Osterpaket verabschiedet: „Tür Richtung Klimaneutralität einen kleinen Spalt geöffnet“


Der Bundestag hat eine Reihe von Gesetzen im Rahmen des Osterpakets beschlossen, unter anderem die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)

Diese passierte als erstes der vier beratenen Gesetze am Donnerstagvormittag mit 379:281 Stimmen ohne Enthaltungen das Parlament. Vorausgegangen war eine Reihe von Korrekturen am Osterpaket in den Ausschüssen. Unter dem Strich sehen Branchenvertreter Fortschritte in dem, was nun den Bundestag passiert hat. Wirklich zufrieden zeigt sich gerade der Branchendachverband BEE aber nicht. „Das Osterpaket öffnet die Tür Richtung Klimaneutralität einen kleinen Spalt“, sagte Verbandspräsidentin Simone Peter. „Damit Deutschland hindurchschreiten kann, muss aber noch mehr passieren.“ Vor allem das Bioenergiesegment hoffte vergebens auf Verbesserungen im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens. Auch der Geothermie wurden keine neuen Perspektiven eröffnet. 


Der Energieausschuss hatte am Dienstagabend drei Gesetzentwürfe des Osterpakets in geänderter Fassung beschlossen, die am Donnerstagmorgen gemeinsam mit dem vom Umweltausschuss modifizierten Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes abschließend beraten und verabschiedet wurden.


Der Gesetzentwurf der Bundesregierung „zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor“ soll die Klima-, Energie- und Wirtschaftspolitik auf den 1,5-Grad-Klimaschutz-Pfad ausrichten. Angenommen wurden die Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP: Danach wird das Ziel einer klimaneutralen Stromversorgung bis 2035 aufgegeben; die EEG-Umlage nicht nur auf Null gesenkt, sondern dauerhaft abgeschafft, und alle erneuerbaren Energien sollen als im überragenden öffentlichen Interesse stehend gelten – inklusive der Wasserkraft.


Auch zum „Zweiten Gesetzes zur Änderung des Windenergie-auf-See-Gesetzes und anderer Vorschriften“ (20/1634), das unter anderem Ausbauziele für Windenergie auf See festlegt, wurde im Energieausschuss ein Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen angenommen: Er sieht vor, dass auch kleinere Flächen für Anlagen ab 500 MW Leistung ausgeschrieben werden können, Naturschutzflächen erst nach allen anderen in Frage kommenden Flächen ausgeschrieben werden und dass Bieter von außerhalb der EU geprüft und gegebenenfalls ausgeschlossen werden können.


Drittes Element der Beratungen im Energieausschuss, die das Osterpaket betreffen, war der Gesetzentwurf „zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land“ (20/2355), der unter anderem das Ausbauziel von zwei Prozent der Bundesfläche für die Windenergie an Land festschreibt. Mit dem Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) sollen den Ländern verbindliche Flächenziele (sogenannte Flächenbeitragswerte) vorgegeben werden. Der Ausschuss nahm den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen an, der unter anderem vorsieht, das Erreichen der für 2026 angedachten Zwischenziele auf 2027 zu verschieben und Repowering-Maßnahmen am selben Standort zu privilegieren.


BEE: Situation für die Bioenergie bleibt prekär


Der BEE räumt ein, dass der Bundestag den Kabinettsvorschlag an einigen Stellen deutlich verbessert habe. „An anderen Stellen bleibt er jedoch deutlich hinter den Erwartungen der Branche und den Erfordernissen des Klimaschutzes zurück“, sagt Peter. So bleibe etwa die Situation der Bioenergie wie im Kabinettsentwurf „prekär“. Auch die Streichung des 2030- und 2035-Ziels sei ein „fatales Signal an die Branche, den Klimaschutz und den Wirtschaftsstandort“ – und kein gutes Zeichen für den angestrebten Kohleausstieg 2030.


