Eigentümer kann keine zinslose Stundung des Wasserversorgungsbeitrags verlangen


Der Kläger, Miteigentümer eines auf der Gemarkung der beklagten Gemeinde im Außenbereich gelegenen Grundstücks,  begehrte die zinslose Stundung seines Wasserversorgungsbeitrags. Die Anschlussmöglichkeit dieses Grundstücks an die öffentliche Einrichtung der Wasserversorgung und damit der sogenannte Eintritt der Vorteilslage erfolgte im Jahr 2006 über den Anschluss aus einem benachbarten Baugebiet, schreibt das Gericht zum Sachverhalt.


Wasserversorgungsbeitrag in Höhe von 12.150 Euro


Die Gemeinde zog die Grundstücksgemeinschaft zu einem Wasserversorgungsbeitrag in Höhe von 12.150,88 Euro heran. Der Beitragsbescheid führte unter Verweis auf das Kommunalabgabengesetz (KAG) aus, dass hinsichtlich einer Fläche von 1.698 qm ein Betrag in Höhe von 8.393,90 Euro auf Antrag zinslos gestundet werden könne.


Gemeinde verzichtet nicht auf Zinsen


Auf Antrag der Eigentümer stundete die Gemeinde stundete die Beitragsforderung, den Antrag auf Verzicht auf Zinsen während der Laufzeit dieser Stundung lehnte sie aber ab. In der Folge wurde die Beitragsforderung in Höhe von Euro 8.393,90 für die landwirtschaftlich genutzte Teilfläche des klägerischen Grundstücks allerdings zinslos gestundet.


Hinsichtlich des verbliebenen, nicht zinsfrei gestundeten Teils der Beitragsforderung in Höhe von 3.756,98 Euro legte der Kläger wiederum Widerspruch gegenüber dem Landratsamt Ravensburg ein mit der Begründung, die im Rahmen des Zinsverzichts zu treffende Abwägung der gegenseitigen Interessen von Abgabengläubiger und Abgabenschuldner müsse in nachvollziehbarer Weise erfolgen. Das sei hier nicht der Fall. Denn bei dem Beitragsbescheid handle es sich um einen sogenannten „Altfall“, da der Zeitpunkt des Eintritts der Vorteilslage vor dem Inkrafttreten der Wasserversorgungsbeitragssatzung der Beklagten vom 10.10.2011 mit Wirkung zum 01.01.2012 liege.


Eigentümer verweist auf Gleichbehandlungsgründe


In vergleichbaren Altfällen habe die Gemeinde im Hinblick auf Rechtsunsicherheiten, die aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 (Aktenzeichen: 1 BvR 2457/08) resultierten, auf eine Erhebung von Stundungszinsen verzichtet. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zufolge darf ein Beitrag, mit dem ein vom Bürger in Anspruch genommener Anschlussvorteil abgerechnet werde, nicht zeitlich unbegrenzt nach der Erlangung dieses Vorteils festgesetzt werden. Diese Rechtsunsicherheiten würden im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12.11.2015 (Aktenzeichen: 1 BvR 2961/14) noch verstärkt, dem zufolge weit rückwirkende Beiträge für Anschlüsse an das Wasser- und Kanalnetz rechtswidrig sind, argumentierte der Kläger.


Aus Gleichbehandlungsgründen sei daher auch hier ein sachlicher Billigkeitsgrund für den Verzicht auf Stundungszinsen gegeben, so der Eigentümer. Die Gemeinde verletze den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Abgabenerhebung.


Landratsamt verweist auf Zeitpunkt der Beitragserhebung


Das Landratsamt wies den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte es aus, dass die mit Bescheiden aus dem Jahr 2012 erhobenen Wasserversorgungsbeiträge zu einem Zeitpunkt erfolgt seien, als die Veranlagung von Altfällen noch ohne zeitliche Grenze als zulässig angesehen wurde.


VG Sigmaringen weist Klage ab


Das VG Sigmaringen hat die folgende Klage des Eigentümers abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass die Gemeinde auf Stundungszinsen verzichtet. Maßgeblich für die Beurteilung des von dem Kläger verfolgten Anspruchs sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, vorliegend also der Erlass des Widerspruchsbescheids am 06.10.2017. Denn bei Entscheidungen mit Ermessensspielraum komme es, auch bei Verpflichtungsklagen, auf den Zeitpunkt der Ermessensausübung an, heißt es in dem Urteil.


