Gegenüber dem klagenden Grundstückseigentümer war ein Trinkwasseranschlussbeitrag in Höhe von 870,40 Euro festgesetzt worden, so das Gericht zum Sachverhalt. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der beklagte Verband zurück. Der Anschluss des Grundstücks des Klägers an die seinerzeitige zentrale Trinkwasseranlage war bereits vor dem 3. Oktober 1990 hergestellt worden.
Im Rahmen der Rekommunalisierung auch örtlicher Versorgungsanlagen übernahm der Verband die Hauptleitungen ohne Anschlussleitungen und ohne Grundstücksanschlüsse aufgrund notariellen Vertrags. Dieser Vertrag wurde 1995 / Anfang 1996 genehmigt. Auch nach dieser Übernahme der Hauptversorgungsleitungen durch den Verband wurde das Grundstück des Klägers fortdauernd über den ursprünglich hergestellten Grundstücksanschluss versorgt, wenngleich der Verband diesen Grundstücksanschluss nicht in sein Eigentum übernahm.
Der Verband hatte bereits zum Zeitpunkt der Geltung des Kommunalabgabengesetztes (KAG) für das Land Brandenburg eine Trinkwasseranschlussbeitragssatzung erlassen, die jeweils den späteren Änderungen des KAG angepasst wurde. Nach diesen Beitrags- und Gebührensatzungen waren alle Grundstücke inklusive Wochenendgrundstücke betragspflichtig für Anschlussbeiträge, für die eine Anschlussmöglichkeit an die Trinkwasserversorgungsanlage des Verbands bestand. Die Beitragspflicht erstreckte sich ausdrücklich auch auf „Grundstücke, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung bereits an die Trinkwasseranlage angeschlossen werden konnten oder schon angeschlossen waren“.
Dem Urteil des VG Frankfurt zufolge ist der Beitragsbescheid rechtswidrig. Die von dem Verband seit dem Beitritt der Gemeinde betriebenen Anlagen zur Trinkwasserversorgung seien gleichzusetzen mit den bis zum Beitritt der Gemeinde vom Verband betriebenen Anlagen. Der Beitritt der Gemeinde versetze den Verband nicht in die Lage, von neuen Gesamtanlagen auszugehen, für die Herstellungsbeiträge erstmals erhoben werden könnten. Umplanungen zählen zum Wesen von Versorgungsanlagen Die Trinkwasserversorgungsanlage mit deren Herstellung der Verband des Beklagten bereits in den 1990er Jahren begonnen hat, wurden durch den Beitritt der Gemeinde zum Gebiet des Verbandes nicht derart geändert, dass beitragsrechtlich von der Herstellung einer neuen Anlage auszugehen wäre, die mit der bis dahin in Herstellung befindlichen Trinkwasserversorgungsanlage nicht mehr gleichzusetzen wäre.
Die Anlage des Verbandes sei ein Bestand zumindest technischer Mittel, die dem Zweck der Trinkwasserversorgung gewidmet ist. Sie unterliegt vom Herstellungsbeginn an diversen Veränderungen. So gehöre es zum Wesen solcher Anlagen, dass sie wachsen, technisch verbessert und erneuert werden und dass überdies zwischenzeitlich Umplanungen erfolgen.
Unter beitragsrechtlichem Blickwinkel ist es nach Auffassung des VG Frankfurt nicht tatsächlich oder technisch, sondern rechtlich zu beantworten, wann eine Veränderung die Grenze zur Entstehung einer neuen Anlage überschreiten könnte. Sei einmal mit der Herstellung einer Anlage begonnen worden, gehöre begrifflich alles zur Herstellung dieser Anlage, was als Teil ihrer Herstellung geplant sei. Auch eine der Herstellung nachfolgende Erweiterung, Erneuerung oder Verbesserung berührt rechtlich nicht die Anlagenidentität, sondern führe nur dazu, dass in Bezug auf die als solche fortbestehende Anlage auch ein Erweiterungs-, Erneuerungs- oder Verbesserungsbeitrag erhoben werden könne. Nur Maßnahmen, die den Rahmen der einmal begonnenen Herstellung, der Erweiterung, der Erneuerung und der Verbesserung der Anlage sprengten, führten zur Herstellung einer beitragsrechtlich neuen Anlage und könnten damit aus Sicht einzelner Grundstücke möglicherweise eine „zweite“ Herstellungsbeitragspflicht auslösen. Rechtliche
Vor dem Hintergrund sei die rechtliche Lebensgeschichte der Anlage des Verbandes des Beklagten nicht abgebrochen, heißt es in dem Urteil. Bei einer bloßen räumlichen Erweiterung einer Anlage sei das – so wie hier – nicht der Fall. Von der bloßen räumlichen Erweiterung einer Anlage - unter gleichzeitiger Integration der im Erweiterungsgebiet vorhandenen Technik einer bis dahin bestehenden anderen Anlage - dürfte jedenfalls dann auszugehen sein, wenn die Zusammenführung darauf zurückgeht, dass der Rechtsträger der Anlage ein Gebiet oder mehrere Gebiete hinzugewinnt. Das sei der Fall, wenn eine Gemeinde oder mehrere eingemeindet, ein Zweckverband ein weiteres Mitglied oder mehrere weitere Mitglieder aufnimmt oder ein Zweckverband nicht mit einem anderen Zweckverband „auf Augenhöhe“ zu einem neuen fusioniert, sondern den anderen Zweckverband nur „eingliedert“. Im Falle der Eingliederung eines Zweckverbandes in einen anderen dürfte sodann ein Gesamtrechtsnachfolgetatbestand gegeben sein.
