DVGW und BDEW: Düngerecht setzt Nitratrichtlinie nicht konsequent um


Deutschland habe es auch 25 Jahre nach Inkrafttreten der EU-Nitratrichtlinie nicht geschafft, diese umzusetzen, sagte Jörg Simon, BDEW-Vizepräsident Wasser/Abwasser, am Mittwoch vergangener Woche auf der wasserwirtschaftlichen Aussprachetagung (wat) 2018 in Berlin. „Dieser permanente Rechtsbruch ist ein Armutszeugnis“, so Simon. Auch aus Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen setze sich der BDEW gemeinsam mit den Umweltverbänden und der Gewerkschaft Verdi für eine Novellierung des aktuellen Düngerechts ein.


Simon verwies darauf, dass nach der aktuellen Studie, von Prof. Friedhelm Taube von Universität Kiel der Hauptgrund für die Unwirksamkeit des neuen Düngerechts die „weitgehende Missachtung aller agrar- und umweltwissenschaftlichen Fachempfehlungen“ sei. Die neuen Regelungen ermöglichten es, dass bei gleichen Ertragswerten mitunter mehr Dünger auf den Feldern ausgebracht werde als bisher. „Die zahlreichen Schlupflöcher und Ausnahmen sind eine Zumutung für unsere Wasserressourcen“.


„Mehrheit der Bevölkerung für stärkere Kontrollen“


Auch die Bevölkerung sieht nach Angaben des BDEW die Landwirtschaft in der Verantwortung, wie eine repräsentative Umfrage des Institutes Prolytics im Auftrag des BDEW zeige: Der zufolge forderten 72 Prozent der Befragten, dass die Landwirtschaft nachhaltiger und ökologischer werden müsse. Fast 69 Prozent sprechen sich den Angaben zufolge dafür aus, die Düngepraxis der Bauern stärker zu kontrollieren, wohingegen nur ein Fünftel damit einverstanden wäre, dass die zusätzlichen Kosten für die Wasseraufbereitung bei den Verbrauchern landen.


„Agrarpolitik muss wirksam die Gewässer schützen“


Nach Auffassung des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) muss das nationale Düngerecht nachgeschärft werden, um der Nitratverschmutzung wirksam entgegen zu wirken. „Mit der anstehenden Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik muss endlich die Chance für eine Neuausrichtung der Agrarpolitik genutzt werden. Sie muss wirksam die Gewässer schützen“, sagte DVGW-Vizepräsident Dirk Waider auf der wat 2018. Hierzu müssten die Direktzahlungen, die sogenannte erste Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik, konsequent mit der Einhaltung der Gewässerqualitätsziele aus der Nitratrichtlinie und der Wasserrahmenrichtlinie verknüpft werden.


Zudem sind die Agrarumweltmaßnahmen der zweiten Säule dem DVGW zufolge finanziell bislang deutlich zu schlecht ausgestattet und damit für die Landwirte unattraktiv. Mit mehr Geld ließe sich beispielsweise die Gewässerschutzberatung der Landwirte in den Wasserschutzgebieten und den Maßnahmengebieten der Wasser-Rahmenrichtlinie erheblich verbessern.


Klare Positionierung von Politik gefordert


Politische Initiativen sind dem DVGW zufolge auch beim Werterhalt der Trinkwassernetze gefordert. Das zuverlässige System aus Anlagen und Leitungsnetz muss unter den geänderten Vorzeichen von Klimawandel, Demographie und Digitalisierung genauer betrachtet werden, um weiterhin die Versorgung auf höchstem Niveau zu gewährleisten. Die Politik müsse klar Stellung dazu beziehen, welchen gesellschaftlichen Wert Trinkwasser als Standortfaktor für die Wirtschaft, aber auch als Garant für Lebensqualität habe. Die Aufwendungen der Branche zum Erhalt der Netze und Anlagen müssten gefördert werden. Der Nationale Wasserdialog, den das Bundesumweltministerium aktuell gestartet hat, ist dem DVGW zufolge ein Schritt in die richtige Richtung, um mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft den Stellenwert des Trinkwassers neu zu bestimmen.