Lieferkettenprobleme und Cyber-Vorfall: Nordex kassiert Prognose für laufendes Jahr


Der Windkraftanlagen-Hersteller Nordex hat eine Gewinnwarnung veröffentlicht. Das Unternehmen erwartet nun einen Konzernumsatz von 5,2 bis 5,7 Mrd. € und eine operative Marge (Ebitda-Marge) von minus 4 bis 0 Prozent. Zuvor hatte das Hamburger Unternehmen 5,4 bis 6,0 Mrd. € Umsatz und eine Marge zwischen 1,0 und 3,5 Prozent erwartet. Die aktualisierte Prognose berücksichtige direkte und indirekte Effekte, mit denen aus heutiger Sicht aufgrund des Kriegs in der Ukraine gerechnet wird, sowie Einmalaufwendungen für die Umstrukturierung der Produktion. „Beide Aspekte konnten mangels ausreichender Vorhersehbarkeit in der Ende März veröffentlichten Prognose noch nicht berücksichtigt werden“, heißt es bei Nordex.


Die direkten Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine auf das Geschäft der Nordex Group könnten nun genauer abgeschätzt werden. Das Unternehmen erwartet, in der Ukraine Umsätze von rund 200 Mio. € mit den entsprechenden Margen zu verlieren. Daneben sei mit weiteren Abschreibungen auf das Working Capital infolge gestoppter oder nicht mehr durchgeführter Projekte zu rechnen. Die unmittelbaren Auswirkungen hieraus könnten sich auf bis zu einem Prozentpunkt der Ebitda-Marge im Geschäftsjahr 2022 belaufen.


„Hohe Volatilität und anhaltende Störungen in Lieferkette und Logistik“


Weiterhin hohe Volatilität und anhaltende Störungen in der Lieferkette und Logistik, insbesondere bei Seefrachtbuchungen, sowie erhebliche Engpässe bei Stahl und anderen kritischen Komponenten belasteten laufende Projekte erheblich, zum Teil als indirekte Konsequenzen des militärischen Konflikts. „Umfang und Ausmaß solcher Auswirkungen sind schwierig abzuschätzen und noch schwerer vorherzusagen“, betont Nordex. Dennoch erwartet das Unternehmen, dass die Faktoren insgesamt einen negativen Einfluss auf die Ebitda-Marge im Jahr 2022 von rund 2,0 bis 2,5 Prozentpunkten haben werden.


Die von dem Unternehmen angekündigte Anpassung des Fertigungsnetzwerks nehme zunehmend Gestalt an – so ist die Schließung einer spanischen Produktionsstätte für die Montage von Maschinenhäusern nun abgeschlossen „und die Verhandlungen über die Beendigung der Produktion von Rotorblättern in Deutschland sind weit fortgeschritten“. Die Nordex Group erwartet, dass Einmalaufwendungen in diesem Zusammenhang die Ebitda-Marge um bis zu 1,5 Prozentpunkte reduzieren werden. Diese Auswirkung auf die Ebitda-Marge solle in den nächsten zwei bis drei Jahren durch Einsparungen in der Produktion kompensiert werden.


Der gesamte Sektor „und speziell die Nordex Group“ seien zusätzlich von zwei weiteren Entwicklungen beeinflusst, die die ursprünglich erwarteten Margen in diesem Jahr weiter verschlechtern. Zum einen wirke sich der Lockdown in Shanghai und anderen Provinzen in China erschwerend auf bereits bestehende Lieferkettenstörungen und die zunehmenden Probleme bei der Verfügbarkeit von Komponenten aus, die bereits die europäischen Produktionsstätten sowie Projekte weltweit beeinträchtigen.


Zum anderen hat der Cyber-Vorfall Ende März 2022, der das Unternehmen zwang, verschiedene IT-Systeme in unterschiedlichen Geschäftsbereichen als Vorsichtsmaßnahme herunterzufahren, das operative Geschäft beeinträchtigt. „Obgleich es keine Anzeichen dafür gibt, dass Windparks und Systeme Dritter betroffen sind, musste die Corporate IT-Infrastruktur des Unternehmens wieder hergestellt werden“, berichtet Nordex. Die daraus resultierenden Verzögerungen und Folgekosten kämen zu den direkten Kosten hinzu, die in Verbindung mit der Wiederherstellung und den Maßnahmen zur Stärkung der IT-Infrastruktur der Nordex Group anfallen. Der Vorstand erwartet aus heutiger Sicht, dass die Verzögerungen in der Lieferkette und der Cyber-Vorfall sich mit bis zu 1,0 Prozentpunkt auf die Ebitda-Marge im Jahr 2022 auswirken.


„Müssen davon ausgehen, dass uns einige dieser Effekte bis in das kommende Jahr begleiten werden“


„Aufgrund dieser zahlreichen und unerwarteten Turbulenzen wird das Geschäftsjahr 2022 schwieriger werden als wir ursprünglich angenommen haben“, sagt José Luis Blanco, CEO der Nordex Group. Die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine und des Lockdowns in China auf die globale Wirtschaft und die Lieferketten beeinträchtigten die Windindustrie und lasteten auf der Entwicklung des Konzernumsatzes und der Marge. „Wir müssen davon ausgehen, dass uns einige dieser Effekte bis in das kommende Jahr begleiten werden.“ Mittelfristig gehe man aber weiterhin davon aus, dass sich das weltweite Momentum für die erneuerbaren Energien durch die immer ehrgeizigeren Ziele zur Bekämpfung des Klimawandels verstärken und damit auch zu einem signifikanten Ausbau der Windkraft an Land führen werde.