Damit ist dem Gericht zufolge aufgrund der bloßen räumlichen Erweiterung der Trinkwasserversorgungsanlage des Verbandes offensichtlich keine neue Vorteilslage mit Blick auf den Beitritt der Gemeinde zum Verbandsgebiet entstanden. An der „Dominanz“ und dem Fortbestand des Verbandes als dem aufnehmenden Rechtsträger änderte sich nichts. Ein rechtfertigender sachlicher Grund dafür, den streitgegenständlichen Fall anders zu behandeln als die Fälle, in denen es nicht zu Veränderungen des Verbandsgebietes gekommen ist, liegt nach Auffassung des Gerichts nicht vor.
Zudem sei im Jahr 2005 bereits die hypothetische Festsetzungsverjährung eingetreten. Auch hinge die Beitragspflicht jeweils von dem für den Beitragspflichtigen bloß zufälligen Ereignis ab, ob nach Eintritt der hypothetischen Festsetzungsverjährung infolge Beitritts einer Kommune zu einem Zweckverband oder auch durch erstmalige Gründung eines solchen oder einer nicht auf „Augenhöhe“ erfolgten Fusion von Zweckverbänden ein Beitrag für die erstmalige Herstellung der öffentlichen Anlage wieder in voller Höhe erhoben werden könnte.
Für den Erlass der angegriffenen Beitragsbescheide könne der Verband auf keine Rechtsgrundlage zurückgreifen. Die einzige in Betracht kommende Rechtsgrundlage für den Beitragsbescheid sei die Trinkwasseranschlussbeitragssatzung, denn nur diese sei zum Zeitpunkt der Entscheidungen des Verbandes im Jahr 2015 wirksam gewesen. Unabhängig von ihrer Wirksamkeit unterliegt die Anwendung der Satzung dem Gericht zufolge aber durchgreifenden rechtlichen, auch verfassungsrechtlichen, Bedenken mit Blick auf das hier auch durch die Grundrechtsposition des Klägers aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstärkte und aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG fließende Verbot der echten Rückwirkung im Sinne der sogenannten hypothetischen Festsetzungsverjährung.
Die Satzung sei jedenfalls keine taugliche Rechtsgrundlage. Zwar bestand für das Grundstück nach der damaligen satzungsmäßigen Anlagendefinition nicht die Anschlussmöglichkeit, da es an einem dem Verband des Beklagten zuzuordnenden Grundstücks- bzw. Hausanschluss fehlte, so das Gericht. Indes komme es darauf nicht entscheidend an, denn nach § 2 Abs. 2 der Beitrags- und Gebührensatzung Wasser entstand die Beitragspflicht auch dann, wenn tatsächlich ein Anschluss geschaffen war. Ein solcher war bereits seit der Zeit vor dem 3. Oktober 1990 vorhanden.
So habe der Verband sogar bereits seit dem Jahr 1998 Grund- und Mengengebühren für das über diesen Anschluss gelieferte Trinkwasser berechnet. Dass der Grundstücksanschluss nicht durch den später gegründeten Verband errichtet wurde, liege dabei auch in der Natur der Sache. Dass der Beklagte nicht mehr recherchieren kann, wer den Anschluss konkret gesetzt hat, liege bei dieser Lage der Dinge ebenfalls in der Natur der Sache.
Die Beitragspflicht sei nach damaliger Satzungslage jedenfalls mit dem tatsächlichen Anschluss entstanden. Der Verband habe bereits in einem ersten Satzungsversuch auf den ursprünglich durch § 8 Abs. 7 S. 2 der alten Fassung des Kommunalabgabengesetzes vermittelten Schutz verzichtet, so dass er den Schutz in der seit dem 1. Februar 2004 geltenden Fassung nicht mehr in Anspruch nehmen kann, stellt das Gericht fest. Denn sonst wäre von einem Fall der verbotenen echten Rückwirkung auszugehen. Nach der ursprünglichen Fassung dieser Vorschrift ist die Beitragspflicht entstanden, sobald das Grundstück an die Anlage angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der Satzung. Mit Wirkung zum 1. Februar 2004 hatte der Landesgesetzgeber die Vorschrift in der neuen Fassung so geändert, dass die Beitragspflicht „frühestens mit dem Inkrafttreten einer rechtswirksamen Satzung“ entsteht.