Aufgrund der geänderten Systematik und konkreter Regelungen sei in Deutschland eine Gefährdung der kommunalen Handlungshoheit in der Wasserwirtschaft zu befürchten, schreibt der Verband in einem Positionspapier, das sich auf eine Expertise der Stadtwerke Karlsruhe bezieht. Diese kommt zu dem Schluss, dass in Jefta im Vergleich zum Freihandelsabkommen Ceta mit Kanada, das für die öffentliche Wasserwirtschaft bereits eine Reihe von Unzulänglichkeiten beinhalte, noch einmal etliche weitere Schutzbestimmungen entfallen. Als positiv sei jedoch zu bewerten, dass bislang kein Investitionsschutz im Abkommen enthalten sei, heißt es in der Expertise.
Auch ohne die bislang nicht aufgenommenen Investitionsschutzregelungen seien die vorhandenen Ausnahmebereiche für die Wasserwirtschaft nicht ausreichend, um diese vor einer möglichen Liberalisierung über den Umweg der aktuell verhandelten Freihandelsabkommen zu schützen, bemängelt der BDEW. Die vorgenommene Eintragung der Wasserwirtschaft für die EU sei nicht ausreichend. Japan gewähre in dem Abkommen Marktzugang für die Wasserversorgung in Japan, schreiben die Stadtwerke Karlsruhe in ihrer Expertise. Dadurch erhöhe sich der Liberalisierungsdruck in der EU. Zudem werde mit dem Abkommen eine Vielzahl von Ausschüssen gebildet, die in manchen Fällen außerhalb parlamentarischer Kontrolle angesiedelt sein könnten. Hierdurch könnte eine Liberalisierung der Wasserversorgung ohne die nötige parlamentarische Kontrolle stattfinden.
Im Bereich Abwasserentsorgung ist gegenüber Ceta der deutsche Vorbehalt im entscheidenden Modus des Allgemeinen Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen (Gats) entfallen, so dass das EU-Japan-Abkommen eine Marktzugangsverpflichtung zur Abwasserentsorgung in Deutschland enthält, stellen der BDEW und die Stadtwerke Karlsruhe fest. Dies stehe im Widerspruch zu der hoheitlich kommunalen Pflichtaufgabe der Abwasserentsorgung in Deutschland. Zumindest gelte dies, solange die „Public Utilities“-Klausel keinen Ersatz bietet, woran berechtigter Zweifel bestehe. Diese könnte nämlich als allgemeine Schutzklausel hinter sektorspezifischen Verpflichtungen zurücktreten und so übergangen werden, gibt die Expertise zu bedenken.
Zum Thema „Innerstaatliche Regulierung“ führen BDEW und Stadtwerke Karlsruhe aus, dass die EU-Schutzklausel für Wasserversorgung gegenüber Ceta entfallen ist. Damit könnte entscheidender Handlungsspielraum zur Sicherung von Standards der Wasserversorgung in den Mitgliedstaaten wie auf EU-Ebene verloren gehen, da der japanische Handelspartner ein Mitspracherecht in der Frage der Zulässigkeit von Regulierungen erhält. So könnten zum Beispiel Regelungen zur Sicherung der Trinkwasserqualität ausschließlich als technische Handelsbarriere eingestuft und gestrichen werden. Dadurch sei eine Senkung der Leitungswasserqualität zu befürchten.
Weiter heißt es in dem Positionspapier und in der Expertise, dass der Ceta-Sonderartikel zu Wasser vollständig entfallen sei. Das gelte analog auch für die „Rechte in Bezug auf Wasser“. Die Konsequenzen des Entfallens des gesamten Artikels ließen sich zwar nicht absehen. Es könnten aber weitreichende Entwicklungen zur Ökonomisierung von Wasser angestoßen werden, warnt die Expertise. Dadurch könnten die natürlichen Wasservorkommen (Seen, Flüsse, Stauseen und Grundwasser) auch in Deutschland ihre Eigenschaft als öffentliches Gut verlieren und zur (Handels-)Ware oder zu Rohstoff in privaten Händen und Strukturen werden. Zudem würden Möglichkeiten zum Schutz und Erhalt der Wasservorkommen beeinträchtigt.
Wie auch im Ceta-Abkommen wird das EU-Vorsorgeprinzip im Jefta-Abkommen nicht begrifflich genannt, lautet ein weiterer Kritikpunkt von BDEW und den Stadtwerken Karlsruhe. Damit werde diese zentrale Grundlage des EU-Verbraucher- und Umweltschutzes vor allem auf internationaler Ebene erneut empfindlich geschwächt. Es stehe zu befürchten, dass das EU-Vorsorgeprinzip insbesondere auf internationaler (WTO-)Ebene weiter ins Hintertreffen geraten oder gar verdrängt werden könnte. In der Folge könnten beispielsweise Verbote von schädlichen Substanzen verzögert oder ganz verhindert werden. Schließlich weist die Expertise darauf hin, dass die EU-Kommission auf eine sehr schnelle EU-Ratifizierung noch im Jahr 2018 abziele. So soll das Abkommen im Jahr 2019 erstmals ohne Ratifizierung in den Mitgliedstaaten in Kraft treten.
Der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold, kritisierte, dass Jefta die Liberalisierung der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung befördere. „Wasser ist keine Handelsware, sondern ein öffentliches Gut“, stellte er klar. Damit habe es in einem Handelsvertrag nichts zu suchen. Zudem missachte Jefta das Subsidiaritätsprinzip in Europa und sei für die Daseinsvorsorge noch gefährlicher als Ceta. „Das Abkommen mit Kanada beinhaltet einen begrenzten Schutz von Wasser. Es ist bitter, dass die EU-Kommission zarte Fortschritte bei Ceta vergisst, sobald der öffentliche Druck nachlässt“, so Giegold.