Das 2020 gegründete Unternehmen Green Hydrogen Technology hat ein neuartiges Verfahren entwickelt, um aus Abfallstoffen wie Klärschlamm und Plastikmüll Wasserstoff herzustellen. Nach Abschluss der Entwicklungsphase erprobt Green Hydrogen Technology eigenen Angaben zufolge die Technologie jetzt in der Praxis: Im November beginnt der Bau einer Versuchsanlage, die bis Ende 2022 fertig gestellt sein soll. Ziel der Unternehmensgründer ist es, das Herstellungsverfahren nach der jetzt anstehenden Erprobungsphase an Kommunen und Industriebetriebe zu vermarkten.
„Anders als bei der Elektrolyse, mit der man durch Einsatz von elektrischer Energie Wasser in seine Bestandteile zerlegt und so Wasserstoff gewinnt, setzen wir auf ein Heißgasverfahren”, erklärt Nadja Rondhame, Verfahrensingenieurin bei Green Hydrogen Technology. „Damit erzielen wir gegenüber der Elektrolyse einen deutlich höheren Wirkungsgrad und Output. Gleichzeitig sind wir CO2-neutral, was von der Elektrolyse aufgrund des oftmals eingesetzten Strommixes nicht immer behauptet werden kann.”
Das Verfahren umfasst zwei Stufen
Das Verfahren umfasst zwei Stufen: In der ersten Stufe des Prozesses werden die Abfälle in Heißgas umgewandelt. Dazu werden die Ausgangsstoffe mit Hilfe von reinem Sauerstoff sehr hohen Temperaturen ausgesetzt, so dass Heißgas entsteht. Aus diesem Gas wird dann in der zweiten Stufe gasförmiger Wasserstoff gewonnen, indem aufgeschmolzener Kunststoff in das Heißgas injiziert wird. Durch Zugabe von Wasser entsteht Wassergas, das wiederum durch einen zweistufigen Katalysatorvorgang Sauergas gewonnen wird, welches volumenmäßig schon ca. 40 Prozent Wasserstoff enthält. In einem weiteren Schritt wird hochreiner Wasserstoff daraus gewonnen.
Das CO2 kann aufgefangen und als technisches Gas abgeschieden weiterverwertet werden. Bei dem Prozess fallen – anders als bei der Verbrennung von Abfallstoffen – keine Giftstoffe wie Dioxine an. Anfallende Schwermetalle fallen in wiederverwertbarer Form an. „Die Technologie stiftet doppelten Nutzen. Wir erzeugen nicht nur saubere Energie, sondern führen auch Abfallstoffe wie Klärschlamm und Plastikmüll einer sinnvollen Nutzung zu”, betont Nadja Rondhame. Das gesamte Verfahren hat sich GHT durch Patente und Patentanmeldungen schützen lassen.
Die zweite Stufe kann auch eigenständig mit Biogas betrieben werden
Die zweite Stufe kann auch eigenständig betreiben werden und an bestehende Biogas-Anlagen angedockt werden. Aktuell wird sie in der Praxis erprobt: Nächster Schritt auf dem Weg zur Serienreife ist der Bau der Versuchsanlage im österreichischen Leoben. Das Gießen der Beton-Bodenplatte im November markiert den Baubeginn, im Mai 2022 sollen Bau- und Einrichtung der 12 Meter hohen Anlage mit einer Gesamtfläche von etwa 150 Quadratmetern abgeschlossen sein. Im Juni 2022 soll die Versuchsanlage erstmals Wasserstoff aus Plastikmüll erzeugen. Errichtet wird die Anlage durch Spezialisten der Firma R&R Beth aus dem thüringischen Bad Lobenstein.
Sobald der TÜV die Zusammensetzung des gewonnenen Wasserstoffs zertifiziert hat, wird Green Hydrogen Technology in die Vermarktung von Stufe-2-Anlagen gehen und insbesondere Kommunen und Industrie ansprechen. Parallel wird dann auch die Praxis-Erprobung der Stufe 1 vorangetrieben. „Unsere Technologie ist nicht nur ein Gewinn für die Umwelt, sondern lohnt sich auch für die Betreiber, denn der Bedarf an sauberem Wasserstoff wird in den nächsten Jahren massiv ansteigen“, erklärt Jean Wiech, CFO von Green Hydrogen Technology.
Besonders interessant sei die Technologie für Kunden, die bereits eine Biogas-Anlage betreiben oder Zugang zu Biogas haben. „Sie benötigen nur die Stufe 2 unserer Anlage. Statt des Heißgases aus Klärschlamm wird dann das Biogas als Ausgangsstoff verwendet”, so Wiech. Die bisherigen Entwicklungskosten für das Verfahren liegen bei rund drei Mio. €, die durch das Unternehmen finanziert wurden. Das Geschäftsmodell von Green Hydrogen Technology sieht vor, dass das Unternehmen entweder Co-Betreiber der Anlagen wird oder Lizenzen zur Nutzung der patentierten Technologie an Firmen oder Gemeinden als alleinige Betreiber vergibt.
Neuaufstellung des Unternehmens als Aktiengesellschaft
Mit dem Abschluss der technischen Entwicklung stellt das junge Unternehmen zugleich die Weichen für das weitere Wachstum: Zum 1. Januar 2022 wird aus der Green Hydrogen Technology GmbH die Green Hydrogen Technology AG. „Indem wir unser Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umwandeln, gehen wir den nächsten Schritt bei der konsequenten Weiterentwicklung von Green Hydrogen Technology. So senden wir ein starkes Signal in Richtung künftiger Kapitalgeber und schaffen optimale Voraussetzungen für spätere Kooperationen, bevor wir mit der Vermarktung unserer Anlagen beginnen”, erklärt CEO Harald Mayer.