Ufermauer dient grundsätzlich auch wasserwirtschaftlichen Zielen


In dem Fall forderte ein Grundstückseigentümer, eine Ordnungsverfügung aufzuheben, mit der er zur Sanierung einer teilweise eingestürzten Ufermauer herangezogen worden war. Sein mit einem mehrgeschossigen Wohnhaus bebautes Anwesen liegt an dem durch die Stadtmitte führenden Bach. Am 30. August 2010 stürzte die unmittelbar an dem Bach gelegene circa 3,70 Meter hohe und circa 50 Zentimeter breite Ufermauer auf einer Länge von rund vier Metern ein. Mit einer Ordnungsverfügung gab die zuständige Behörde dem Eigentümer zunächst auf, die Ufermauer standsicher wiederherzustellen, änderte diese Ordnungsverfügung nach einem Ortstermin im September 2010 aber dahingehend ab, dass von dem Eigentümer verlangt wurde, bis zum 24. September 2010 den Abriss der Ufermauer bis auf eine Höhe von 1,50 Meter über der Gewässersohle zu veranlassen. Zur Begründung führte die Behörde aus, dass die Ufermauer nicht mehr durch Verankerungsmaßnahmen zu retten und daher der Abriss zur Beseitigung der Gefahrenlage unvermeidbar sei.

Der Eigentümer klagte dagegen mit der Begründung, er sei nicht – nach dem Landeswassergesetz NRW – verantwortlich für die Sanierung der Ufermauer. Nach dem Paragraphen 94 des Landeswassergesetzes Nordrhein-Westfalen (LWG NRW) sind Anlagen in und an fließenden Gewässern von ihrem Eigentümer so zu erhalten, dass der ordnungsmäßige Zustand des Gewässers nicht beeinträchtigt wird. Die Ufermauer verfolge aber ausschließlich wasserwirtschaftliche Zwecke und habe bei der Errichtung des Mehrfamilienhauses auf seinem Grundstück keine Bedeutung erlangt, argumentierte der Eigentümer. Die Ufermauer sei Teil eines Kanals, der die Aufgabe habe, dass Wasser des Baches möglichst schnell abzuleiten. Der Bach mit Natursteinpflaster im Sohlgerinne und den beidseitigen Ufermauern bilde eine Gesamtheit und sei daher von der Gemeinde zu unterhalten. Die zuständige Behörde vertrat demgegenüber die Auffassung, die Ufermauern verfolgten keinerlei wasserwirtschaftlichen Zweck, sondern dienten ausschließlich der besseren baulichen Ausnutzung der Anliegergrundstücke.

Das Verwaltungsgericht Aachen gab der Anfechtungsklage des Klägers gegen die Anordnung, dass er die Ufermauer wieder herzustellen habe, statt. Die Ufermauer sei keine Anlage im Sinne des § 94 LWG. Es stehe nicht fest, dass sie ausschließlich im Interesse des Eigentümers in besonderer Weise ausgeführt worden sei. Ein wasserwirtschaftlicher Zweck der Ufermauer sei nicht auszuschließen. Die Mauer diene dem ordnungsgemäßen Wasserabfluss in der Tallage und der Gewässerführung. Zudem trage sie zum Hochwasserschutz bei, hieß es in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen. Würde die Unterhaltspflicht in Konfliktfällen den Eigentümern der Ufermauern allein aufgebürdet, würde dies die Gewässerunterhaltungspflichtigen von ihrer gesetzlichen Unterhaltungspflicht des Ufers ohne zureichenden Grund vollkommen freistellen, heißt es in dem Urteil.

