„Die Anliegen der Wasserwirtschaft müssen deutlich stärker öffentliche Berücksichtigung finden“, forderte Paetzel. Zu vielen umweltpolitischen Fragestellungen gebe es in Deutschland kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem.
Das Politikmemorandum wurde dem Bundesumweltministerium und Mitgliedern des Umweltausschusses des Deutschen Bundestags in dieser Woche im Rahmen des DWA-Dialogs zum Gewässerschutz im Hauptstadtbüro der Vereinigung übergeben. Wesentliche wasserwirtschaftliche Problemstellungen, wie zum Beispiel Nitratbelastungen oder andere Stoffeinträge in Gewässer, antibiotikaresistente Keime sowie die Flächennutzungen an Gewässern, ließen sich ohne ein stärkeres Engagement der Landwirtschaft für die Umwelt nicht lösen, betonte die Vereinigung. Die Novellierung des Düngerechts, insbesondere der Düngeverordnung im Jahr 2017, sei nicht ausreichend.
Die DWA fordert eine Änderung der Agrarpolitik und zusätzliche Beiträge der Landwirtschaft, damit die Ziele der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) erreicht werden können. Ein zentrales Problem bleibe der zu hohe Tierbesatz bei zu geringer landwirtschaftlicher Fläche, was zu sehr hohen Nährstoffüberschüssen und damit zu einem Entsorgungsproblem für Wirtschaftsdünger führe. Im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik auf europäischer Ebene sollten die Ziele stärker in Richtung Nachhaltigkeit formuliert werden, künftig nur landwirtschaftliche Maßnahmen aus öffentlichen Mitteln gefördert werden, die im Einklang mit den Vorgaben zum Gewässerschutz stehen.
Spurenstoffe: Konzepte müssen an den Eintragspfaden ansetzen
Zur Spurenstoffproblematik führt die DWA aus, dass notwendige Konzepte zur Vermeidung oder Verminderung von Stoffen im Gewässer zuerst an den Eintragspfaden ansetzen müssten. Dies könne zum Beispiel durch Stoffsubstitution, Anwendungsbeschränkungen, Verbraucherinformation und umweltgerechte Entsorgungswege geschehen. Einträge von Stoffen in die Umwelt, die zu Antibiotikaresistenzen führen, müssten durch Maßnahmen bei deren Entstehung reduziert werden. Reserveantibiotika müssten der Humanmedizin vorbehalten bleiben. Das Verursacherprinzip müsse Geltung erlangen, so die Vereinigung.
Wie aus dem Politikmemorandum weiter hervorgeht, hält die DWA zur Erreichung der WRRL-Ziele mehr Zeit und eine differenzierte Betrachtung der Zielvorgaben für erforderlich. Es sei nicht sachgerecht, diesem allgemein anerkannten Befund durch einen erhöhten Erfüllungsdruck auf den wasserwirtschaftlichen Vollzug zu begegnen. Daher sollte der Review-Prozess aktiver verfolgt werden und zu klaren Aussagen der Europäischen Kommission führen. Für die Zeit nach 2027 sollten weitere Teilschritte zur Erreichung des Ziels festgelegt werden. Auch müsse die Regel-Ausnahme-Systematik der WRRL überprüft werden. Der zu besorgenden Praxis, dass Gewässernutzungen, wie etwa die Einleitung behandelten Abwassers und die Trinkwasserversorgung, aufgrund europäischen Rechts nur über Ausnahmeregelungen zugelassen werden können, müsse dringend begegnet werden.
Europaweite Anreize für Regenwassermanagement erforderlich
Darüber hinaus spricht sich die DWA dafür aus, Regenwassermanagementpläne in der Kommunalabwasserrichtlinie (UWWTD) zu verankern. Es sollte europaweit Anreize z. B. für einen dezentralen Regenwasserrückhalt, für Versickerung, Verdunstung und Regenwassernutzung geben, regt die Vereinigung in ihrem Politikmemorandum an. Regenwassereinleitungen dürften die Erreichung des guten Gewässerzustandes nicht beeinträchtigen. Bei der Fortentwicklung der Richtlinie sollten die Regelungen für sensitive Gebiete für mehr Gewässer in Europa zur Anwendung kommen.
Zur Abwasserabgabe schreibt die Vereinigung, dass durch die Einführung einer optionalen Messlösung mit Veranlagung nach den tatsächlich eingeleiteten Frachten neue Anreize für einen verbesserten Gewässerschutz geschaffen werden könnten. Die abgabepflichtigen Schadparameter sollten reduziert, keinesfalls aber erweitert werden. Wichtig bleiben weiterhin CSB, Stickstoff und Phosphor, unterstreicht die DWA. Sanktionen im Rahmen der Abgabeerhebung, die bei einer kurzfristigen Überschreitung der Werte diese Überschreitung für das gesamte Erhebungsjahr bei der Berechnung der Abgabe zu Grunde legen, sollten entschärft werden.
