Privatrechtliche Wasserversorgung wirkt sich auf zeitliche Festsetzung von Abgaben aus


Eine privatrechtliche Ausgestaltung der Wasserversorgung kann sich auf die zeitliche Festsetzung von Abgaben auswirken. Das geht aus einem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) hervor (Az.: BVerwG 9 B 49.14 vom 16.12. 2014), mit dem das BVerwG die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zurückgewiesen hat.

Nach dem Urteil des VGH  kann ein Wasserversorgungsbeitrag auch dann erhoben werden, wenn die tatsächliche Anschlussmöglichkeit bereits vor dem Inkrafttreten einer Wasserversorgungssatzung bestanden hat (Az.: 2 S 2366/13 vom 31.3.2014). Die Beitragsschuld entstehe zum Zeitpunkt, an dem eine Beitragssatzung als satzungsrechtliche Grundlage in Kraft tritt. Der Kläger habe sich mit der Argumentation des VGH, der auf die zwischenzeitlich privatrechtlichen Ausgestaltung des Nutzungsverhältnisses verwiesen und daher die verfassungsrechtlich gebotene zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung als nicht überschritten angesehen hatte, nicht näher auseinandergesetzt, heißt es in dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts.

In der Beschwerde hat der Kläger nach der Darstellung des BVerwG auch auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (Az.: 1 BvR 2457/08 vom 05.03.2013) Bezug genommen, dem zufolge öffentliche Abgaben, etwa für Abwasserkanäle, nicht zeitlich unbegrenzt im Nachhinein festgesetzt werden dürfen. Die Beschwerde habe sich aber mit den Ausführungen des VGH dazu nicht substantiiert auseinandergesetzt und nicht aufgezeigt, inwieweit die bundesverfassungsrechtlichen Maßgaben des Rechtsstaatsprinzips unter diesem Gesichtspunkt einer weiteren grundsätzlichen Klärung bedürften.

Das Bundesverfassungsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, ohne eine zeitliche Begrenzung der Abgabenerhebung werde der Bürger dauerhaft im Unklaren gelassen, ob er noch mit Belastungen rechnen müsse, führt das BVerwG aus. Der Einzelne dürfe auch gegenüber dem Staat die Erwartung hegen, irgendwann nicht mehr mit einer Geldforderung überzogen zu werden, wenn der berechtigte Hoheitsträger über einen längeren Zeitraum seine Befugnis nicht wahrgenommen habe.

Daran anknüpfend habe der VGH darauf abgestellt, in dem behandelten Fall habe weder eine Erwartung des Grundstückseigentümers bestanden, nicht mehr zu einer Kostenbeteiligung herangezogen zu werden, noch die Möglichkeit der Gemeinde, schon bei Entstehung der tatsächlichen Vorteilslage ein entsprechendes Entgelt zu fordern. Denn gemäß der zwischenzeitlich privatrechtlichen Ausgestaltung der Wasserversorgung sei ausdrücklich eine erst spätere Heranziehung zur Beteiligung an den Herstellungskosten der Wasserversorgungseinrichtung - nämlich im Zeitpunkt der Bebauung des Grundstücks und seines Anschlusses an die Wasserversorgung - vorgesehen gewesen.

Der Einwand des Klägers, er habe in Erinnerung, die Kostenbeteiligung bereits seit langem bezahlt zu haben, betreffe lediglich den vorliegenden Einzelfall, begründe aber keine grundsätzliche Bedeutung, wie sie für eine Revision notwendig ist, so das Bundesverwaltungsgericht. Dem Einwand stehe zudem die  Feststellung des VGH entgegen, weder sei ein Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Kläger zustande gekommen noch habe er ein Entgelt gezahlt.

Der VGH hatte im Einzelnen ausgeführt, dass eine absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung in dem Fall nicht überschritten werde. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass die Gemeinde die Entgelte für die Leistungen der Wasserversorgung seit Anfang 2007 nicht mehr privatrechtlich, sondern einem öffentlich-rechtlich geregelt habe. Der lange Zeitraum zwischen der Schaffung der Anschlussmöglichkeit und der Beitragserhebung beruhe in erster Linie darauf, dass das bis Ende 2006 geltende privatrechtliche Regime grundsätzlich eine vertragliche Vereinbarung verlangt habe, während das seit Anfang 2007 anwendbare öffentlich-rechtliche Beitragsrecht eine Beitragserhebung bereits zulasse, wenn eine Vorteilslage besteht. Eine absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung kann sich nach Auffassung des VGH nur auf die Zeiträume beziehen, in denen es überhaupt eine öffentlich-rechtliche Beitragspflicht gegeben hat, und nicht auf solche Zeiträume, in denen eine Beitragserhebung rechtlich gar nicht möglich gewesen wäre, weil die Entgeltzahlung privatrechtlich geregelt war. Dies gelte auf jeden Fall dann, wenn, wie im behandelten Fall, auch die Erhebung eines privatrechtlichen Entgelts in der Vergangenheit nicht möglich gewesen wäre, da kein Vertragsverhältnis zustande gekommen war.

In dem Verfahren hatte der Eigentümer eines unbebauten 841 Quadratmeter großen Grundstücks dagegen geklagt, dass er von der Gemeinde zu einem Wasserversorgungsbeitrag herangezogen worden war. Der 1982 und 1983 wurde das Gebiet erschlossen, eine Wasserversorgungsleitung in der vor dem Grundstück des Klägers verlaufenden öffentlichen Straße verlegt und dabei auch ein verschlossener Anschluss, ein sogenannter „Blindanschluss“, für das Grundstück des Eigentümers hergestellt. Die Gemeinde hatte die Entgeltzahlungen für die Versorgung mit Trinkwasser seit Mitte der 70er Jahre privatrechtlich geregelt, bevor Anfang 2007 eine Wasserversorgungssatzung (WVS) in Kraft trat, der zufolge die Gemeinde die Wasserversorgung als öffentliche Einrichtung betreibt. Nach der WVS erhebt die Gemeinde für ihren Aufwand für die Anschaffung, Herstellung und den Ausbau der öffentlichen Wasserversorgungsanlagen einen Wasserversorgungsbeitrag, den sie gegenüber dem klagenden Eigentümer für sein Grundstück auf 2.222 Euro festsetzte. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde vom Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis Anfang 2013 zurückgewiesen. Das Vorgehen des Eigentümers dagegen blieb vor dem Verwaltungsgericht Freiburg, dem VGH in Mannheim und nun auch vor dem Bundesverwaltungsgericht ohne Erfolg.