Der Bundesrat hat sich in einer Stellungnahme dafür ausgesprochen, die Koppelung der Förderung von Wasserkraft an den Nachweis, dass die Wasserkraftnutzung den Anforderungen des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) entspricht, aus dem EEG-Entwurf zu streichen. Die Bundesregierung winkt ab: Die Vorgaben des Wasserrechts reichten – gerade auch mit Blick auf die Anreizwirkung des EEG – allein nicht aus. Derweil wenden sich der Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke (BDW) und der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) in einem offenen an Robert Habeck (Grüne). Sie appellieren an den Bundeswirtschaftsminister, die Änderungsvorschläge für Wasserkraftanlagen bis 500 Kilowatt Leistung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2023 rückgängig zu machen.
Die vom Bundesrat beanstandete Regelung führt nach Auffassung der Länderkammer zu einer schwer vollziehbaren Verknüpfung von Förderrecht nach dem EEG und dem Wasserrecht nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Zudem verursache die Regelung auch wegen unbestimmter Rechtsbegriffe – die Förderung entfällt nach dem Entwurf, wenn die Anforderungen des WHG „in nicht unerheblichem Umfang nicht eigehalten werden“ – eine unzumutbare wirtschaftliche Unsicherheit für den Anlagenbetreiber, Verzögerungen beim Anlagenbetrieb sowie erheblichen bürokratischen Aufwand. Für wasserrechtlich zugelassene Ertüchtigungsmaßnahmen werde die Einhaltung der Anforderungen nach den Paragraphen 33 bis 35 WHG zur Mindestwasserführung, Durchgängigkeit oberirdischer Gewässer und Wasserkraftnutzung ohnehin bereits im Rahmen des wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens geprüft, heißt es in der Stellungnahme des Bundesrates.
Tatsächliche Einhaltung der Anforderungen soll gestärkt werden
Die Bundesregierung widerspricht: Die Knüpfung der EEG-Förderung an die Einhaltung der wasserrechtlichen Anforderungen nach den Paragraphen 33 bis 35 WHG diene dazu, künftig bei Neuanlagen und bei neuen Leistungserhöhungen von Bestandsanlagen stärker darauf hinzuwirken, dass diese Anforderungen auch tatsächlich eingehalten werden, schreibt die Regierung in ihrer Gegenäußerung. Die Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes und der Landeswassergesetze seien – gerade auch mit Blick auf die Anreizwirkung des EEG – allein nicht ausreichend.
Nach vorliegenden Daten der Länder im Rahmen der Bewirtschaftungsplanung würden die verbindlichen Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) zur Erreichung des guten ökologischen Zustands an Fließgewässerstrecken mit Wasserkraftnutzung häufig nicht eingehalten. Von Seiten der Länder sei darüber hinaus berichtet worden, dass derzeit auch die Bereitschaft von Betreibern, mit den Wasserbehörden bei der Einhaltung der gewässerökologischen Anforderungen zusammenzuarbeiten, oftmals verbesserungsbedürftig sei, so die Bundesregierung.
Anreize für die Betreiber, selbst aktiv zu werden
Vor diesem Hintergrund setze die Knüpfung der EEG-Förderung an die Einhaltung der wasserrechtlichen Anforderungen Anreize für die Betreiber von Wasserkraftanlagen, selbst aktiv dafür zu sorgen, dass diese Anforderungen tatsächlich eingehalten werden. Zugleich erleichtere sie der zuständigen Behörde, die Einhaltung dieser Anforderungen durchzusetzen. Im Übrigen gelte die Neuregelung im EEG zur Einhaltung der wasserrechtlichen Anforderungen nur für Anlagen, die eine Vergütung nach dem EEG 2023 beanspruchen werden, jedoch nicht für die zahlenmäßig deutlich überwiegenden Bestandsanlagen, deren Vergütung sich nach früheren Fassungen des EEG richtet, heißt es in der Gegenäußerung.
