Die klagende Grundstückseigentümerin wandte sich gegen eine wasserrechtliche Plangenehmigung zur Umgestaltung von zwei Grundstücken im Rahmen einer naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahme, heißt es in dem Urteil zum Sachverhalt. Das Grundstück ist mit einem kleinen Wohnhaus bebaut, das aber nicht von der Klägerin bewohnt wird. Auch eine kleingärtnerische Nutzung findet auf dem Grundstück nicht statt. Das Grundstück grenzt unmittelbar an zwei zur Umgestaltung vorgesehene Grundstücke, ebenfalls nicht kleingärtnerisch genutztes Grünland, das im Eigentum der Stadt Bremen steht. Eines der Grundstücke wird von zwei Graben begrenzt und ist von drei langen Gräben durchzogen, die das es entwässern.
Die Stadt verpflichtete sich im April 2009 gegenüber dem Stahlwerk Bremen mit öffentlich-rechtlichem Vertrag, für die Zerstörung gesetzlich geschützter Biotope und die Umwandlung des Waldes auf dem Betriebsgelände der Stahlwerke Ersatzmaßnahmen und Ersatzaufforstungen auf den ihr gehörenden Flurstücken durchzuführen. Das Stahlwerk verpflichtete sich im Gegenzug, dafür die Kosten zu übernehmen.
Die Eigentümerin erhob im August 2015 Klage gegen die Plangenehmigung. Die bisherige Nutzung ihres Grundstücks werde unmöglich, weil der Grundwasserspiegel durch die geplante Versumpfung steige und das Grundstück durch Zuschütten der Entwässerungsgräben erheblich Schaden nehmen werde. Im Rahmen der Würdigung nachbarlicher Interessen habe die Stadt nur eine mögliche Vernässung der benachbarten Flächen thematisiert. Soweit die Stadt in der Plangenehmigung darauf abstelle, eine Vernässung sei ausgeschlossen, soweit der Grenzgraben seiner Entwässerungsfunktion wieder zugeführt werde, stelle das einen Fehler in der Abwägung dar, da es keinen südlichen Grenzgraben gebe.
Parallel zur Grundstücksgrenze müsse daher ein Graben angelegt werden, der den nach Fertigstellung des Vorhabens erhöhten Wasserstand seitwärts in die an West- und Ostgrenze des Grundstücks gelegenen Gewässer 2. Ordnung ableite und ihr Grundstück somit vor Vernässung bewahre. Die Stadt hätte die Anlage eines solchen Grenzgrabens durch eine Nebenbestimmung zur Plangenehmigung sicherstellen müssen. Darüber hinaus habe die Stadt lediglich unterstellt, die Bodenverhältnisse seien weitestgehend wasserundurchlässig. Die bloße Annahme, die Bodenverhältnisse seien wasserundurchlässig, genüge jedenfalls nicht, um der ihr den nötigen Schutz zu vermitteln.
Dem Verwaltungsgericht zufolge sind Abwägungsfehler durchaus nicht auszuschließen, da die Wasserdurchlässigkeit des Bodens möglicherweise unzureichend geprüft worden sei und da der Bau eines Entwässerungsgrabens zwischen den Grundstücken nicht in die Planung aufgenommen wurde. Die angefochtene Plangenehmigung verstoße gegen die drittschützende Vorschrift des § 14 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, 2 WHG (siehe nebenstehenden Kasten). Bei der geplanten Kompensationsmaßnahme auf dem Flurstück handle es sich um eine wesentliche Umgestaltung eines Gewässers im Sinne des WHG. Die Planunterlagen sehen dem Verwaltungsgericht zufolge die Errichtung eines künstlichen oberirdischen Gewässers, eines Sumpfbereichs, im Sinne des WHG vor. Und Gemäß § 68 Abs. 1 WHG bedürfe der Gewässerausbau der Planfeststellung bzw. einer eine Plangenehmigung durch die zuständige Behörde.
