Mit den Klimaschutzmaßnahmen der Bundesregierung können die Treibhausgasemissionen in Deutschland um 49 Prozent bis 2030 und um 67 Prozent bis 2040 gegenüber 1990 sinken. Das Bundes-Klimaschutzgesetz schreibt jedoch Minderungsziele von 65 Prozent bis 2030 und 88 Prozent bis 2040 vor – „Deutschland verfehlt damit seine Klimaschutzziele in den beiden kommenden Dekaden, sofern nicht zusätzliche Maßnahmen zur Senkung der klimaschädlichen Treibhausgasemissionen getroffen werden“.
Zu diesem sehr eindeutigen Ergebnis kommt der jetzt veröffentlichte Projektionsbericht 2021 der Bundesregierung gemäß den Vorgaben der Europäischen Union, den das Öko-Institut mit weiteren Wissenschaftsinstitutionen durchgeführt hat. Darin werten die Wissenschaftler ein sogenanntes „Mit-Maßnahmen-Szenario“ – also ein Szenario mit allen Klimaschutzmaßnahmen, die bis Ende August 2020 beschlossen wurden – im Zeitraum 2021 bis 2040 aus und beschreiben detailliert die Emissionsentwicklung in Deutschland.
Der Projektionsbericht zeigt, dass die Emissionen in den verschiedenen Sektoren unterschiedlich stark sinken. Hauptanteil an den Reduktionen hat die Energiewirtschaft mit dem Rückgang der Stromerzeugung aus Kohle, der CO2-Bepreisung im EU-Emissionshandel und dem Ausbau der erneuerbaren Energien. Daneben trägt auch der abnehmende Wärmebedarf im Gebäudesektor durch Sanierungsmaßnahmen und der Ausbau der Elektromobilität zur Emissionsminderung bei.
Der Projektionsbericht berücksichtigt bis Ende August 2020 beschlossene Klimaschutzmaßnahmen – also alle Maßnahmen des Klimaschutzprogramms 2030 sowie relevante Maßnahmen aus dem Corona-Konjunkturprogramm 2020. Änderungen in der Gesetzeslage durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2021 sowie aktualisierte Rahmendaten, wie die Preise für CO2-Verschmutzungsrechte, wurden aufgrund des zeitlichen Vorlaufs für die Modellierung nicht berücksichtigt. Eine Sensitivitäts-Rechnung zeigt jedoch, dass bei deutlich höheren Preisen für CO2-Verschmutzungsrechte die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 51 Prozent gegenüber 1990 sinken. Dennoch wird selbst in diesem Fall das Minderungsziel von 65 Prozent deutlich verfehlt.
„Bestehende Instrumente nachschärfen und neue entwickeln“
„Der Bericht zeigt deutlich, dass bestehende Instrumente nachgeschärft und neue entwickelt werden müssen, um die Klimaziele zu erreichen“, fasst Ralph O. Harthan, Senior Researcher im Institutsbereich Energie & Klimaschutz beim Öko-Institut, zusammen. Ähnlich bewertet der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) die Erkenntnisse des Berichts. „Der Projektionsbericht ist ein weiterer Beleg für die verfehlte Klima- und Energiepolitik der Bundesregierung. Die bis 2020 auf den Weg gebrachten Maßnahmen reichen bei Weitem nicht aus, um die selbst gesteckten Klimaziele einzuhalten“, sagt BEE-Präsidentin Simone Peter. „Und auch nach der Korrektur des Klimaschutzgesetzes 2021 wurde kein weiteres Maßnahmenpaket beschlossen, um die ambitionierteren Klimaziele zu unterfüttern.“
Alle emissionsmindernden Maßnahmen könnten sofort verstärkt werden: der Kohleausstieg, der CO2-Preis, der Ausbau der erneuerbaren Energien sowie die Wärme- und die Verkehrswende. „Es ist längst keine Frage der technologischen Umsetzung mehr, sondern rein des politischen Willens“, so Peter weiter. „Mit fairen Wettbewerbsbedingungen für Erneuerbare, dem Abbau administrativer Hemmnisse und der Energiewende als Mitmachprojekt kann der Neustart beim Klimaschutz gelingen.“