Zum Kündigungsschutz von angestellten Werkleitern

Kündigungsschutz angestellter Werkleiter: Folgerungen aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts

Autor: Dr. Thomas Rätz, GStB
Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist der Kündigungsschutz für angestellte Werkleiter und Werkleiterinnen teilweise eingeschränkt. Da Werkleitern wegen ihrer gesetzlichen Vertretungsbefugnis eine Organstellung zukomme, müsse eine ordentliche Kündigung nicht auf ihre soziale Rechtfertigung hin überprüft werden.
Nachfolgend wird erläutert, in welchen Fällen dieses Urteil zum Tragen kommt und es werden Empfehlungen zur weiteren Vorgehensweise gegeben.
Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 17.01.2002 (Az.: 2 AZR 719/00) gilt § 14 Abs. 1 Nr. 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) für angestellte Werkleiter und Werkleiterinnen wegen ihrer Organstellung als gesetzliche Vertreter nicht. In der Folge ist eine (ordentliche) Kündigung nicht nach § 1 KSchG auf ihre soziale Rechtfertigung hin zu überprüfen (vgl. Anlage).

Für die Praxis ergeben sich daraus eine Reihe von Fragen, insbesondere die, in welchem Verhältnis dieses Urteil zu den Bestimmungen des BAT steht.

Grundsätzlich ist dazu zunächst folgendes festzustellen:

  • Die Geltung der Regelungen des BAT zum Kündigungsschutz bleibt durch das KSchG und das Urteil des BAG unberührt. Das Urteil des BAG geht auf die Frage eines etwaigen Kündigungsschutzes nach BAT überhaupt nicht ein.

  • Im Übrigen regelt das KSchG nur die ordentliche Kündigung. Auf eine außerordentliche Kündigung findet das KSchG ohnehin keine Anwendung. Für eine außerordentliche Kündigung gelten allein die Regelungen des BAT bzw. die allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen.

  • Unabhängig von der Organstellung des Werkleiters kann der BAT durchaus rechtmäßige Grundlage für seinen Arbeitsvertrag sein. Der § 3 BAT lässt u.a. für Werkleiter ausdrücklich abweichende Arbeitsverträge zu. Dessen ungeachtet sind Abweichungen vom BAT zugunsten des Arbeitsnehmers (z.B. Verlängerung von Kündigungsfristen) ohnehin zulässig. Die vertraglichen Bestimmungen gehen insoweit den tariflichen vor.


In der Praxis hat das o.g. BAG-Urteil somit in folgenden Fällen keine Bedeutung, weil das KSchG überhaupt nicht zur Anwendung kommt:

  1. Für Werkleiter, die einen Arbeitsvertrag nach BAT haben (BAT-WL), und die mehr als 15 Jahre Betriebszugehörigkeit aufweisen oder älter als 40 Jahre sind, ist die ordentliche Kündigung gemäß BAT ausgeschlossen.

  2. In jeglichen Fällen einer außerordentlichen Kündigung, unabhängig davon, ob BAT-WL oder nicht.


In folgenden Fällen dagegen ist das o.g. BAG-Urteil maßgeblich:

  1. Bei einer ordentlichen Kündigung eines BAT-WL, der weniger als 15 Jahre Betriebszugehörigkeit aufweist und/oder jünger als 40 Jahre ist.

  2. Bei ordentlicher Kündigung eines WL, der kein BAT-WL ist.


Nur in den Fällen 3. und 4. muss nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG die Kündigung wegen der Organstellung des Werkleiters nicht auf ihre soziale Rechtfertigung hin überprüft werden.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass auch bei Nichtanwendbarkeit des KSchG für die ordentliche Kündigung selbstverständlich die allgemeinen Rechtsgrundsätze wie Treu und Glauben oder das Schikaneverbot gelten.

Empfehlungen für bereits angestellte Werkleiter:

Ziel der Bemühungen des GStB bzw. des Fachbeirats ist es, den bisherigen (nunmehr vermeintlichen) kündigungsschutzrechtlichen Status angestellter Werkleiter auch in der Zukunft sicherzustellen. Das kann insbesondere durch Anpassungen des bestehenden Arbeitsvertrags erreicht werden. Folgende Anpassungen dürften in der Praxis in Betracht kommen:

  1. Die nachträgliche Vereinbarung von gegenüber dem BAT verlängerten Kündigungsfristen in Anlehnung an solche, die bei sog. Geschäftsführerverträgen üblich sind.

