Herr Weyand, was sind die Herausforderungen bei der Digitalisierung in der Wasserwirtschaft?
Laut einer BDEW-Umfrage sehen 13,6 Prozent der befragten Vertreter der Wasserwirtschaft den Grad der Digitalisierung als eher hoch und nur 0,6 Prozent als sehr hoch an. Dabei hat die Wasserwirtschaft genau abzuwägen, worin die Chancen bestehen, ohne die Risiken außer Acht zu lassen. Auch in der Wasserwirtschaft sind Hackerangriffe auf bereits bestehende Systeme denkbar. IT-Sicherheit und Datenschutz stehen deshalb ganz oben auf der Agenda. Gleichzeitig ist der Komfort für die Kunden wichtig. Eine rein analoge Welt wie bisher werden die Kunden langfristig nicht akzeptieren.
Was muss getan werden, um der Wasserwirtschaft weitere Schritte hin zum digitalen Betrieb zu erleichtern? Welche Rolle kommt hier dem BDEW zu?
Um zu wissen, wo die Digitalisierung am sinnvollsten einzusetzen ist, ist es hilfreich zu wissen, welche Produkte und Projekte es überhaupt gibt und wie die Erfahrungen anderer Infrastrukturbetreiber sind. Deshalb hat der BDEW eine Informationsplattform entwickelt, die den Mitgliedern, zur Verfügung steht. Dort können Unternehmen, Berater und Forschungsinstitute ihre Ideen, Projekte und Produkte vorstellen. Voraussetzung ist nur, dass sie das möglichst objektiv tun und vor allem Referenzen nennen. Mit Hilfe der Referenzen können interessierte Unternehmen sich branchennahe Informationen beschaffen. Für uns steht der Austausch innerhalb der Branche und mit den Anbietern von außen im Vordergrund. Wir möchten auch an dieser Stelle dazu aufrufen, die Plattform zu nutzen, um den Austausch zu verbessern.
Welche Probleme gibt es Ihrer Meinung nach bei der Digitalisierung?
Die Themen Datenschutz und die IT-Sicherheit gehören natürlich zu den größten Herausforderungen. Hinzu kommt: Viele Produkte, die aktuell entwickelt werden, befassen sich mit Wassersparen und ziehen daraus ihren Erfolg. Dies ist in vielen Ländern nachvollziehbar. In Deutschland ist der sorgsame Umgang mit der Ressource schon lange gewährleistet, wir haben einen der geringsten pro Kopf-Gebräuche in den industriellen Ländern. Weiteres Einsparen führt inzwischen zu mehr Problemen als Nutzen. Denn die Leitungen müssen gespült werden, weil die Standzeiten sich verlängern. Ein echtes Sparen ist also gar nicht mehr möglich, wenn keine Verkleinerung der Netzdurchschnitte in Betracht kommt. Dies ist aber häufig nicht möglich, da in Spitzenzeiten weiterhin sehr viel Wasser durch die Rohre fließen muss.
Welche Chancen bietet der digitale Betrieb von Wasseranlagen?
Mit dem digitalen Betrieb von Wasseranlagen können zentrale Steuerungen und Frühwarnsysteme etabliert werden. Dies hilft in der Regel, Kosten zu sparen und die Sicherheit zu verbessern. Vor allem die Fortschritte in der Sensorik und bei Daten-Übertragungsmöglichkeiten bieten hier ganz wesentliche Vorteile. Hierzu hat der BDEW bereits Kontakt mit verschiedenen Anbietern, die alle sehr gute Lösungen anbieten. Die Auswahl wird immer größer und die Risiken verringern sich.
Bei kundenbezogenen Daten kann der Kontakt mit den Kunden und der Komfort für die Kunden verbessert werden. Haben die meisten Ver- und Entsorger aktuell in der Regel einmal im Jahr Kontakt mit den Kunden, wenn die Zähler ausgelesen werden, können zukünftig durch smart meter Zusatzleistungen angeboten werden. Hier ist beispielsweise die bessere Leckageerkennung zu nennen, wenn die Zähler auch kleinste Durchflussmengen messen können und dadurch Schäden vermeiden helfen.
Gibt es Sicherheitsbedenken in Sachen Datenschutz?
Ja, die gibt es – selbst wenn immer nur die neuesten und teuersten Sicherheitstechnologien verwendet werden könnten. Es geht deshalb darum, immer auf dem Laufenden zu sein. Wir wissen inzwischen alle, dass wir die Updates auf dem Heimcomputer und auf dem Handy regelmäßig durchführen müssen. Das ist beim Datenschutz für big data noch viel essentieller. Jeder digitale Komfort, der für Kunden geschaffen wird, birgt grundsätzlich auch das Risiko, dass die Daten im Netz gefunden und abgegriffen werden. Dieser Gefahr sind sich die Unternehmen der Wasserwirtschaft sehr wohl bewusst. Meiner Meinung nach zeigt dies, dass die Unternehmen die richtige Vorsicht walten lassen. Sie werden die Daten ihrer Kunden nicht aufs Spiel setzen – und sie werden sie auch nicht an große Unternehmen weiter geben, die damit andere Geschäftsmodelle entwickeln.
Worauf müssen sich die Wasserversorger und Abwasserentsorger konkret einstellen?
Auch die Wasserwirtschaft wird sich auf eine verstärkte Digitalisierung einstellen müssen. Auch für die Wasserwirtschaft gilt, dass alles, was digitalisiert werden kann, auch digitalisiert wird. Das bedeutet, dass der Druck auf die Wasserwirtschaft steigt, innovative Kundenprodukte anzubieten und ihre Anlagen weiter zentral zu steuern. Letzteres könnte auch wegen des schon jetzt spürbaren Fachkräftemangels notwendig werden. Schließlich werden die Wasserversorger sich auf höhere Ausgaben für ihre IT und deren Sicherheit einstellen müssen.
Vielen Dank für das Interview!