Eine vermehrte Verwendung von Reststoffen zur Energiegewinnung in Bioenergie- und Energiewendedörfern biete viele Vorteile, heißt es im Leitfaden. „Sie ermöglicht z.B. die Einhaltung des Maisdeckels in Biogasanlagen und dient der Minimierung von Flächenkonkurrenzen um Nahrung, Futter, energetischer und stofflicher Verwertung.“ Zudem biete die Nutzung von Reststoffen Chancen die Substratkosten für Anlagenbetreiber zu reduzieren.
Das Waldrestholz stelle mit 218 Petajoule (PJ) das größte Reststoffpotenzial auf Bundesebene dar. Als weitere größere Potenziale folgt Stroh mit 141 PJ und Gülle/Mist mit 17 PJ. Landschaftspflegeholz und kommunale Siedlungsabfälle sind mit 15 bzw. 4 PJ kleinere Potenziale.
Waldrestholz
Waldrestholz bezeichnet das bei der Durchforstung des Waldes und Ernte von Stammholz anfallende Schwach- und Kronenholz mit einem Durchmesser unter 7 Zentimetern. „Die Nutzungsintensität des Waldes in Hinblick auf Stamm- und Restholz ist gesellschaftlich umstritten“, halten die Autoren fest. Von Naturschutzverbänden werden geringere Nutzungsintensitäten und höhere Anteile an Waldflächen ohne Nutzung gefordert. In der Analyse werden vor diesem Hintergrund zwei Szenarien betrachtet. Die Nutzungsintensität des Holzes beträgt im Naturschutzszenario ca. 78 Mio. m³ und im Holzpräferenzszenario 104,7 Mio. m³ pro Jahr. Im Mittel der Jahre 2002 bis 2012 betrug die Waldholznutzung in Deutschland 62,2 Mio. m³.
Folgt man den beiden Szenarien mit ihren unterschiedlichen Nutzungsintensitäten, würden im Naturschutzszenario bereits 80 Prozent des Potenzials ausgenutzt, während im Holzpräferenzszenario die Holznutzung noch um 68 Prozent gesteigert werden könnte.
Landschaftspflegeholz
Hackschnitzel aus Landschaftspflegeholz können für Hackschnitzelkesselbetreiber eine „kostengünstige oder ggf. auch kostenlose Alternative“ zu Hackschnitzeln aus Waldrest- und Waldschwachholz darstellen, heißt es weiter. Wichtig sei hierbei die Qualität (nicht zu feucht, geringer Rindenanteil und geringe Fremdstoffe). Durch Substratmischung (höhere und geringere Qualitäten) könnten Probleme im Betrieb vermieden werden.
Landschaftspflegegras
Landschaftspflegegras (LPG) aus extensiver Grünlandnutzung ist in seiner Vergärbarkeit und dem Gasertrag ein oft heterogeneres Substrat und die Ertrags- und Gaserwartungen liegen auch meist unter denen von Anbaubiomasse. Teilweise könne dies durch Kosteneinsparungen bei Saatgut, Dünger, Pflanzenschutz kompensiert werden. Zudem könnten ggf. über die Agrarumweltprogramme der Länder Kompensationszahlungen in Anspruch genommen werden, die sich nach Biotoptyp und Ernte-Erschwernis richten, führen die Autoren aus.
Kommunale Bioabfälle
Bei der Nutzung von Bioabfällen in Biogasanlagen müssen die Vorgaben der Bioabfallverordnung (BioAbfV) beachtet werden. Für den Einsatz von Bioabfällen in EEG-Biogasanlagen müssen entsprechende Genehmigungen und Vorgaben beim Substrateinsatz/Substratwechsel beachtet werden. Von den jährlich etwa 2 Mio. Tonnen (Trockenmasse) an Abfällen aus der kommunalen Sammlung wird momentan der größte Teil kompostiert. „Eine Steigerung des Anteils der in BGAs vergoren wird ist jedoch denkbar und möglich.“
Wirtschaftsdünger und Pferdemist
Gülle (Rinder, Schweine) sowie Stallmist aus der Nutztierhaltung sind seit dem Aufkommen der ersten landwirtschaftlichen Biogasanlagen fast immer das Co- oder Hauptsubstrat in der Energiegewinnung. Die Methanausbeuten pro Tonne Frischmasse hängen vom Trockenmassegehalt ab und liegen unter denen von pflanzlicher Biomasse. Gülle liefert die für die bei der Nassfermentation notwendige flüssige Phase für eine bessere Rührbarkeit.
