig-Holstein ausgelotet. Im Zentrum des Forschungsprojektes standen die Integration saisonaler geologischer Wärme- und Gasspeicher in bestehende und zukünftige Energienetze sowie deren potenzielle Umweltauswirkungen. Die Ergebnisse wurden im Rahmen eines digitalen Symposiums der Öffentlichkeit vorgestellt.


Zunächst sei die Beschreibung des in der Beispielregion Schleswig-Holstein zur Verfügung stehenden Geosystems notwendig gewesen, berichtete Dahmke. Auf dieser Basis konnten von den Angus-II-Wissenschaftlern gekoppelte Modelle erstellt und validiert werden, die zukünftige Energiesysteme mit Berücksichtigung von erneuerbaren Erzeugungskapazitäten quantitativ abbilden. In Bezug gesetzt werden hier z.B. Windparks oder Solaranlagen, energietechnische Anlagen wie etwa Kraftwerke oder Wärmepumpen sowie die untertägigen geologischen Speicher und deren Speicherpotenziale. Der integrierte Ansatz ermögliche die Analyse „plausibler“ Szenarien zur Transformation des Energiesystems in den kommenden Jahrzehnten.


Flexibles Planungsinstrument für Auslegung von geologischen Energiespeichern


Geotechnische Energiespeicher böten sowohl große Speicherkapazitäten als auch die Möglichkeit, Energie über Monate oder sogar Jahre zu speichern. „Mit der im Projekt neu entwickelten Kopplung von Energiesystemmodell, Anlagenmodell und Geospeichermodell kann systematisch die Integration der Geospeicher in die Energienetze detailliert untersucht und die im zukünftigen Energiesystem erforderlichen Leistungen und Kapazitäten konsistent bestimmt werden“, hält Bauer fest. Damit sei ein flexibles Planungsinstrument für die Auslegung und Dimensionierung von geologischen Energiespeichern geschaffen worden.


Ein Untersuchungsschwerpunkt in Angus II war zudem die Untersuchung der Umweltauswirkungen von untertägigen saisonalen Wärmespeichern, die zwischenzeitlich in anderen Forschungsvorhaben noch weiter vertieft werden konnte. „Es treten bei unterirdischen Wärmespeichern thermisch induzierte, hydrochemische Veränderungen sowie Veränderungen der Funktionalität des Aquiferbioms, also der mikrobiologischen Lebensgemeinschaften im Untergrund, auf“, sagt Dahmle. „Diese lassen sich jedoch gut in ihrer räumlichen und zeitlichen Dynamik prognostizieren.“ Mithilfe der erzielten Ergebnisse ständen nun Ansätze bereit, um bei geplanten Vorhaben für geologische Wärmespeicher im Vorwege mögliche Umweltauswirkungen einzugrenzen.


Sehr hohe Speicherpotenziale im schleswig-holsteinischen Untergrund


Einen Teil der erarbeiteten Prognosemethoden konnten die Forschenden auf dem eigenen experimentellen Testfeld der CAU verifizieren. Die Ergebnisse der Projektarbeiten zeigten demnach auch, dass untertägige saisonale Wärmespeicher für viele Betriebsszenarien und Wärmebedarfsdichten nur einen relativ geringen Anteil des untertägigen Raums thermisch stark verändern würden. „Geologische Energiespeicher für Gas und Wärme könnten in allen betrachteten Ausbauszenarien des zukünftigen Energiesystems einen Beitrag zur Stabilisierung der Energieversorgung leisten und so den notwendigen Übergang zu 100 Prozent erneuerbaren Energien unterstützen, hält Bauer fest.


Für Schleswig-Holstein wurden anhand der im Angus II Projekt entwickelten Methodik große geologische Speicherkapazitäten für tiefe Porengasspeicher für Wasserstoff, synthetisches Methan beziehungsweise Druckluft erfasst. „Aufgrund der sehr großen geeigneten untertägigen Räume werden wir auch bei hohen Speicherbedarfen nur einen sehr geringen Anteil für geologische Energiespeicher benötigen“, so Dahmke weiter. Damit stünden für Energiespeicher im Untergrund ausreichend Speichertechnologien, große potenzielle Kapazitäten und eine große Spannbreite an erreichbaren Speicherraten zur Verfügung.


Entwickelte Methoden kommen bei Demonstrationsvorhaben zu großtechnischen Wärmespeichern zum Einsatz


Auch für Wärmespeicher, die näher an der Erdoberfläche liegen, gäbe es große Potenziale, ergänzt Bauer: „Mittels der in Angus II entwickelten numerischen Methoden lassen sich saisonale untertägige Wärmespeicher systematisch in komplexe zukünftige Wärmeversorgungskonzepte von Städten integrieren und im Hinblick auf ihre Effektivität, Effizienz und dem damit verbundenen untertägigen Raumbedarf und die Wärmeverteilung bewerten.“ Da hierbei der Wärmebedarf eine große Rolle spiele, wurden zur Abschätzung des gebäudespezifischen Wärmebedarfs in Schleswig-Holstein neue GIS-Methoden entwickelt, anhand von Messdaten überprüft und angewendet. Diese werden nun beispielsweise in Kooperation mit der Landeshauptstadt Kiel und dem MIT in Cambridge, USA, genutzt, um effiziente Ansätze für eine energetische Gebäudesanierung zu ermitteln.


Die im Angus-Projekt entwickelten Methoden und Ansätze werden bereits bei der Planung und dem anschließenden Bau von Demonstrationsvorhaben zu großtechnischen geologischen Wärmespeichern in Hamburg im Rahmen der Reallaborvorhaben IW3 und Tiefstack bzw. im Rahmen der Entwicklung eines neuen Energiekonzepts der CAU eingesetzt. Das Verbundprojekt wurde vom Bundeswirtschaftsministerium von 2016 bis 2021 mit rund 6,6 Mio. € gefördert. Umgesetzt wurde das Vorhaben von der CAU und dem Projektträger FZ Jülich. Die Verbundpartner kommen von der Hochschule Flensburg, von der Europa-Universität Flensburg, von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig.