Urteil: Bund muss Beiträge für Verband zur Gewässerunterhaltung bezahlen


Damit unterliege der Bund der Beitragspflicht nach dem Gesetz über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden (GUVG). Für die Annahme eines beitragsrelevanten Vorteils ist es dabei dem Gericht zufolge nicht erforderlich, dass die hydrologischen Wechselwirkungen der beiden Gewässereinteilungen in jedem konkreten Fall nachweisbar sind.


Der klagende Bund ist als Eigentümer grundsteuerbefreiter Grundstücke Mitglied des Wasser- und Bodenverbandes „Obere Havel/Obere Tollense“, dem die Unterhaltung der Gewässer zweiter Ordnung seines Verbandsgebietes obliegt. Im September 2016 setzte der beklagte Verband gegenüber dem Bund einen Wasser- und Bodenverbandsbeitrag über die allgemeine Gewässerunterhaltung für das Jahr 2016 in Höhe von 7.988 Euro fest, heißt es seitens des Gerichts zum Sachverhalt.


Nachdem der Verband den Widerspruch gegen den Bescheid abgelehnt hatte, erhob die Bundesrepublik Anfechtungsklage. Sie ist der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig, da die betroffenen Flächen entweder Bestandteile von Bundeswasserstraßen oder Landflächen seien, die unmittelbar in Bundeswasserstraßen entwässerten. Bundeswasserstraßen lägen aber nicht im Einzugsgebiet der von dem Verband unterhaltenen Gewässer zweiter Ordnung.


Zudem erhielten die Bundeswasserstraßen durch die Maßnahmen des Verbandes keine Vorteile. Maßgeblich sei der enge Vorteilsbegriff des § 40 Abs. 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG), nicht der weite des § 40 Abs. 1 Satz 3 WHG (siehe Kasten), argumentierte der Bund.  Die in der Unterhaltungslast des Verbandes befindlichen Gewässer zweiter Ordnung entwässerten in Gewässer erster Ordnung, wozu auch Bundeswasserstraßen gehörten, und nicht umgekehrt. Die bloße Störungsfreiheit, die durch die Gewässerunterhaltung gewährleistet werde, sei insoweit nicht ausreichend. Maßgeblich sei vielmehr, dass der Bund für Bundeswasserstraßen selbst und auf eigene Kosten unterhaltungspflichtig sei. Es sei unzulässig, den Bund darüber hinaus auch an den Kosten der Gewässer zweiter Ordnung zu beteiligen.


Das Verwaltungsgericht Greifswald hat den Bescheid für rechtmäßig erklärt. Die Bundesrepublik Deutschland sei als Eigentümerin der in dem Bescheid benannten grundsteuerbefreiter Flächen Mitglied des Gewässerunterhaltungsverbandes, weil sie für die von dem streitgegenständlichen Bescheid erfassten Flächen bevorteilt ist, heißt es in dem Urteil. Dies gelte entgegen der Auffassung des Bundes auch für die Flächen, die Bestandteile der Bundeswasserstraßen „Müritz-Havel-Wasserstraße“ und „Obere-Havel-Wasserstraße“ sind.


Der Umstand, dass die Unterhaltungspflicht zur Erhaltung eines ordnungsgemäßen Zustandes für den Wasserabfluss und die Erhaltung der Schiffbarkeit für Gewässer erster Ordnung dem Bund als Hoheitsaufgabe obliegt, führt dem VG Greifswald zufolge nicht zu ihrem Ausschluss vom Verbandsgebiet. Maßgebliches Kriterium für die Zugehörigkeit von Grundstücksflächen zum Verbandsgebiet sei auch sonst nicht die Gewässerunterhaltungspflicht, sondern die Lage des Grundstücks im Einzugsgebiet.


Damit sei entgegen der Auffassung der Klägerin nicht lediglich die Zugehörigkeit der Gewässer erster Ordnung zum jeweiligen Verbandsgebiet, sondern auch die Begründung eines beitragsrelevanten Vorteils für diese Flächen gemeint. Unter dem Gesichtspunkt der Schadensverhütung sei es ohne Belang, dass Gewässer erster Ordnung in der Regel nicht in Gewässer zweiter Ordnung entwässern. Maßgeblich sei vielmehr der Umstand, dass eine Wechselwirkung zwischen beiden Gewässereinteilungen insofern besteht, als sich wasserwirtschaftliche Regulierungsmaßnahmen an Gewässern zweiter Ordnung auch auf den Wasserstand von Gewässern erster Ordnung auswirkten und Schadensereignisse vermeiden könnten.


