Herstellung einer Erschließungsanlage nicht identisch mit „letztem Spatenstich“


Die endgültige Herstellung einer Erschließungsanlage wie der Wasserver- und des Abwasserentsorgung sei nicht gleichbedeutend mit dem Abschluss der technischen Ausführungsarbeiten, also dem „letzten Spatenstich“.

Im Falle eines nachträglich als nichtig erkannten Erschließungsvertrags entstehen der Gemeinde dem VGH zufolge erst durch die Erstattung der Herstellungskosten gegenüber dem Erschließungsträger Kosten. Die Beitragspflicht entsteht daher erst mit der Geltendmachung der Erschließungskosten in Form des Erstattungsanspruchs durch den Erschließungsträger gegenüber der Gemeinde.

Wie der VGH ausführt, sind die die Kläger in dem behandelten Fall seit Mai 2008 Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks. Von der Straße führt ein Stichweg zum Grundstück der Kläger. Bereits im März 1997 hatte die beklagte Gemeinde mit einer Gesellschaft, deren Alleingesellschafterin sie ist, einen Erschließungsvertrag geschlossen. Zur Refinanzierung ihres Erschließungsaufwandes hatte die Gesellschaft mit den damaligen Grundstückseigentümern Verträge geschlossen, mit denen sich diese zur anteiligen Bezahlung der Erschließungskosten verpflichtetet hatten. Nachdem die Gemeinde nach der Fertigstellung die Richtigkeit der Schlussabrechnung bestätigt hatte, machte die Gesellschaft Im Juni 2005 gegenüber den Grundstückseigentümern die Erschließungskosten geltend.

Dem VGH zufolge gab das Bundesverwaltungsgericht einer Klage von Grundstückseigentümern, die an die Gesellschaft gezahlte Abschlagszahlungen zurückgefordert hatten, mit Urteil vom 1.12.2010 (Az.: 9 C 8.09) statt. Dabei ging das BVerwG davon aus, dass sowohl der zwischen der Gemeinde und der Gesellschaft geschlossene Erschließungsvertrag als auch die zwischen der Gesellschaft und den Grundstückseigentümern geschlossenen Kostenerstattungsvereinbarungen nichtig seien.

Mitte 2011 wurden die klagenden Eigentümer darüber informiert, dass das von ihnen erworbene Grundstück davon betroffen sei. Die Gesellschaft  zahlte in der Folgezeit die erhaltenen Zahlungen - unter anderem auch an die Voreigentümer des klägerischen Grundstücks - zurück und stellte der Gemeinde im Mai 2012 für die von ihr verauslagten Kosten, die Betreuungsgebühr und Zinsen insgesamt rund 1,3 Millionen Euro in Rechnung.

Die Gemeinde beglich die Kosten und zog Mitte 2012 die Eigentümer auf der Grundlage ihrer Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen aus dem Jahr 2006 gesamtschuldnerisch zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von insgesamt circa 6.400 Euro heran. Dabei wurde Stichweg, an dem sich das Anwesen befindet, im Wege der Abschnittsbildung gesondert abgerechnet. Der Beitragssatz betrug rund 9,65 Euro pro Quadratmeter.

Im September 2012 erhoben die Eigentümer Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart mit der Begründung, die Erschließungsbeitragsforderung sei bereits verjährt, da die Rechnungsstellung der Gesellschaft im Jahr 2012 nicht die letzte Unternehmerrechnung darstelle. Die beitragsfähigen Kosten seien der Gemeinde seit der Mitteilung des Erschließungsträgers vom Juni 2005 bekannt. Darauf, dass ihr damals die Unwirksamkeit des Erschließungsvertrages nicht bekannt gewesen sei, komme es nicht an.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 9.7.2014 ab (Az.: 9 C 8.09). Der Beitragserhebung stehe nicht entgegen, dass die Gemeinde zunächst durch den Abschluss des städtebaulichen Erschließungsvertrags eine Entscheidung für das privatrechtliche Rechtsregime getroffen habe, argumentierte das Verwaltungsgericht. Das Bundesverwaltungsgericht gehe für den Fall der Nichtigkeit des Erschließungsvertrages auch von der Nichtigkeit des Kostenerstattungsvertrages aus. Sei der Erschließungsvertrag nichtig, entfalle die Leistungspflicht des Erschließungsträgers gegenüber der Gemeinde. Das habe zur Folge, dass dem Rückabwicklungsanspruch aus dem Kostenerstattungsvertrag des Grundstückseigentümers gegen den Erschließungsträger ein Rückabwicklungsanspruch des Erschließungsträgers gegenüber der Gemeinde folge.

Der VGH in Mannheim hat das Urteil des Verwaltungsgerichts bestätigt. Eine Festsetzungsverjährung sei nicht eingetreten, und auch eine eventuelle absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung sei nicht überschritten.