Die Beteiligten streiten über die Kosten einer Ersatzvornahme auf der Grundlage einer Maßnahme nach der Trinkwasserverordnung, schreibt das Gericht zum Sachverhalt. Der Kläger ist Eigentümer zweier Häuser in der Stadt Wiehl. Aufgrund der Beschwerde eines Mieters über verschmutztes und übel riechendes Trinkwasser kam es am 18.04.2017 zu einer Ortbesichtigung unter Beteiligung von Vertretern des Versorgungsunternehmens, des Tiefbauamtes und des Ordnungsamtes der Stadt sowie des Gesundheitsamtes des beklagten Oberbergischen Kreises.
Hauswasserwerk mit unerlaubter Verbindung zum Trinkwasser
Dabei zeigte sich, dass im Haus eine Regenwassernutzungsanlage verwendet wird, worüber auch die Aggerenergie GmbH als zuständiges Versorgungsunternehmen informiert wurde. Zudem wurde ein 500 Liter-Behälter mit zwei angeschlossenen Hauswasserwerken in Augenschein genommen. Diese Anlage hat einen festen Anschluss an die Trinkwasserinstallation, was nach der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) nicht erlaubt ist. Um einen Rückfluss mit gegebenenfalls kontaminierten Wasser aus der Regenwassernutzungsanlage zu verhindern, sei vor Ort – auch durch den Vertreter der Aggerenergie – entschieden worden, die Anlage vom Netz zu trennen und durch einen Blindstopfen zu verschließen.
Proben entsprachen nicht den Parametern der TrinkwV
Eine Trinkwasseranalyse ergab, dass eine von zwei Proben bei den mikrobiologischen und chemischen Parametern nicht den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entsprach; bei der anderen war dies hinsichtlich der Trübung und Braunfärbung der Fall.
Der Kreis ordnete daraufhin u. a. Einschränkungen der Nutzung des Trinkwassers der Wasserversorgungsanlage beider Häuser an. Die Wasserleitung der Hausinstallation musste desinfiziert und durch ein Fachunternehmen labortechnisch untersucht werden. Ebenfalls durch ein zertifiziertes Fachunternehmen sei nachzuweisen, dass die Hausinstallation den anerkannten Regeln der Technik entspreche und mit den notwenigen sicherungstechnischen Maßnahmen versehen sei.
Zudem wies der Kreis auf die bereits erfolgte Rohrtrennung hin, die angesichts der Eilbedürftigkeit ohne vorherige Anhörung erfolgt sei. Die Kosten der Ersatzvornahme veranschlagte der Landkreis vorläufig auf 350 Euro. Zu den weiteren Maßnahmen sei der Kläger nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Verbindung mit der Trinkwasserverordnung verpflichtet. Eine Strafanzeige behielt sich der Kreis vor.
Kreis forderte vom Kläger 275 Euro für Ersatzvorname
Nachdem weitere Maßnahmen durchgeführt worden waren und unbedenkliche Untersuchungsergebnisse vorlagen, hob der Kreis im Mai 2017 die Ordnungsverfügungen auf; und das Verfahren wurde daraufhin übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Mit dem Leistungsbescheid aus dem Oktober 2017 forderte der Kreis den Kläger zur Zahlung der Kosten der Ersatzvornahme in Höhe von 275,72 Euro binnen 14 Tagen auf. Die Kosten setzten sich aus den Kosten für den Rohrnetzbauer der Aggerenergie, die Fahrzeugkostenpauschale für die Aggerenergie zusammen.
VG Köln: Kostenbescheid ist rechtmäßig
Das Verwaltungsgericht hat den Kostenbescheid als rechtmäßig bezeichnet und die Klage gegen den Eigentümer den Bescheid abgewiesen. Der Kreis habe den Kläger in rechtmäßiger Weise im Rahmen seiner Aufgaben als zuständige untere Gesundheitsbehörde nach dem Infektionsschutzgesetz in Verbindung mit dem Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen (ÖGDG NRW) für die Kosten der Maßnahmen in Anspruch genommen, heißt es in dem Urteil.
Vollzugsbehörde handelte innerhalb ihrer Befugnisse
Die Trennung des Brauchwasser- vom Trinkwasserzulauf stellt dem Verwaltungsgericht zufolge eine rechtmäßige Ersatzvornahme dar. Werde eine Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen anderen möglich ist – wie hier die Trennung der Wasserzuläufe - nicht erfüllt, könne die Vollzugsbehörde auf Kosten des Betroffenen die Handlung selbst ausführen oder einen anderen mit der Ausführung beauftragen. Der Verwaltungszwang dürfe ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig sei und die Vollzugsbehörde innerhalb ihrer Befugnisse handle.
