Mit ihrem Normenkontrollantrag wandten sich die Antragsteller als Grundstückseigentümer gegen die Satzung der Stadt zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen vom 1. Januar 2017. Die Eigentümer, deren Grundstücke in der Abrechnungseinheit „Alzey-West“ liegen, verlangen, dass die angegriffene Satzung für unwirksam erklärt wird, soweit die Regelungen diese Abrechnungseinheit betreffen, so das OVG zum Sachverhalt. Zur Begründung machen sie geltend, die Abrechnungseinheiten seien nicht nachvollziehbar abgegrenzt worden und die Gemeindeanteile deswegen zu niedrig.
In der ABS wurden sämtliche zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen der Abrechnungseinheiten „Alzey-West“, „Alzey-Ost“, „Industriegebiet“, „Weinheim“, „Heimersheim“, „Dautenheim“ und „Schafhausen“ als jeweils einheitliche öffentliche Einrichtung festgelegt. Die Stadtteile Weinheim, Heimersheim, Dautenheim und Schafhausen sind ebenso wie das Industriegebiet Ost von der Kernstadt Alzey durch Außenbereichsflächen getrennt. Die zweigleisige Eisenbahnstrecke, die in Nord-Süd-Richtung durch die Kernstadt führt, bildet die Grenze zwischen den Abrechnungseinheiten „Alzey-West“ und „Alzey-Ost“.
„Abrechnungseinheit wird von Fluss zerschnitten“
Die Grundstückseigentümer äußern Zweifel daran, ob die Eisenbahnstrecke mit einer Über- und zwei Unterführungen die Abrechnungseinheiten „Alzey-West“ und „Alzey-Ost“ tatsächlich trenne. Die Abrechnungseinheit „Alzey-West“ werde durch den Fluss Selz, der nur an einer Stelle überquert werden könne, zerschnitten. Die Grundstücke der Antragsteller würden durch weit entfernt liegende, reine Anliegerstraßen in der Abrechnungseinheit „Alzey-West“ nicht bevorteilt.
Bildung der Abrechnungseinheit „Alzey-West“ für unwirksam
Das OVG hat die Bildung der Abrechnungseinheit „Alzey-West“ für unwirksam erklärt. Die Bestimmung sämtlicher zum Anbau bestimmter Verkehrsanlagen der Abrechnungseinheit „Alzey-West“ als einheitliche öffentliche Einrichtung sei mit dem Kommunalabgabengesetz (KAG) in der gebotenen verfassungskonformen Auslegung nicht vereinbar, heißt es in dem Urteil. Nach § 10a Abs. 1 Sätze 1 und 2 KAG können die Gemeinden durch Satzung bestimmen, dass die jährlichen Investitionsaufwendungen für Verkehrsanlagen nach Abzug des Gemeindeanteils als wiederkehrender Beitrag auf die Grundstücke verteilt werden, die die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu einer Straße haben, die zu der aus sämtlichen zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des gesamten Gebiets oder einzelner, voneinander abgrenzbarer Gebietsteile der Gemeinde bestehenden einheitlichen öffentlichen Einrichtung gehört.
Fluss kann Zusammenhang einer Bebauung aufheben
Von einer zusammenhängenden Bebauung, die regelmäßig eine Aufteilung des Gemeindegebiets bzw. Stadtteils in mehrere einheitliche öffentliche Einrichtungen von Anbaustraßen entbehrlich macht, könne allerdings nicht gesprochen werden, wenn Außenbereichsflächen von nicht nur unbedeutendem Umfang zwischen den bebauten Gebieten liegen. Auch Bahnanlagen, Flüsse und größere Straßen, deren Querung mit Hindernissen verbunden ist, könnten eine Zäsur bilden, die den Zusammenhang einer Bebauung aufhebt.
Die Bestimmung sämtlicher zum Anbau bestimmter Verkehrsanlagen der Abrechnungseinheit „Alzey-West“ als einheitliche öffentliche Einrichtung von Anbaustraßen hält dem OVG zufolge einer Überprüfung nicht stand. Denn sie wird durch eine topografische Zäsur mit trennender Wirkung, nämlich den Flusslauf der Selz mit Uferbereichen von erheblicher Ausdehnung, in einen nördlichen und einen südlichen Bereich aufgeteilt, ohne dass diese Zäsur über die Straße in dem erforderlichen Maß ungehindert gequert werden könne, heißt es in dem Urteil.
"Auch wenn die Selz nicht breit ist, trennt sie doch die Grundstücke"
„Zwar mag die Selz kein besonders breites Fließgewässer sein“, schreibt das OVG. Zusammen mit den parallel zu ihr verlaufenden Geländestreifen auf beiden Uferseiten trenne sie jedoch die nördlich von ihr vorhandenen qualifiziert baulich genutzten Grundstücke von denjenigen im sich südlich anschließenden Bereich. Nach dem tatsächlichen Erscheinungsbild, wie es sich aus den Luftaufnahmen ergebe, werde diese trennende Wirkung durch die Kleingartenflächen in den Geländestreifen, die den Flusslauf begleitend, nicht aufgehoben, sondern bekräftigt. Die eine Überführung der Straße über die Selz reiche angesichts der beträchtlichen räumlichen Ausdehnung des Flusslaufs nicht aus, um die Möglichkeit ungehinderter Querung dieser topographischen Zäsur annehmen zu können, heißt es weiter. Denn die Selz fließe auf einer Länge von mehr als 400 Metern durch die Abrechnungseinheit „Alzey-West“ und weise breite Geländestreifen auf beiden Uferseiten auf.