Im behandelten Fall stand der Genehmigung des Plans die drittschützende Vorschrift des § 14 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 WHG entgegen, die als Planungsleitsatz zwingend und ohne Abwägung zu beachten sei, heißt es in dem Urteil. Die Bewilligung dürfe eben nur dann erteilt werden, wenn die nachteiligen Wirkungen durch Inhalts- oder Nebenbestimmungen vermieden oder ausgeglichen würden.
Der Anwendbarkeit des § 14 Abs. 3, 4 WHG steht dem Verwaltungsgericht zufolge auch nicht entgegen, dass die Eigentümerin keine Einwendungen erhoben hat. Dies sei gar nicht möglich gewesen, da die Eigentümerin mangels Bekanntgabe der Plangenehmigung ihr gegenüber bzw. nicht erforderlicher Öffentlichkeitsbeteiligung keine Kenntnis hatte.
Durch die Regelungen in § 14 Abs. 3 und Abs. 4 WHG werde für diejenigen, die von einer wasserrechtlichen Bewilligung nachteilig betroffen sind, eine abgestufte Sicherung geschaffen, die sich jeweils nach dem Grad der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der nachteiligen Wirkungen richtet, führt das Verwaltungsgericht Bremen aus.
Wenn zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung der Eintritt nachteiliger Wirkungen wahrscheinlich ist, seien die nachteiligen Wirkungen durch Inhalts- oder Nebenbestimmungen zu vermeiden oder auszugleichen. Die Bewilligung dürfe aber trotzdem erteilt werden, wenn Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern und der Betroffene entschädigt wird.
Die Plangenehmigung genügt den aufgestellten Anforderungen indes nicht, heißt es in dem Urteil. Die Stadt habe es versäumt, eine ausreichende Tatsachengrundlage zu ermitteln, die die Einordnung der Drittbelange in das abgestufte Schutzkonzept des § 14 WHG zulässt. So ist auf Basis des durch die Beklagte ermittelten Tatsachenmaterials nicht erkennbar, ob das Vorhaben auf Rechte der Klägerin nachteilig einwirken wird. Dass eine Gewässerbenutzung auf das Recht eines anderen nachteilig einwirkt, ist im Sinne des § 14 Abs. 3 und 4 WHG dann nicht zu erwarten, wenn die nachteiligen Wirkungen nach allgemeiner Lebenserfahrung und anerkannten fachlichen Regeln unwahrscheinlich und damit letztlich lediglich theoretischer Natur sind.
Da hinsichtlich eines Schadenseintritts eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit nicht erforderlich sei, gehe die festgestellte Unsicherheit über die tatsächlichen Auswirkungen auf das Eigentum der Klägerin Eigentümerin zu Lasten der beklagten Stadt. In der Planbegründung habe die Stadt zwar in Betracht gezogen, dass von dem Vorhaben nachteilige Wirkungen auf angrenzende Grundstücke ausgehen könnten, diese aber als unwahrscheinlich bewertet. Dies stütze sie einerseits auf die „weitgehend wasserundurchlässigen Bodenverhältnisse“, und andererseits darauf, dass eine Beeinträchtigung der Nachbargrundstücke durch Vernässung jedenfalls nach Wiederaufnahme der Entwässerungsfunktion des Grenzgrabens gänzlich auszuschließen sei. Die von der Stadt angestellten Erwägungen können dem Gericht zufolge aber den Schluss auf die Unwahrscheinlichkeit von Einwirkungen auf das Grundstück der Klägerin nicht rechtfertigen. Unter anderem hätte die Stadt die Gefahr, dass der Sumpfbereich, dessen Ausbreitung in der Planung sogar gewünscht ist, an das klägerische Grundstück heranrücken kann, berücksichtigen müssen.
Darüber hinaus habe gerade die Wiederaufnahmemöglichkeit der Entwässerungsfunktion des südlichen Grenzgrabens die Stadt zu dem Schluss bewogen, dass das Vorhaben keine nachteiligen Wirkungen auf das Grundstück haben werde. Da ein solcher Graben aber gar nicht existiert, ist es dem Verwaltungsgericht zufolge nicht auszuschließen, dass es zu einer Vernässung des Grundstücks und damit zu nachteiligen Auswirkungen im Sinne des WHG kommt.