BVerwG: Private grundsätzlich ohne Anspruch auf Festsetzung eines Wasserschutzgebietes


Die Trasse verläuft innerhalb der weiteren Schutzzone zweier Wasserschutzgebiete, erläutert das Gericht. Die Privatperson brachte vor, das Vorhaben habe nachteilige Auswirkungen auf den Wasserhaushalt in der Region, weil der Planfeststellungsbeschluss erlaube, das im Bereich der Bahnanlagen anfallende Oberflächenwasser trassennah zu versickern, obwohl dort ein Trinkwasserschutzgebiet festgesetzt sei. Dadurch sieht sich der Kläger in seinem Recht auf Versorgung mit gesundem Trinkwasser verletzt. Im Trinkwasserschutzgebiet müsse die Trasse zudem durch eine Grundwasserwanne gesichert werden.


Die klagende Privatperson kann sich dem Urteil zufolge aber nicht auf die Vorschriften zum Schutz der öffentlichen Wasserversorgung berufen. Denn die Festsetzung der Wasserschutzgebiete diene allein dem Wohl der Allgemeinheit. Der Umstand, dass die Klägerin ihr Wasser bei dem Versorger beziehen muss, der die geschützte Trinkwassergewinnungsanlage betreibt, führt dem Bundesverwaltungsgericht zufolge nicht zu einer qualifizierten und individualisierten Betroffenheit, auf die bei der Zulassung des Vorhabens Rücksicht zu nehmen sei.

Der Schutz von Trinkwasservorkommen wird nach dem Regelungssystem des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) primär über die Festsetzung von Wasserschutzgebieten gewährleistet, führt das Bundesverwaltungsgericht aus. Diese seien nach § 51 Abs. 1 Satz 1 WHG festzusetzen (siehe Kasten), soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert. Schon nach dem Wortlaut der Vorschrift dient die Ausweisung von Wasserschutzgebieten  - ebenso wie der Schutz der öffentlichen Wasserversorgung - öffentlichen Interessen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass auch ein Individualschutz bezweckt sein sollte. Dementsprechend hätten Private grundsätzlich keinen Anspruch auf die Festsetzung oder Beibehaltung eines Wasserschutzgebietes.


Zwar sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung stets auf mögliche Beeinträchtigungen Dritter Rücksicht zu nehmen. Diese Belange würden im Rahmen des Bewirtschaftungs-Ermessens, das durch § 12 Abs. 2 WHG eingeräumt, aber nur nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots geschützt. Dieses Gebot verlangt, dass Dritte in einer qualifizierten und individualisierten Weise betroffen sind, heißt es in dem Urteil.


Die Klägerin sei demnach nicht individualisiert betroffen. Eine individualisierte Betroffenheit Dritter durch eine wasserrechtliche Befreiung von Festsetzungen eines Wasserschutzgebietes erfordere - anders als bei Trägern der öffentlichen Wasserversorgung, von denen hier keiner Einwände gegen das Planvorhaben erhoben habe -, dass die Situation des Dritten im Verhältnis zur Allgemeinheit durch eine irgendwie geartete Besonderheit gekennzeichnet ist. Anhaltspunkte dafür seien aber nicht aufgezeigt worden.


Dass eine Anwohnerin - wie hier die Klägerin - ihr Wasser bei dem Versorger beziehen muss, der eine durch Festsetzung eines Wasserschutzgebiets geschützte Trinkwassergewinnungsanlage betreibt, genüge in aller Regel nicht für eine qualifizierte und individualisierte Betroffenheit. Der Bezug von Wasser bei einem solchen Versorger stelle keine Benutzung des Grundwassers im Sinne des § 9 WHG dar, auf die bei der Zulassung eines Eisenbahnvorhabens in einem Wasserschutzgebiet oder der Erteilung einer Erlaubnis für die Versickerung des auf den Bahnanlagen anfallenden Oberflächenwassers Rücksicht zu nehmen sein könnte. Das WHG nennt das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser.


Wasserbenutzer ist dem Urteil zufolge insoweit allein der Betreiber der Trinkwassergewinnungsanlage. Gegen ihn habe der Anwohner einen Anspruch auf Lieferung von Trinkwasser in der gesetzlich vorgeschriebenen Qualität. Die Zulassung des Ausbauvorhabens ändere daran nichts. Es sei Aufgabe des Trägers der Wasserversorgung und nicht seiner nur mittelbar betroffenen Kunden, bei Zulassung eines Vorhabens im Wasserschutzgebiet die Belange der öffentlichen Wasserversorgung geltend zu machen. Ob unter besonderen Umständen auch den Kunden die Befugnis zukommen kann, Verstöße gegen Vorschriften zum Schutz der öffentlichen Wasserversorgung geltend zu machen, kann dem BVerwG zufolge offen bleiben. Solche besonderen Umstände habe die Klägerin nicht geltend gemacht. Ihre Befürchtung, dass es dem Versorger vorhabenbedingt unmöglich werden könnte, Wasser in der geforderten Qualität zu liefern, sei nicht durch konkrete Anhaltspunkte untermauert. Der Wasserversorger selbst hat diese Gefahr nicht gesehen.


Sollte die Trinkwassergewinnungsanlage tatsächlich durch die Versickerung des auf den Bahnanlagen anfallenden Oberflächenwassers oder in Folge eines Gefahrgutunfalls gefährdet werden, wären Schutzmaßnahmen zu veranlassen und aller Voraussicht nach auch möglich, heißt es in dem Urteil. Die planfestgestellte Trasse verläuft auf der Grenze zwischen zwei Zonen der Wasserschutzgebiete, stellt das BVerwG fest. Schadstoffeinträge in diesem Bereich würden sich erst nach längeren Zeiträumen auf die Trinkwassergewinnungsanlage auswirken, so dass rechtzeitig Gegenmaßnahmen getroffen werden könnten. Notfalls müsste der Versorger die betroffene Trinkwassergewinnungsanlage vorübergehend abschalten und sich geeignetes Wasser auf anderem Wege besorgen, so das Bundesverwaltungsgericht.