Urteil: Wasserrechtliches Altrecht gilt nur für ursprüngliche Gewässerbenutzung


Der klagende Eigentümer begehrte mit seiner Klage Rechtsschutz gegen den vom zuständigen Landratsamt ausgesprochenen Widerruf eines wasserrechtlichen Altrechts, heißt es in dem Urteil zum Sachverhalt. Bereits seit dem 15. Jahrhundert befindet sich auf dem Grundstück Eigentümers eine Mühle. Für das Jahr 1969 finden sich im Wasserbuch des damaligen Landratsamts für die Dorfmühle Eintragungen, die unter anderem als unbefristetes Recht das Ableiten und Wiedereinleiten des Triebwassers bis zur Ausbauwassermenge von 0,340 m³/s und die Wasserkraftnutzung zum Betrieb eines Zuppinger Wasserrades und einer Mahlmühle festlegen.


Nach dem Erwerb der Mühle im Jahr 1989 hatte der Kläger 1992 anstelle des vorhandenen hölzernen Zuppinger Wasserrades eine sogenannte Francis-Turbine zur Stromerzeugung eingebaut, für die ihm eine bis zum 31. Dezember 2012 befristete gehobene Erlaubnis nach dem  Wasserhaushaltsgesetz (WHG) erteilt worden war, und zwar zum Aufstauen des Gewässers, zum Ausleiten der für den Werksbetrieb benötigten Wassermenge und zum Wiedereinleiten des ausgeleiteten Werkwassers. Der beabsichtigte Umbau – der Ausbau des Wasserrades und Einbau der Francis-Turbine – habe eine Erhöhung der Ausbauwassermenge von 0,34 Kubikmeter pro Sekunde (m³/s) auf 0,74 m³/s zu Folge und stelle eine Änderung der Gewässerbenutzung dar.


Am Jahresende 2014 erteilte das Landratsamt dem Eigentümer die bis einschließlich 31. Dezember 2034 befristete gehobene Erlaubnis für den Anlagenbetrieb zur Erzeugung elektrischen Stroms. Die Erlaubnis war unter anderem mit der Verpflichtung verbunden, eine Fischaufstiegshilfe mit einer Mindestdotation von 100 l/s anzulegen und zum Schutz der Fischpopulation einen Fischschonrechen zu installieren. Zudem hatte er in der Restwasserstrecke des Altbachs einen ständigen Mindestwasserabfluss von 100 Liter pro Sekunde (l/s) zu gewährleisten.


Die gegen die erhobene Klage aus dem Januar 2015, mit der der Kläger die Erteilung der gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnis für die Benutzung der Anlage ohne die genannten Nebenbestimmungen und unter Festsetzung einer niedrigeren Mindestwassermenge verlangte, wies das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 6. Juli 2016 ab (Az.: AN 9 K 15.00152).  Das Verwaltungsgericht führte damals aus, der Eigentümer könne sich nicht darauf berufen, dass ihm das genannte Altrecht eine Gewässerbenutzung in größerem Umfang erlaube, als sie nach Ableitung von 100 l/s an die Restwasserstrecke nunmehr für seinen Anlagenbetrieb verbleibt. Das Altrecht decke den derzeitigen Betrieb nicht, weil es sich bei der benutzten Turbine technisch um eine andere Art der Benutzung handle als bei dem klassischen Holzwasserrad, das Gegenstand des Altrechts ist.


Über den dagegen gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bislang nicht entschieden, so das VG Ansbach.