Gegenwärtig befinden sich dem Leitfaden zufolge lediglich 30 Prozent des verfügbaren Wirtschaftsdüngers in der Nutzung zur Energiegewinnung. „Da diese 30 Prozent das leicht erschließbare Potenzial, meist von größeren Betreiben mit mehreren Hundert Tieren, darstellt, werden es zukünftig Kosten-Nutzen-Abwägung oder die neueren Ausgestaltungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) sein, die entscheiden, ob weitere Wirtschaftsdüngermengen in die Nutzung von Biogasanlagen gelangen werden.“
Auch eine stärkere Nutzung von Festmist aus Tierhaltungsbetrieben sollte für eine bessere Ausnutzung der vorhandenen landwirtschaftlichen Wertstoffe vorangetrieben werden. Dass die Festmistnutzung in Biogasanlagen ein gangbarer Weg ist, zeigten Beispiele aus der Praxis.
Stroh (Körnermais, Raps)
Das jährlich in Deutschland anfallende Strohaufkommen von Mais- und Rapsstroh wird mit 4 bzw. 7,5 Mio. Tonnen Frischmasse (FM) angegeben. „Das tatsächlich nutzbare Potenzial von Rapsstroh liegt mit 1,5 Mio. Tonnen Trockenmasse allerdings deutlich darunter“, heißt es. Die räumliche Verfügbarkeit sei deutschlandweit sehr heterogen und hänge von den prägenden landwirtschaftlichen Nutzungsformen ab. Da Stroh ein Substrat mit einem hohen Ligninanteil ist, kann es nicht ohne weiteres in einer Biogasanlage vergoren werden. Zu den bisher erprobten Verfahren für einen besseren Aufschluss von Strohbiomassen zählen biologische (Enzyme, Bakterien), mechanische (Extruder, Häcksler) sowie chemische Verfahren (hydrothermaler Aufschluss). Im Falle von Körnermaisstroh hat eine Co-Silierung mit Zuckerrüben sich als erfolgsversprechend erwiesen.
Prinzipiell spreche aus rechtlicher Sicht nichts gegen die Nutzung von Rest- und Abfallstoffen in Biogasanlagen oder Hackgutkesseln, zudem sei sie politisch gewollt. Wichtige Gesetze, Regularien und Verordnungen, die es bei der Rest- und Abfallstoffnutzung jedoch zu beachten gilt, sind dem Leitfaden zufolge die anlagenspezifisch geltenden Regelungen und Bestimmungen aus den jeweiligen Fassungen des EEG, der BImSchV, oder des Abfallrechts. „Jede Nutzungsänderung (Anlage, Substrat) muss aus rechtlicher Sicht auf Konformität geprüft werden, sonst drohen EEG-Vergütungskürzungen, deren Wegfall oder, im schlimmsten Fall die komplette Stilllegung einer Anlage.“
Rest- und Abfallstoffe seien zwar „als solche zwar meist umsonst zu haben“, aus betrieblicher Sicht sei der Einsatz aber in der Regel nicht kostenneutral. Oft liegen die Reststoffe räumlich verstreut vor und besitzen geringere Energiedichten, „beides verringert jedoch ihre Transportwürdigkeit“. Für Landschaftspflegematerial könnten zudem Ernte- und Bergungskosten anfallen, die „nicht unerheblich sind“. Ausgleichszahlungen, Boni und Prämien können die Nutzung dieser Stoffe in Energiegewinnungsanlagen zwar wirtschaftlich attraktiver machen, „sie geben aber keine Gewähr, dass deren Nutzung rentabler ist, als die Nutzung von Anbau- und Erntebiomassen“.
Für eine erfolgreiche betriebliche Umsetzung, also die Gewinnung von Energie aus Rest- und Abfallstoffen können technische Zubauten oder Anpassungen der Anlage an neue Substrate notwendig werden. Auch eine Anpassung der Fermenterbiologie ist z.B. bei Stroh erforderlich. „Für die Nutzung neuer Substrate müssen zudem neue Beschaffungs- und Zulieferverträge mit neuen Partnern etabliert werden.“ Alle Kosten, die diese Veränderungen oder Umbauten mit sich bringen, müssten im Vorwege sorgfältig erfasst und in einer Wirtschaftlichkeitsberechnung berücksichtigt werden.
Ökologisch betrachtet seien die entsprechenden Bemühungen typischerweise positiv zu bewertet. „Die vermehrte Nutzung von Rest- und Abfallstoffen zur Energiegewinnung ist politisch und gesellschaftlich gewollt und soll längerfristig helfen, auftretende Versorgungslücken bei der Bereitstellung von erneuerbaren Energien aus Biomasse zu schließen.“ Die Reststoffnutzung sei im Sinne der Kreislaufwirtschaft und vermeide eine Deponierung und damit Emissionsfreisetzung hauptsächlich der Gase von Methan und Kohlendioxid. „Die energetische Nutzung dieser Stoffe stellt sowohl aus Sicht des Klima- als auch des Naturschutzes einen Gewinn dar und sollte, sofern wirtschaftlich abbildbar, weiter ausgebaut werden.“