  2. Die nachträgliche Vereinbarung, dass im Falle der ordentlichen Kündigung die Regelung des § 14 Abs. 1 KSchG ausdrücklich gilt und analog anzuwenden ist.


In allen Fällen hat der WL allerdings keinen Rechtsanspruch auf derartige Anpassungen.

Der Gemeinde- und Städtebund empfiehlt die Anpassung nach Nr. 2, Vereinbarung der Geltung des § 14 Abs. 1 KSchG für den Werkleiter/die Werkleiterin.

Im Falle von Neueinstellungen angestellter Werkleiter besteht über die o.g. Ansätze hinaus selstverständlich auch die Möglichkeit, weitergehende Vereinbarungen zu treffen, beispielsweise durch Übernahme von Vertragselementen, wie sie üblicherweise in sog. Geschäftsführerverträgen vorhanden sind.


Anlage


Urteil Bundesarbeitsgerichtes vom 17.01.2002 (Az.: 2 AZR 719/00);
Rundschreiben des Kommunalen Arbeitgeberverbands Rheinland-Pfalz Nr. 14, 12.06.2002

Organstellung eines Werkleiters

Die gesetzlichen Regelungen des allgemeinen Kündigungsschutzes gelten nicht in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG).

Das BAG hat mit Urteil vom 17. 1. 2002 - 2 AZR 719/00 - auf der Grundlage der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (BayGO) entschieden, der Werkleiter einer als Eigenbetrieb der beklagten Stadt geführten Stadtwerke sei Organ im Sinne der genannten gesetzlichen Bestimmung, so dass die ihm gegenüber erklärte Kündigung nicht nach § 1 KSchG auf ihre soziale Rechtfertigung hin zu überprüfen sei.

Nach Art. 95 Abs. 2 BayGO führt die Werkleitung die laufenden Geschäfte des Eigenbetriebs. Sie ist insoweit zur Vertretung nach außen befugt; der Gemeinderat kann ihr mit Zustimmung des Ersten Bürgermeisters weitere Vertretungsbefugnisse übertragen. Das BAG hat hieraus gefolgert, der Kläger genieße keinen Kündigungsschutz, da er die Gemeinde kraft Gesetzes in den laufenden Geschäften vertritt. Dies gelte selbst dann, wenn die gesetzliche Vertretungsbefugnis im Innenverhältnis starken Einschränkungen unterliege und das zugrunde liegende Anstellungsverhältnis als Arbeitsvertrag zu bewerten sei.

Dem Ausschluss des allgemeinen Kündigungsschutzes nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG steht nicht entgegen, dass der Werkleiter des Eigenbetriebs nicht für die Gemeindeangelegenheiten insgesamt, sondern nur beschränkt auf den Eigenbetrieb gesetzliche Vertretungsmacht besitzt. Das Gesetz stellt insoweit - so das BAG - nur auf die Organstellung und die gesetzliche Vertretungsmacht ab, nicht auf ihren Umfang. § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG beziehe sich ausdrücklich auf den Betrieb, nicht auf die juristische Person insgesamt. Eine Allzuständigkeit setze diese Vorschrift nicht voraus. Dementsprechend werde auch der besondere Vertreter eines rechtsfähigen Vereins nach § 30 BGB als Organ im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG angesehen.

Diese Rechtsprechung ist auch für unsere Mitglieder von Bedeutung. Nach § 5 der Eigenbetriebs- und Anstaltsverordnung (EigAnVO) vom 5. Oktober 1999 vertritt die Werkleitung den Eigenbetrieb der Gemeinde im Rechtsverkehr. Damit hat die Werkleitung auch in Rheinland-Pfalz eine organschaftliche Stellung, die dazu führt, dass die §§ 1 ff. KSchG auf diesen Personenkreis nicht anwendbar sind.


* * * * * *

Den Volltext des Urteils finden Sie auf den Internetseiten des Bundesarbeitsgerichts


http://www.bundesarbeitsgericht.de/

Auswahl: Entscheidungen


Quelle: GStB-Nachrichten Nr. 0101 vom 10.02.2003, Az.: 023-55