Zinsanspruch der Gemeinde stellt den gesetzlichen Regelfall dar


Das Verwaltungsgericht kann nach eigenen Angaben im Rahmen des ihr eingeräumten eingeschränkten Prüfungsumfangs nicht feststellen, dass seitens der Gemeinde ermessensfehlerhaft über den Antrag entschieden worden wäre. Der Zinsanspruch der Gemeinde stelle auf Grundlage des KAG und der Abgabenordnung (AO) den gesetzlichen Regelfall dar. Er ist der Ausgleich für den durch die spätere Zahlung entstehenden Nachteil der Gemeinde durch das Verschieben des Fälligkeitstermins.


Der Verzicht auf die Zinserhebung sei nur in besonderen Ausnahmefällen, wenn die Zinszahlung nicht angemessen ist, zulässig. Das sei hier nicht ersichtlich. Die von dem Eigentümer angeführte Verwaltungspraxis der Gemeinde, die unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes auch dem Kläger zugute kommen müsse, kann das Gericht nicht erkennen.  


Rechtsunsicherheiten beziehen sich auf Bescheide aus dem Jahr 2012


Im Nachgang an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 zur Belastungsvorhersehbarkeit von Kommunalabgaben hätten bei der Gemeinde Rechtsunsicherheiten im Hinblick auf Wasserversorgungsbeitragsbescheide vom 06.11.2012 bestanden, bestätigt auch das Gericht. Dies habe die Gemeinde zunächst zum Anlass genommen, die entsprechenden Bescheide zunächst bis Juni 2013 zinsfrei zu stunden und die Vollziehung dieser Bescheide auszusetzen.


Im Unterschied dazu habe sich die Gemeinde mit Blick auf ihre Beitragsforderung aus dem Beitragsbescheid des Klägers vom 21.11.2016 nicht für eine Aussetzung der Vollziehung entschieden. Eine für die Aussetzung der Vollziehung erforderliche unbillige Härte setze voraus, dass dem Betroffenen durch die sofortige Vollziehung wirtschaftliche Nachteile drohen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nicht oder kaum wiedergutzumachen sind, etwa wenn die Zahlung den Konkurs herbeiführt oder sonst zur Existenzvernichtung führen kann, führt das Gericht aus. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen sei im Rahmen der Klage nicht zu prüfen. Einen Zinsverzicht hinsichtlich der gestundeten Beitragsforderung könne der Kläger daher nicht mit dem Argument der Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheids erreichen.


Dem Bescheid liegt Eintritt der Vorteilslage von 2006 zugrunde


Anhaltspunkte für eine etablierte Verwaltungspraxis der Beklagten im Sinne eines einheitlichen Umgangs mit Widersprüchen gegen Wasserversorgungs-Beitragsbescheiden seien angesichts dessen nicht zu erkennen. Darüber hinaus seien die in den Bescheiden des Klägers vom 21.11.2016 sowie den vom Kläger angeführten Bescheiden vom 06.11.2012 zugrundeliegenden Sachverhalte nicht vergleichbar. Denn die Bescheide aus dem Jahr 2012 ergingen - zwischen den Beteiligten unstreitig - noch vor dem Hintergrund, dass eine Erhebung von Beiträgen ohne zeitliche Grenze als zulässig erachtet wurde, weshalb Sachverhalte veranlagt wurden, bei denen der Eintritt der Vorteilslage länger als 30 Jahre zurücklag. So ei es beim Beitragsbescheid des Klägers vom 21.11.2016 nicht. Denn diesem Beitragsbescheid liege der Eintritt der Vorteilslage aus dem Jahr 2006 zugrunde.


Entscheidung erging ermessensfehlerfrei


Schließlich sei die Ablehnung des Zinsverzichts auch nicht in sonstiger Weise ermessensfehlerhaft. Denn der Begründung des Stundungsbescheids vom 23.03.2017 sei zu entnehmen, dass die Gemeinde die Finanzierungsfunktion von Beiträgen sowie die zusätzliche Belastung des Wirtschaftsplans der Stadtwerke der Beklagten durch die gewährte Stundung über das Interesse des Beitragspflichtigen an der Zinslosigkeit der Stundung stelle.