Insbesondere bilden dem Gericht zufolge alle Wasserbenutzer durch ihre Beziehung zum Wasser eine natürliche Gemeinschaft, in der sie darauf Rücksicht zu nehmen haben, dass das Wasser möglichst vielseitig und möglichst zum allgemeinen Vorteil benutzt werden kann.
Die klagende Grundstückseigentümerin wandte sich als Unterliegerin gegen einen Bescheid des beklagten Landratsamts aus dem Dezember 2017, mit dem der beigeladenen Marktgemeinde eine beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis zur Ausleitung von Wasser aus einem Bach und Einleitung in ein weiteres Gewässer zur Speisung eines Wasserspielplatzes erteilt wurde. Der Plan für den Bau einer Fischweiheranlage war bereits 1967 als Herstellung eines oberirdischen Gewässers auf diesem Grundstück durch das Landratsamt festgestellt und zudem bereits eine Erlaubnis zur Entnahme von Wasser aus dem Bach und zur Einleitung in ein weiteres Gewässer erteilt worden, so das Gericht zum Sachverhalt. Es handelt sich in beiden Fällen um Gewässer 3. Ordnung im Tal eines Gewässers 2. Ordnung.
Das Landratsamt erteilte Ende 2017 die bis 31. Dezember 2047 befristete beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis, höchstens 10 Liter pro Sekunde (l/s) Wasser aus dem Bach auf dem Grundstück zur Speisung des künstlichen Wasserlaufs des Spielplatzes auf dem Grundstück zu entnehmen und anschließend in das weitere Gewässer einzuleiten.
Klägerin sieht ihre Existenz gefährdet
Die Eigentümerin erhob Klage mit dem Ziel, den entsprechenden Bescheid des Landratsamts vom 20. Dezember 2017 aufzugeben. Der Bescheid sei schon deshalb rechtswidrig, weil durch eine einfache wasserrechtliche Erlaubnis in die Regelungen des Planstellungsbeschlusses aus dem Jahr 1967 eingegriffen werde. Die von der beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis gestattete Wasserableitung könne zu einer erheblichen Existenzgefährdung für die Fischweiheranlage der Klägerin führen. Die genehmigte Maßnahme sei zudem aufgrund der Umgestaltung des Ufers des Baches und Herstellung eines neuen Gewässers, die mit ihr einhergehe, planfeststellungspflichtig.
Nach WHG sind Belange Privater zu berücksichtigen
Das Verwaltungsgericht München hat die Klage abgewiesen. Die Verletzung des subjektiven Rechts eines Dritten könne sich bei einer beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis nur aus dem im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) verankerten wasserrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme ergeben. Daraus folge, dass bei allen wasserrechtlichen Gestattungen im Rahmen der Ermessensbetätigung auch Belange Privater einzubeziehen sind, deren rechtlich geschützte Interessen von der beantragten Gewässerbenutzung in individualisierter und qualifizierter Weise betroffen werden. „Diesen Privaten steht ein Anspruch auf Beachtung und Würdigung ihrer Belange mit demjenigen Gewicht zu, das ihnen unter den konkreten Umständen objektiv zukommt“, heißt es in dem Urteil.
Kein Anspruch aus Wasser in bestimmter Menge und Beschaffenheit
Das WHG bestimme zudem, dass weder Erlaubnis noch Bewilligung einen Anspruch auf Zufluss von Wasser in einer bestimmten Menge und Beschaffenheit geben. Mit dieser Vorschrift komme zum Ausdruck, dass das Eigentum im Wasserrecht einer besonders weitgehenden Sozialbindung nach Art. 14 GG unterliegt. Insbesondere bilden alle Wasserbenutzer dem Urteil zufolge durch ihre Beziehung zum Wasser eine natürliche Gemeinschaft, in der sie darauf Rücksicht zu nehmen haben, dass das Wasser möglichst vielseitig und möglichst zum allgemeinen Vorteil benutzt werden kann.
Sozialbindung führt zu Duldungspflicht gegenüber Nachteilen
Damit führe die Sozialbindung zu einer grundsätzlichen Duldungspflicht gegenüber Nachteilen, die durch die Wasserbenutzung der anderen entstehen. Diese Sozialbindung finde erst dort ihre Grenze, wo Eigentumspositionen, insbesondere auch das durch Art. 14 Abs. GG geschützte Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, in wasserwirtschaftlicher Hinsicht gänzlich ausgehöhlt würden.
Die Duldungspflicht hat dem VG München zufolge damit erst dort ihre Grenze, wo das Eigentum schlechthin oder der Bestand des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs ernsthaft infrage gestellt werden. Notwendig sei also eine schwere und unerträgliche Betroffenheit einer Eigentumsposition infolge einer nachhaltig veränderten wasserwirtschaftlichen Situation für den Unterlieger.
Rechtlich geschützte Interessen der Klägerin nicht erheblich betroffen
Vor diesem Hintergrund bleibt die Klage dem VG München zufolge ohne Erfolg, weil durch die der Beigeladenen erteilte beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme von 10 l/s Wasser aus dem Bach mit anschließender Einleitung in das andere Gewässer keine rechtlich geschützten Interessen der Klägerin erheblich betroffen seien.
Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme in Verbindung mit dem § 10 Abs. 2 Satz 1 WHG (siehe Kasten) ergibt sich aus der streitgegenständlich zugelassene Wasserentnahme von 10 l/s aus dem Bach und der anschließenden Einleitung nicht, heißt es in dem Urteil.
Eine relevante Reduzierung des Wasserzuflusses zur Fischweiheranlage der Klägerin mit den befürchteten Auswirkungen auf den von ihr eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist dem Gericht zufolge nicht ersichtlich. Aus den Ausführungen des zuständigen Wasserwirtschaftsamts ergebe sich, dass aufgrund der Höhenlage des Einleitungsbauwerks der Gewässerbenutzungsanlage auch im Fall der Wasserknappheit eine ausreichende Wasserversorgung der Fischweiheranlage der Klägerin so gewährleistet sei, dass diese nicht zusätzlich von dem Vorhaben verknappt werde.
Des Weiteren vertritt das Verwaltungsgericht die Auffassung, dass ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und damit in den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG ohnehin erst dann angenommen werden kann, wenn durch den verminderten Wasserzufluss eine wirtschaftliche Weiterführung des Betriebs gänzlich unmöglich gemacht wird. Minderungen im geringfügigen Umfang von bis zu 5 Prozent des bisherigen Zuflusses seien dagegen hinzunehmen.
Keine qualifizierte und individualisierte Rechtsbetroffenheit gegeben
In dem behandelten Fall würde die Wasserentnahme von höchstens 10 l/s im Verhältnis zu der dem Planfeststellungsbeschluss von 1967 zu Grunde liegenden Mittelwasserführung von rund 200 l/s an der dortigen Entnahmestelle die Bagatelleschwelle von 5 Prozent nicht überschreiten, sodass bereits auch aus diesem Grunde eine qualifizierte und individualisierte Rechtsbetroffenheit der Klägerin im Rahmen ihres eingerichteten und ausgeübten Fischzuchtbetriebs nicht gegeben sei, heißt es in dem Urteil des Verwaltungsgerichts München.