Dem OVG zufolge setzte die Behörde dem nichts entgegen, was einen Zulassungsgrund ergebe. Es sei nicht zweifelhaft, dass eine Ufermauer auch wasserwirtschaftlichen Zielen dienen könne, heißt es in dem Beschluss. Eine solche Mauer begrenze das Gewässer seitlich und beeinflusse so seine Lage sowie sein Abflussverhalten. Die technische Umgestaltung des Ufers durch die Errichtung einer Mauer wirke unter anderem Veränderungen des Ufers entgegen, die durch die Strömung des Wassers, vor allem bei höheren Wasserständen und größerer Fließgeschwindigkeit, ausgelöst werden und dem Abfluss des Wassers innerhalb des Gewässerbetts hinderlich sein könnten. Das berühre Gesichtspunkte der Gewässereigenschaften und der Bewirtschaftung der Gewässer. In der Vergangenheit vorgenommene Regulierungen von ursprünglich natürlichen Gewässern würden als Ausgangstatsache für die Bewirtschaftung der Gewässer zugrunde gelegt, heißt es in dem Beschluss.

Es stehe außer Frage, dass die Ufermauer für das Grundstück des Klägers nützlich sei. Das reiche aber nicht aus, um potentielle wasserwirtschaftlichen Ziele der Ufermauer auszuschließen. Warum der erstrebte Nutzen der Ufermauer, die zusammen mit angrenzenden und gegenüberliegenden Mauern das Fließgewässer auf einer längeren Strecke innerhalb der Ortslage beiderseits trogartig einfasst, wie von der Behörde vorgebracht dem Erkenntnishorizont der vielfach mit wasserrechtlichen Streitigkeiten befassten Kammer des Verwaltungsgerichts entzogen sein solle, erschließe sich nicht, heißt es in dem Beschluss des OVG weiter. Selbst für einen Laien sei offensichtlich, dass die Mauern als Befestigung der Ufer, die die Ortslage durchfließt und von Hochwasserereignissen mit beträchtlichen Wassermassen betroffen sein kann, Beschädigungen des Ufers durch Einwirkungen des Wassers entgegenwirke und zur Regulierung des Gewässers beitrage.

Das Argument der Behörde, dass eine Ufermauer nicht notwendig sei, um einen ordnungsgemäßen Abflusses des Wassers zu gewährleisten, mag ein Indiz dafür sein, dass aktuell kein wasserwirtschaftliches Erfordernis für die Errichtung der Ufermauer bestehe, heißt es in dem Beschluss weiter. Das rechtfertige aber nicht die Annahme, die Ufermauer sei nicht zu dem Zweck errichtet worden, unter anderem den Wasserabfluss zu lenken.

Denn die gegenwärtige Situation gebe keinen Aufschluss über die geplante Funktion der Mauer zu dem Zeitpunkt, an dem die Ufermauer errichtet wurde. Zudem sei eine geneigte Böschung, wie sie als alternative Methode zur Gestaltung des Ufers erwogen und für wasserwirtschaftlich ausreichend gehalten worden sei, in der Örtlichkeit wegen der Bebauung des Grundstücks nicht realisierbar. Abgesehen davon, dass die Anordnung der Behörde, die Ufermauer wiederherzustellen, angesichts der von ihr in Anspruch genommenen Verpflichtungen aus § 94 LWG darauf hindeute, dass die Ufermauer aus ihrer Sicht für den ordnungsgemäßen Zustand des Gewässers erforderlich ist, gehöre es zur Wahrnehmung wasserwirtschaftlicher Aufgaben, Rücksicht auf benachbarte und potentiell von schädigenden Einwirkungen des Gewässers betroffene Grundstücke zu nehmen.

Zum anderen sei kein plausibler Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass es ausgeschlossen ist, dass die Ufermauer unabhängig von vermeintlichen oder tatsächlichen Notwendigkeiten aus Gründen der wasserwirtschaftlichen Zweckmäßigkeit errichtet worden ist, um im Zusammenwirken mit den anderen Mauern an der deren Lauf in der Ortslage sowie die Uferlinie baulich gegenüber der Kraft des Wassers festzulegen und zu stabilisieren. Das gelte auch im Hinblick auf die Befestigung des Ufers zu dessen Schutz vor Beschädigungen, die mit der Strömung des Gewässers einhergehen.