Das war dem OVG zufolge hier der Fall, da der Beklagte befugt gewesen wäre, dem Kläger als dem verantwortlichen Hauseigentümer durch Ordnungsverfügung die Trennung der Wasserzuläufe aufzugeben. Allgemein treffe die zuständige Gesundheitsbehörde nach § 16 Abs. 1 Satz 1 IfSG die notwendigen Maßnahmen, wenn Tatsachen festgestellt werden, die zum Auftreten einer übertragbaren Krankheit führen können. Dabei sei die Eingriffsbefugnis im Interesse des öffentlichen Gesundheitsschutzes bewusst weit gefasst und lasse auch die berechtigte Annahme solcher Tatsachen genügen.
Im WHG wird bereits der abstrakten Gefahr begegnet
Speziell in Bezug auf die Reinheit des Trinkwassers hätten die zuständigen Behörden nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 IfSG (siehe Kasten) die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die Einhaltung der Vorschriften von entsprechenden Rechtsverordnungen sicherzustellen. Zu diesen Rechtsverordnungen zähle die Trinkwasserverordnung.
Gemäß § 17 Abs. 6 Satz 1 TrinkwV dürfen Wasserversorgungsanlagen, aus denen Trinkwasser abgegeben wird, nicht ohne eine den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechende Sicherheitseinrichtung mit Wasser führenden Teilen, in denen sich Wasser befindet, das nicht für den menschlichen Gebrauch bestimmt ist, verbunden werden, betont das Gericht. Damit soll bereits der abstrakten Gefahr begegnet werden, dass Krankheitserreger des Brauchwassers auf das Trinkwasser übertreten.
Bestehende Verbindung allein begründet Einzugreifbefugnis
Die bestehende Verbindung allein begründe die Befugnis, einzugreifen, ohne dass eine bereits eingetretene Vermischung von Trink- und Brauchwasser oder einer Infektion nachgewiesen werden müsse. Damit wird dem Urteil zufolge der besonderen Bedeutung des Trinkwassers als Grundlage menschlicher Ernährung und Hygiene Rechnung getragen. Angesichts der nur durch einen handelsüblichen Schieber unterbrochenen Verbindung beider Systeme liege hier ein Verstoß gegen die Bestimmungen der TrinkwV und auch der die Anforderungen konkretisierenden technischen Norm DIN 1988 Teil 400 vor, heißt es in dem Urteil.
Angaben zu ausschließlicher Brauchwasserversorgung „grob unglaubhaft“
„Grob unglaubhaft“ ist es für das Gericht, wenn der Kläger in der mündlichen Verhandlung mehr als eineinhalb Jahre nach dem Eingriff erstmals vorgetragen habe, die in dem dokumentierten Kellerraum befindliche Anlage habe insgesamt nicht der Trinkwasserversorgung, sondern ausschließlich der Brauchwasserversorgung für die Toilettenspülungen der Mieter gedient, und die eigentliche Trinkwasseranlage befinde sich in einem angrenzenden Kellerraum. Wenn dem so wäre, hätte der Landkreis Brauchwasser vom Brauchwasser getrennt. Dafür ist dem Gericht zufolge aber nicht ansatzweise etwas ersichtlich. Es erschließe sich auch nicht, weshalb zwei Brauchwasserzuleitungen in dasselbe Rohr münden sollten.
„Kläger will Eindruck vermitteln, die Anlage habe nichts mit Trinkwasser zu tun“
Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung behauptet, gegenüber den Mietern werde das Wasser für die Toilettenspülung separat abgerechnet, vermochte es aber nicht, hierzu nachvollziehbare Einzelheiten anzugeben. Eine solche – äußerst praxisferne – Vorgehensweise setze auch eine Preisbildung voraus, da das Wasser nicht aus dem öffentlichen Netz, sondern aus der eigenen Zisterne des Klägers käme, so das Gericht. Schließlich habe der Kläger geäußert, die Regenwasseranlage sei vor ca. 15 Jahren „zum Zwecke der Gartenbewässerung sowie der Reinigung von Gehwegen und Geräten“ angelegt worden. Dann hätte es hausinterner Zähler für die einzelnen Mieter nicht bedurft. „Es drängt sich der Eindruck auf, dass der Kläger nur mit unterschiedlichen Erklärungsansätzen den Eindruck zu vermitteln versucht, die Anlage habe mit der Trinkwasserversorgung nichts zu tun“, heißt es in dem Urteil.
Entscheidend ist Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr
Der Eingriff ohne vorausgehenden Verwaltungsakt war dem Urteil zufolge auch zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig, da angesichts der unsicheren Schiebertrennung, die schon durch ein leichtes Verstellen des Hebels aufzuheben und auch durch die bestehenden Druckverhältnisse nicht zwingend sichergestellt war, jederzeit mit einem Schadenseintritt zu rechnen gewesen sei. Darauf, dass die nachfolgenden Analysen keine bakteriologischen Beeinträchtigungen des Trinkwassers ergeben haben, komme es nicht an. Entscheidend sei nur das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr. Eine solche habe bestanden, da angesichts der bestehenden Schiebertrennung jederzeit mit einem Schadenseintritt gerechnet werden konnte, so das Gericht.