Mehrere bodenschutzrechtliche beziehungsweise wasserrechtliche Anordnungen der Stadt Baden-Baden, die im Zusammenhang mit einem durch Löschwasser verursachten Grundwasserschaden erlassen wurden, sind dem Urteil zufolge ebenso wie die zugehörigen Gebührenbescheide rechtswidrig und daher aufzuheben. Die Zumutbarkeitsgrenzen bei der Zustandsstörerhaftung seien nicht hinreichend beachtet worden.
Hintergrund des Klageverfahrens ist dem Verwaltungsgericht zufolge die Löschung eines Brandes im Baden-Badener Stadtteil Sandweier, wo im Februar 2010 eine Lagerhalle vollständig abbrannte. Da die Feuerwehr trotz erheblichen Wassereinsatzes einen Feuerüberschlag auf die benachbarten und ihrerseits an ein Wohngebiet angrenzenden Hallen befürchtete, ordnete der Einsatzleiter den Einsatz schaumbildender Löschmittel an, die wassergefährdende Tenside - unter anderem perfluorierte Tenside (PFT) in Form von Perfluoroktansulfonsäure (PFOS) - enthielten. Das PFOS-haltige Löschwasser gelangte über zwei auf dem Grundstück vorhandene Mulden-Rigolensysteme ins Grundwasser.
Mit mehreren Verfügungen ordnete die beklagte Stadt Baden-Baden gegenüber der klagenden Grundstückseigentümerin an, dass diese auf eigene Kosten zahlreiche Gefahrenerkundungs- und Sanierungsmaßnahmen durchzuführen habe. So seien Grundwassermessstellen einzurichten, die Grundwasserfließrichtung zu ermitteln, die Vorplanung einer Grundwassersanierung durchzuführen und eine Grundwassersanierungsanlage zu errichten und zu betreiben. Die Stadt setzte in mehreren Fällen gegenüber der Eigentümerin die zuvor angedrohten Ersatzvornahmen fest. Für sämtliche Amtshandlungen wurden von der Stadt mit sechs Bescheiden Gebühren in Höhe von insgesamt 4.200 Euro erhoben. Die Eigentümerin legte gegen die Verfügungen und Bescheide jeweils erfolglos Widerspruch ein.
Mit ihrer im Oktober 2012 erhobenen Klage brachte die Eigentümerin vor, es sei ein Ermessensfehler, dass die Stadt gerade sie als Störerin in Anspruch nehme. Denn die Belastungen des Grundwassers mit PFT seien nicht durch sie als Grundstückseigentümerin, sondern durch die Löscharbeiten der Feuerwehr verursacht worden, zumal der Einsatz von PFT-haltigem Löschschaum im Zeitpunkt des Löscheinsatzes bereits verboten gewesen sei. Es sei auch gar nicht notwendig gewesen, Löschschaum einzusetzen, weil keine Gefahr bestanden habe, dass der Brand auf das Nachbargebäude auf die übrige Bebauung übergreife.
Schließlich sei ihre Inanspruchnahme auch deshalb ermessensfehlerhaft, weil sie gegen das Eigentumsgrundrecht des Grundgesetztes verstoße, argumentierte die Eigentümerin. Denn der im Zeitpunkt des Grundwasserschadens vorhandene Grundstückswert in Höhe von 300.000 Euro werde durch die Kosten der angeordneten Maßnahmen, die sich auf 738.000 Euro beliefen, erheblich überschritten. In einem solchen Fall sei ihre Inanspruchnahme nicht mehr zumutbar.
Die Stadt wies demgegenüber nach Angaben des Verwaltungsgerichts unter anderem darauf hin, dass die Feuerwehr mit den Löscharbeiten ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllt habe und sie, die Stadt, daher nicht als Handlungsstörerin anzusehen sei. Der Einsatz von Löschschaum sei rechtmäßig und im konkreten Fall auch erforderlich gewesen. Die Inanspruchnahme der Eigentümerin sei auch nicht unverhältnismäßig, denn bei der Ermittlung des Grundstückswertes seien noch die Gebäude mit einem Wert von etwa 2,5 Millionen Euro zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung dessen liege der Verkehrswert wesentlich über den Kosten der Sanierung.
In seinem Urteil lässt es das Verwaltungsgericht offen, ob die Stadt - wegen des Tätigwerdens ihrer Feuerwehr - selbst Handlungsstörerin ist und ob sie insofern bei der Frage, wer für die Erkundungs- und Sanierungsmaßnahmen als Störer heranzuziehen ist, hätte einbezogen werden müssen. Das Gericht lässt auch offen, ob die Mieterin der abgebrannten Lagerhalle ebenfalls als Störerin in die Auswahlentscheidung hätte einbezogen werden müssen. Denn die Verfügungen der Stadt Baden-Baden zur Gefahrenerkundung und Grundwassersanierung seien schon deshalb rechtswidrig, weil die Stadt die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Zumutbarkeitsgrenzen bei der Zustandsstörerhaftung nicht hinreichend beachtet habe. Danach sei im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung die Belastung des zustandsverantwortlichen Eigentümers zu berücksichtigen und mit den betroffenen Gemeinwohlbelangen abzuwägen.
Als Anhaltspunkt diene dabei das Verhältnis des finanziellen Aufwandes für die angeordneten Maßnahmen zu dem Verkehrswert des betroffenen Grundstücks nach der Durchführung der Sanierung, so das Verwaltungsgericht. Zwar sei die Stadt zu Recht davon ausgegangen, dass die Eigentümerin als Grundstückseigentümerin für den Zustand verantwortlich sei, eine konkrete situationsbezogene fachkundige Bewertung des Verkehrswertes ihres Grundstücke sei jedoch unterblieben, obwohl auch nach Auffassung der Stadt Sanierungskosten in Höhe von 1,176 Millionen Euro angefallen seien und dem ein reiner Grundstückswert von 466.000 Euro gegenüber stehe. Die Kosten für den Neuaufbau der Gebäude nach dem Brand in Höhe von 2,5 Millionen Euro gehörten nicht zu dem maßgeblichen Verkehrswert nach der Sanierung, denn diese Kosten resultierten nicht aus der Inanspruchnahme der Eigentümerin als Zustandsstörerin und stellten auch keinen Vorteil dar, in dessen Genuss die Eigentümerin durch die ihr aufgegebenen Maßnahmen gekommen sei.
Da bei dieser Sachlage anzunehmen gewesen sei, dass im Falle der Eigentümerin die Zumutbarkeitsgrenzen der Zustandsstörerhaftung überschritten seien, hätte die Behörde – entweder die Stadt oder das Regierungspräsidium Karlsruhe als Widerspruchsbehörde - bei der Heranziehung der Eigentümerin entweder die Haftungshöhe einer nachfolgenden gesonderten Entscheidung vorbehalten oder bereits in den angefochtenen Bescheiden eine entsprechende Haftungsbegrenzung aussprechen müssen. Beides sei aber nicht geschehen. Dies führe dazu, dass die Sanierungsanordnungen, der hierauf bezogenen Festsetzungsentscheidungen zur Ersatzvornahme sowie der zugehörigen Gebührenbescheide, die rechtlich nicht getrennt, sondern insgesamt zu betrachten seien, aufgehoben werden müssen.
Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil die Berufung zugelassen; damit kann die Stadt innerhalb eines Monats nach der Zustellung des vollständigen Urteils beim Oberverwaltungsgericht einlegen.