Die Verrechnungsmöglichkeit von Investitionen in Abwasseranlagen mit der Abwasserabgabe sollte darüber hinaus beibehalten und gemeinsam mit der Wasserwirtschaft gestaltet werden. Sollte die Abwasserabgabe einen Beitrag zur Finanzierung weitergehender Reinigungsstufen leisten sollen, sollten neben den Investitionen auch die zusätzlichen Betriebskosten dieser Verfahren in die Betrachtung einbezogen werden.
Integrative Anpassungsstrategien an Extremwetterlagen
Bei der Anpassung an den Klimawandel sollte dafür gesorgt werden, dass vorhandene Anpassungsstrategien an klimawandelbedingte Extremwetterlagen integrativ erfolgen und umgesetzt werden, heißt es weiter. Kulturlandschaft und Infrastruktur sollten mit Blick auf die Fähigkeit, diese Wetterlagen besser zu bewältigen, gemeinsam mit der Wasserwirtschaft entwickelt werden. Die Verbesserung des ökologischen Zustands der Gewässer und die Wiederherstellung natürlicher Strukturen dienten dem Hochwasserschutz, der Erhöhung der Lebensqualität der Bevölkerung und dem Natur- und Artenschutz, betont die DWA.
Auch sollten Ansätze zum Rückhalt und zur Speicherung von Wasser in der Stadt („Schwammstadt“) insbesondere in schnell wachsenden Ballungszentren zeitnah weiterverfolgt und gefördert werden. Zusätzlich spricht sich die DWA für Wasserwiederverwendung und die Weiterentwicklung und Erprobung von wassersparenden Verfahren, z. B. bei neuartigen Sanitärsystemen, aus. Der Bund und die Länder müssten außerdem die Kommunen beim Aufbau eines Starkregenrisikomanagements unterstützen. Bundes- und Landesfördermittel, wie es sie bei zahlreichen Klimaschutzmaßnahmen bereits gibt, sollten auch für Maßnahmen der Überflutungsvorsorge und des Starkregenrisikomanagements sowohl für Privatpersonen als auch für die öffentliche Hand bereitgestellt werden.
Zur Digitalisierung heißt es in dem Politikmemorandum, dass diese die wichtigen wasserwirtschaftlichen Daseinsvorsorgeleistungen im gesamten Bundesgebiet unterstützen sollte. Eine Digitalisierungsstrategie müsse daher den ländlichen Raum berücksichtigen. Der bundesrechtliche Ansatz, Sicherheitsstandards für kritische Infrastrukturen im Rahmen der technischen Selbstverwaltung zu entwickeln, müsse konsequent fortgesetzt werden. Auch mittlere und kleinere Betriebe sollten durch gezielte Anreize und Förderung in die Lage versetzt werden, Mindestsicherheitsstandards dauerhaft unter Berücksichtigung von Kosten und Nutzen zu gewährleisten. Des Weiteren müssten die Berufsbilder an die neuen Herausforderungen der Digitalisierung angepasst werden.
Politik sollte Umbau der Entsorgungswege für Klärschlamm nicht behindern
Hinsichtlich der Neugestaltung der Klärschlammentsorgung fordert die DWA von der Politik, die Wasserwirtschaft bei der Umstellung der Entsorgungswege zu unterstützen und den Aufbau übergreifender Strukturen zu fördern. Bis die notwendigen zusätzlichen Verbrennungskapazitäten für Klärschlämme aufgebaut sind, steige die Notwendigkeit der Zwischenlagerung. Lange und kostenintensive Transporte der Schlämme müssten vermieden werden. Hier sollte die Politik keine zusätzlichen Hindernisse aufbauen.
Für die Erforschung einer ressourceneffizienten Phosphorrückgewinnung im Rahmen der Abwasserbehandlung müssten weiterhin Fördermittel bereitgestellt werden, insbesondere auch für Pilotvorhaben zur praktischen Erprobung neuer Verfahren, so die DWA. Zudem müsse die Finanzierung des Phosphorrecyclings ausdrücklich geregelt werden. Es könne nicht Aufgabe von Abwasserbetrieben sein, den rückgewonnenen Phosphor für Düngezwecke aufzubereiten und zu vermarkten, unterstreicht die Vereinigung.