Auch dem Vorschlag des Bundesrates, die Degression bei Wasserkraftanlagen zu streichen, stimmt die Bundesregierung nicht zu. Die Vergütung bei Wasserkraft werde nur um 0,5 Prozent pro Jahr abgesenkt; damit werde auch ein Anreiz gesetzt, Projekte möglichst zügig umzusetzen, so die Bundesregierung. Der Bundesrat hat argumentiert, eine Beibehaltung der Degression bei Wasserkraftanlagen würde deren bereits kritische Wirtschaftlichkeit noch weiter verschlechtern. Eine Degression erscheine nicht sachgemäß, denn die Wasserkrafttechnologie sei schon seit langem etabliert und entsprechend technisch ausgereift. Mit einem Wirkungsgrad von rund 85 bis 90 Prozent gehöre die Wasserkraft bereits heute zu der effizientesten Form der Stromgewinnung, heißt es in der Stellungnahme des Bundesrates.
Wasserkraftbranche warnt vor „existenzvernichtendem Rückbau”
BDW und BEE warnen bei Umsetzung des Gesetzentwurfs vor einem „existenzvernichtenden Rückbau“ von rund 90 Prozent der etwa 7.300 Wasserkraftanlagen in Deutschland. Um das durch Studien belegte Potenzial der Wasserkraft für die Energiewende und den Klimaschutz auszuschöpfen, sollten vielmehr die Rahmenbedingungen für die Anlagen verbessert werden.
Die „kleine“ Wasserkraft sei eine „wesentliche und stabilisierende Komponente im deutschen Energieversorgungssystem“. Sie gewährleiste eine „verlässliche, flexibel regelbare und versorgungssichere“ Erzeugung von rund 3 TWh Strom pro Jahr. Die Anlagen vermieden jährlich rund 3 Mio. Tonnen Treibhausgasemissionen sowie Umweltkosten von mehr als 580 Mio. €, rechnen die Verbände vor. „Das ist angesichts der Kostenkrise fossiler Energieträger und der Klimakrise ein signifikanter Beitrag, auf den wir nicht verzichten können“, betont BDW-Präsident Hans-Peter Lang.
Die netzdienlichen Eigenschaften der Wasserkraft vermieden zudem Netzausbaukosten von rund einer Mrd. €. „Sie werden als Basis für die Integration des Ausbaus der fluktuierenden Wind- und Solarenergie in ein künftig auf 100 Prozent Erneuerbaren basierendes Energiesystem dringend benötigt“, verweist der BEE auf die Studie „Klimaneutrales Stromsystem“, die der Dachverband der Erneuerbaren-Branche zusammen mit zwei Fraunhofer Instituten vorgelegt hat. „Ein dezentrales Backup aus heimischen Erneuerbaren-Anlagen kommt uns betriebs- und volkswirtschaftlich günstiger zu stehen, ist klimafreundlich und versorgungssicher. Das wollen wir in der Plattform ‚Klimaneutrales Stromsystem‘ zeigen“, sagt BEE-Präsidentin Simone Peter.
Auch die Branche sieht durch die strengen Anforderungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) „sichergestellt“, dass die Anlagen gewässerökologisch verträglich sind. „Technologien für einen funktionierenden Fischschutz, Fischauf- und -abstieg werden seit vielen Jahren mit Erfolg in der Praxis eingesetzt.“ Dass die Wasserkraft nicht für den häufig schlechten ökologischen Zustand der Fließgewässer verantwortlich sein könne, belege die Tatsache, dass nur an rund fünf Prozent der mehr als 200.000 Querbauwerke in Deutschland Wasserkraftanlagen betrieben werden. „Die Betreiber tragen vielmehr dazu bei, den Gewässerzustand zu verbessern, indem sie zum Beispiel Müll entnehmen und entsorgen“, sagt Helge Beyer, Geschäftsführer des BDW.
Die aktuellen klima- und energiepolitischen, aber auch geopolitischen Herausforderungen erlaubten keinen Rückbau einer gesamten Erneuerbaren Branche, so das Fazit der Verbände in dem offenen Brief. Die Wasserkraft brauche „Unterstützung statt Abschaffung“.