Unfallverursacher muss Wasserbehörde Kosten für Einsatz erstatten


Bei einem Unfall mit dem PKW, dessen Halter die GmbH ist, war ein entgegen kommender PKW in den Straßengraben geschleudert worden, so das Gericht zum Hintergrund. Im Graben fanden sich an einer Stelle feine Ölschlieren; der Kraftstofftank und der Motorraum des Unfallwagens waren nicht beschädigt. Von Maßnahmen zur Gewässerreinigung war abgesehen worden.

Im Januar 2013 setzte der Kreis als untere Wasserbehörde gegenüber der Haftpflichtversicherung für die GmbH den Betrag von 369,60 Euro als zu erstattende Kosten fest. Wegen einer nicht auszuschließenden Gefährdung der umliegenden Gewässer und des Grundwassers durch auslaufendes Öl oder andere Betriebsstoffe sei eine Überprüfung vor Ort unumgänglich gewesen. Die Kosten für den Einsatz seien aufgrund der Allgemeinen Gebührenordnung (AllGO) und dem Bundesreisekostengesetz (BRKG) beziffert worden. Die GmbH sei Adressatin des Bescheides, weil einer ihrer Mitarbeiter bei der Verrichtung einer Aufgabe für die GmbH den Unfall verursacht habe, führte  der Kreis an.

Das Unternehmen erhob dagegen Ende 2013 Klage. Sie habe weder ein Gewässer unbefugt benutzt noch sonst Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Bewirtschaftung der Gewässer und der hierzu erlassenen Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes verletzt, argumentierte die GmbH. Daher habe die Wasserbehörde keinen Anspruch auf Kostenerstattung. Dies gelte auch für den Fall, dass der Kreis besonderes Personal für die verwaltungsmäßige Bearbeitung von Schadensfällen einsetze.

Die Wasserbehörde  entgegnete, die GmbH sei dazu verpflichtet, Kosten für Maßnahmen der Wasserbehörde zur Gefahrerforschung, zur Ermittlung der Ursache und des Ausmaßes der Gefahr und des Verursachers sowie der Beseitigung der Gefahr zu erstatten. Betriebsstoffe eines PKW zählten zu den wassergefährdenden Stoffen. Da der Unfall durch den Fahrer eines PKW des Unternehmens verursacht worden sei, habe dieses die Kosten zu tragen, die im Rahmen der Gefahrenabwehr entstanden seien. Dabei komme es nicht darauf an, ob tatsächlich eine Verletzung wasserrechtlicher Vorschriften erfolgt sei. Entscheidend sei allein, ob eine Gefahr vorgelegen habe. Eine solche habe bei dem Unfall vorgelegen.

Das Verwaltungsgericht Stade ist der Argumentation des Unternehmens nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Es habe sich um einen besonderen Eilfall gehandelt, in dem Zwangsmittel ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden können, führt das Gericht aus. Voraussetzung der Heranziehung zu den Kosten für Gefahrenabwehrmaßnahmen sei, dass die Maßnahmen der Wasserbehörde Teil einer rechtmäßigen Ersatzvornahme waren, heißt es in dem Urteil. In Betracht komme hier nur eine Ersatzvornahme im Wege des Sofortvollzugs nach dem Niedersächsischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (SOG). Danach könnten Zwangsmittel ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr erforderlich ist. Ein Tätigwerden auf dieser Grundlage komme aufgrund der besonders schwer wiegenden Form dieses behördlichen Eingriffs nur in besonderen Eilfällen und jeweils nur in letzter Linie in Betracht, nachdem alle anderen Möglichkeiten der Gefahrenabwehr sorgfältig geprüft worden sind. Ein solcher Fall lag hier dem Verwaltungsgericht zufolge vor.

Auch habe der beklagte Kreis als untere Wasserbehörde innerhalb seiner Befugnisse gehandelt, heißt es in dem Urteil weiter. Für Maßnahmen der Gefahrenabwehr sei er im Rahmen der Gewässeraufsicht zuständig, und aufgrund des Unfalls sei er zum Einschreiten berechtigt gewesen. Nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) ordne die zuständige Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden. In dem Fall habe eine konkrete Beeinträchtigung des Wasserhaushalts durch den Austritt wassergefährdender Stoffe wie Öl und Benzin aus dem Fahrzeug gedroht, das bei dem Verkehrsunfall in den Graben geschleudert worden war. Dem Einsatzbericht zufolge sei es bereits zu einem Ölaustritt gekommen. Zudem habe es sich bei dem Einsatz des Kreises an der Unfallstelle um eine notwendige Maßnahme gehandelt, bei der keine Ermessensfehler zu erkennen seien und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt worden sei.

Konkret waren die ergriffenen Maßnahmen dem Gericht zufolge notwendig gewesen, um den Umfang der Gefahr abzuschätzen und über weitere Maßnahmen entscheiden zu können. Dass der Kreis dann aufgrund der geringen Verschmutzung des Gewässers keine weiteren Maßnahmen ergriffen habe, sei nicht zu beanstanden.

Die Kostenpflichtigkeit des Unternehmens ergibt sich dem Urteil zufolge wiederum daraus, dass eine unmittelbare Gefahr für ein Gewässer durch den Austritt wassergefährdender Stoffe konkret bestanden habe und das Unternehmen für diese Gefahr nach dem SOG verantwortlich war. Dass letztlich keine weiteren Maßnahmen zur Beseitigung ergriffen worden seien, weil eine Gewässerverschmutzung nur in ganz geringem Umfang festgestellt werden konnte, führe nicht dazu, dass das Unternehmen keine Kosten zu tragen habe. Vielmehr lasse dieses Vorgehen erkennen, dass der Kreis sein ihm nach dem WHG zustehende Ermessen pflichtgemäß ausgeübt habe. Selbst in Fällen des sogenannten Gefahren- oder Störerverdachts, in denen ohne weitere Ermittlung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Gefahr bzw. deren Verursacher angenommen werden könne, müsse derjenige, der den Verdacht der Gefahr oder seiner Verantwortlichkeit zurechenbar verursacht hat, die Kosten für die ergriffenen Maßnahmen tragen, führt das Gericht aus. Erst Recht könne ein feststehender Verantwortlicher zu Kosten für einen Einsatz herangezogen, wenn dieser ergibt, dass wegen Geringfügigkeit weitere Maßnahmen zur Gefahren- bzw. Störungsbeseitigung nicht erforderlich seien.