Das Landratsamt widerrief im September 2016 die altrechtliche Zulassung von 1969 vollständig und ohne Entschädigung. Zur Begründung berief sich die Behörde darauf, dass nach dem WHG könnten alte Rechte und Befugnisse ohne Entschädigung widerrufen werden können, wenn die Benutzung drei Jahre ununterbrochen nicht ausgeübt worden ist oder der Zweck der Benutzung so geändert worden ist, dass er mit der festgelegten Zweckbestimmung nicht mehr übereinstimme. Dem Landratsamt zufolge seien zudem an der Anlage in der Vergangenheit wasserwirtschaftlich und ökologisch erhebliche Änderungen vorgenommen worden, womit eine Identität der heutigen Anlage mit der altrechtlichen Zulassung bereits seit langer Zeit nicht mehr als gegeben angesehen werden könne. Auch habe sich gegenüber dem eingetragenen Altrecht der Betriebszweck von einer Mahlmühle hin zur gewerblichen Stromerzeugung geändert.


Der Eigentümer erwiderte darauf, das wasserrechtliche Altrecht sowie ein Fischereirecht würden prägend zu der denkmalgeschützten, erstmals im 14. Jahrhundert urkundlich erwähnten Dorfmühle gehören und einen existenziellen Bestandteil des historischen Baudenkmals darstellen. Das Altrecht sei ihm beim Erwerb der Mühle im Jahr 1989 mitverkauft worden. Ein Widerruf entspreche einer „kalten Enteignung“. Die Nutzung zur Stromerzeugung statt für den Mahlbetrieb sei lediglich der ökonomischen Anpassung geschuldet, bereits der Vorbesitzer habe hierzu das Wasserrad mit einem Generator zur Stromerzeugung gekoppelt.


Das Verwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen. So äußert das Gericht erhebliche Zweifel daran, dass der Zweck der Benutzungsanlage bereits früher neben dem Betrieb der Mahlmühle noch – wie von dem Eigentümer vorgetragen – die Stromerzeugung umfasste. Dem Wasserbuch ließen sich solche Aussagen nicht entnehmen. Der Eigentümer habe das bestehende Altrecht mindestens drei Jahre ununterbrochen nicht ausgeübt, so dass die Widerrufsmöglichkeit des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 WHG eröffnet sei.


Die Regelung sei nicht so zu verstehen, dass während des dort genannten Zeitraums von drei Jahren überhaupt keine Gewässerbenutzung stattgefunden haben darf, heißt es in dem Urteil. Erforderlich, aber auch ausreichend, sei vielmehr, dass die mit dem Altrecht verbundene Gewässerbenutzung mindestens drei Jahre geruht hat. Diese habe hier die Gewässerbenutzung in dem dargestellten Umfang mittels eines Zuppinger Wasserrades umfasst.


Der dauerhafte Ausbau des Wasserrades und die Installation der heute noch in Betrieb befindlichen Francis-Turbine zwischen den Jahren 1989 und 1992 stellten eine wesentliche Änderung der Benutzungsanlage dar. Die Turbine weise andere Kenndaten auf als das Zuppinger Wasserrad, etwa eine höhere Ausbauwassermenge und eine höhere Ausbauleistung, und sie arbeite nach einem anderen technischen Prinzip. Die Benutzung sei damit sowohl intensiver, als auch von qualitativ anderer Art, insbesondere im Hinblick auf den größeren Eingriff in die Gewässerbiologie durch die Rotation der Turbinenschaufeln. Die neue Benutzungsanlage werde dementsprechend vom Altrecht nicht etwa bis zu dem dort genehmigten Umfang umfasst, sondern überhaupt nicht umfasst.


Gehe man – wofür nach Auffassung des Gerichts überwiegende Gründe sprechen - davon aus, dass die altrechtliche Zulassung nur die Wasserkraftnutzung zum Zweck des Betriebs einer Mahlmühle umfasste, so würde die 1992 in Betrieb genommene Benutzungsanlage zur gewerblichen Stromerzeugung auch eine wesentliche Änderung des Benutzungszwecks darstellen, stellt das Gericht fest. Damit wäre zusätzlich auch der Widerrufsgrund des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 WHG gegeben. Da aber bereits der Widerrufsgrund des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 WHG gegeben sei, komme es darauf nicht mehr an, heißt es in dem Urteil.