Die damit verbundene Ausgestaltung des Endes der EEG-Förderung sieht der BEE äußerst kritisch. Für die Zeit nach dem Kohleausstieg sollen laut Entwurf keine Ausschreibungsvolumen und Gebotstermine mehr festgelegt werden. Stattdessen soll die Bundesregierung ein alternatives Finanzierungskonzept vorlegen. „In dieser hochsensiblen Phase der Energiewende schafft das große Unsicherheiten für Unternehmen, die sich auf ihre Pläne und Investitionsvorhaben negativ auswirken werden“, bemängelt Peter.


BDEW: „Vorgelegte Regelungen bringen uns einen großen Schritt voran“


BDEW-Chefin Kerstin Andreae zieht ein positiveres Gesamtfazit. „Es ist gut, dass wir mit dem Osterpaket noch vor der Sommerpause einen Tempomacher für den Ausbau der Erneuerbaren bekommen“, sagt Andreae. Das Paket enthalte viele wichtige Weichenstellungen für einen beschleunigten Erneuerbaren-Ausbau, auch wenn es an manchen Stellen noch „deutlich beherzter“ hätte ausfallen können. „In Summe bringen uns die vorgelegten Regelungen aber einen großen Schritt voran. Wichtig ist nun, dass die Vorgaben auch konsequent umgesetzt werden.“


Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) lobt die Verbesserungen gerade bei der Photovoltaik. Auch an anderen Stellen gebe es deutliche Fortschritte. „Doch bei allem Lob: Die nun notwendige Geschwindigkeit beim Erneuerbaren-Ausbau wird so noch nicht erreicht“, sagt Verbandsgeschäftsführer Robert Busch. „Eine echte Zeitenwende wie z.B. bei der Geschwindigkeit und Fokussiertheit beim Bau von LNG Terminals ist hier noch nicht in Sicht.“ Im Bereich der Erneuerbaren blieben viele Beschlüsse noch auf dem Stand vor dem Krieg und bildeten lediglich den Koalitionsvertrag ab.


bne: Streichung des CO2-Neutralitätsziel bis 2035 „mindestens überraschend“


Die Streichung der Treibhausgasneutralität des Stromsektors bis 2035 bezeichnet der bne als „erstaunlich“. „Das ist mindestens überraschend, wenn man bedenkt, dass die Bundesregierung sich jüngst auf dem G7-Treffen bereits auf das Jahr 2035 als Zieljahr der Dekarbonisierung international verpflichtet hat.“ Für den bne bleibe zudem „unverständlich, dass die Chance verpasst wurde, die Subventionierung von Erdgas-KWK zu beenden“. Die weitere Förderung des Erdgas-Verbrauchs widerspreche allen Bemühungen zur Gas-Einsparung angesichts drohender Knappheiten.


Auch der VKU bemängelt, dass die KWKG-Reform „weit hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt“, wenngleich der Stadtwerkeverband andere Beweggründe als der bne hat. Die Reform sorge vor allem für praxisferne Anforderungen an neue KWK-Anlagen. „Dabei sollte sie vielmehr den Weg für den Einsatz von Wasserstoff und Biomethan in KWK-Anlagen ebenen. Wir brauchen dringend Anreize für den Bau neuer KWK-Anlagen, die den Ausbau der Erneuerbaren Energien flankieren, entscheidend zur Versorgungsicherheit beitragen und die Dekarbonisierung der Wärmenetze vorantreiben.“


„Nach dem Osterpaket ist also vor dem Sommerpaket“, fasst bne-Geschäftsführer Busch die Verbandsperspektive auf das Gesetzespaket zusammen. „Im Entschließungsantrag sind bereits wichtige Folge-Aufgaben benannt. So sollen die Verzerrungen im Steuerrecht bei Solarparks beseitigt werden, um Hofübergaben zu erleichtern, etwa bei der Erbschaftssteuer.“ Positiv sei auch, dass im Entschließungsantrag Verbesserungen bei Quartierslösungen angestoßen werden.