Dabei müssten die hydrologischen Wechselwirkungen der beiden Gewässereinteilungen nicht in jedem konkreten Fall nachweisbar sein. Gerade in Bezug auf die Verhinderung von Schadensereignissen kann dieser Nachweis mangels Vorliegen eines Schadensfalles in der Regel nicht geführt werden. Daher sei für die Zurechnung auch insoweit allein die Lage des Grundstücks im Gewässereinzugsgebiet maßgeblich. Ebenso wenig wie es für die Annahme eines Vorteils bei Landflächen auf den Zufluss von Niederschlagswasser in ein Gewässer zweiter Ordnung ankomme, komme es bei Gewässern erster Ordnung darauf an, dass die Unterhaltung der Gewässer zweiter Ordnung im konkreten Einzelfall ein Schadensereignis verhindert hat, heißt es in dem Urteil.

 

Entgegen der Auffassung des Bundes ist die vom OVG Greifswald vorgenommene Auslegung des wasserverbandsrechtlichen Vorteilsbegriffs sehr wohl mit den Maßgaben des WHG vereinbar, heißt es weiter. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 WHG obliegt die Unterhaltung oberirdischer Gewässer den Eigentümern der Gewässer, soweit sie nicht nach landesrechtlichen Vorschriften Aufgabe von Gebietskörperschaften, Wasser- und Bodenverbänden gemeindlichen Zweckverbänden oder sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts ist. Ist eine solche Körperschaft unterhaltungspflichtig, können die Länder nach § 40 Abs. 1 Satz 3 WHG bestimmen, inwieweit die Gewässereigentümer, die in Satz 2 genannten Personen, andere Personen, die aus der Unterhaltung Vorteile haben, oder sonstige Eigentümer von Grundstücken im Einzugsgebiet verpflichtet sind, sich an den Kosten der Unterhaltung zu beteiligen.


Die Vorschrift begründet dem VG Greifswald zufolge einen weiten Rahmen für die landesrechtliche Regelung der Kostenbeteiligung, was sich insbesondere an dem Merkmal „sonstige Eigentümer von Grundstücken im Einzugsgebiet“ zeige. Damit seien die Eigentümer von Flächen gemeint, bei denen es sich weder um Anliegergrundstücke noch um Hinterliegergrundstücke des zu unterhaltenden Gewässers handelt, denn diese würden bereits von dem Merkmal „Personen, die aus der Unterhaltung Vorteile haben“ erfasst. Wenn aber von dieser Variante alle Grundstücke erfasst werden, die in das zu unterhaltenden Gewässer entwässern, so bleibt dem Urteil zufolge für die Variante „sonstige Eigentümer von Grundstücken im Einzugsbereich“ nur ein Anwendungsbereich für zum Verbandsgebiet gehörende Grundstücke, in die das zu unterhaltende Gewässer entwässert.


Soweit der Bund zwischen einem „engen“ Vorteilsbegriff des § 40 Abs. 1 Satz 1 WHG und einem „weiten“ Vorteilsbegriff des § 40 Abs. 1 Satz 3 WHG unterscheide und der Auffassung sei, für die Beitragserhebung durch Gewässerunterhaltungsverbände gelte der „enge“ Vorteilsbegriff des § 40 Abs. 1 Satz 1 WHG, könne dem bereits deshalb nicht gefolgt werden, weil § 40 Abs. 1 Satz 3 WHG die für Gewässerunterhaltungsverbände geltende speziellere Regelung sei.


Daran ändere auch der Umstand, dass nach den Wassergesetzen anderer Bundesländer eine Beteiligung der Eigentümer von Gewässern erster Ordnung an den Kosten der Gewässerunterhaltung ausgeschlossen ist, nichts. Diese Unterschiede beruhten auf einer unterschiedlichen Ausschöpfung des nach § 40 Abs. 1 Satz 3 WHG bestehenden Regelungsrahmens durch den jeweiligen Landesgesetzgeber und erlaubten daher keinen Rückschluss auf die Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommern, heißt es in dem Urteil.